Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

nambulismus findet, wurde bey Heineckens Kranken
öfters auf die Probe gestellt. Man verband die oh-
nehin schon fest verschlossenen Augen noch zum Ueber-
fluß mit einem Tuch, und dennoch erkannte sie die
stillschweigend in das Zimmer hereintretenden Personen
sogleich. Besonders wurde der Magnetiseur selber,
wenn er so unkenntlich als möglich hereinkam, und von
den Anwesenden mit einem fremden Nahmen begrüßt
ward, von ihr sogleich erkannt.

Ich will hier nicht einmal jener räthselhafteren
Versuche gedenken, die übrigens von einigen sehr glaub-
würdigen Aerzten aufgeführt werden, wozu jener ge-
hört, wo ein in die Gegend der Herzgrube gehaltner
Brief von der magnetisch Schlafenden gelesen wurde,
welcher Versuch auch neuerlich in der Nähe von Jena
von einigen verdienstvollen Männern wiederholt ist.
Ohnehin ist das allgemeiner bekannte Vermögen der
magnetisch Schlafenden, in das Innre ihres eignen
Körpers zu sehen, schon befremdend genug. Eine
vor wenigen Jahren in einer berühmten Universitäts-
stadt magnetisirte junge Bäuerin, die von der innern
Beschaffenheit ihres Körpers auch nicht den mindesten
Begriff hatte, beschrieb dem Magnetiseur alle innre
Theile der Brusthöhle und des Unterleibes auf eine
zwar bildliche, aber leicht verständliche Weise. Jene
oft erwähnte junge Somnambüle des Bremer Heine-
cken, versicherte, daß sie während des magnetischen
Schlafs, "wenn alle ihre Glieder, wie von Licht und
Wärme durchdrungen wären, das Blut in ihren Adern

Y 2

nambulismus findet, wurde bey Heineckens Kranken
oͤfters auf die Probe geſtellt. Man verband die oh-
nehin ſchon feſt verſchloſſenen Augen noch zum Ueber-
fluß mit einem Tuch, und dennoch erkannte ſie die
ſtillſchweigend in das Zimmer hereintretenden Perſonen
ſogleich. Beſonders wurde der Magnetiſeur ſelber,
wenn er ſo unkenntlich als moͤglich hereinkam, und von
den Anweſenden mit einem fremden Nahmen begruͤßt
ward, von ihr ſogleich erkannt.

Ich will hier nicht einmal jener raͤthſelhafteren
Verſuche gedenken, die uͤbrigens von einigen ſehr glaub-
wuͤrdigen Aerzten aufgefuͤhrt werden, wozu jener ge-
hoͤrt, wo ein in die Gegend der Herzgrube gehaltner
Brief von der magnetiſch Schlafenden geleſen wurde,
welcher Verſuch auch neuerlich in der Naͤhe von Jena
von einigen verdienſtvollen Maͤnnern wiederholt iſt.
Ohnehin iſt das allgemeiner bekannte Vermoͤgen der
magnetiſch Schlafenden, in das Innre ihres eignen
Koͤrpers zu ſehen, ſchon befremdend genug. Eine
vor wenigen Jahren in einer beruͤhmten Univerſitaͤts-
ſtadt magnetiſirte junge Baͤuerin, die von der innern
Beſchaffenheit ihres Koͤrpers auch nicht den mindeſten
Begriff hatte, beſchrieb dem Magnetiſeur alle innre
Theile der Bruſthoͤhle und des Unterleibes auf eine
zwar bildliche, aber leicht verſtaͤndliche Weiſe. Jene
oft erwaͤhnte junge Somnambuͤle des Bremer Heine-
cken, verſicherte, daß ſie waͤhrend des magnetiſchen
Schlafs, „wenn alle ihre Glieder, wie von Licht und
Waͤrme durchdrungen waͤren, das Blut in ihren Adern

Y 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0353" n="339"/>
nambulismus findet, wurde bey Heineckens Kranken<lb/>
o&#x0364;fters auf die Probe ge&#x017F;tellt. Man verband die oh-<lb/>
nehin &#x017F;chon fe&#x017F;t ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Augen noch zum Ueber-<lb/>
fluß mit einem Tuch, und dennoch erkannte &#x017F;ie die<lb/>
&#x017F;till&#x017F;chweigend in das Zimmer hereintretenden Per&#x017F;onen<lb/>
&#x017F;ogleich. Be&#x017F;onders wurde der Magneti&#x017F;eur &#x017F;elber,<lb/>
wenn er &#x017F;o unkenntlich als mo&#x0364;glich hereinkam, und von<lb/>
den Anwe&#x017F;enden mit einem fremden Nahmen begru&#x0364;ßt<lb/>
ward, von ihr &#x017F;ogleich erkannt.</p><lb/>
        <p>Ich will hier nicht einmal jener ra&#x0364;th&#x017F;elhafteren<lb/>
Ver&#x017F;uche gedenken, die u&#x0364;brigens von einigen &#x017F;ehr glaub-<lb/>
wu&#x0364;rdigen Aerzten aufgefu&#x0364;hrt werden, wozu jener ge-<lb/>
ho&#x0364;rt, wo ein in die Gegend der Herzgrube gehaltner<lb/>
Brief von der magneti&#x017F;ch Schlafenden gele&#x017F;en wurde,<lb/>
welcher Ver&#x017F;uch auch neuerlich in der Na&#x0364;he von Jena<lb/>
von einigen verdien&#x017F;tvollen Ma&#x0364;nnern wiederholt i&#x017F;t.<lb/>
Ohnehin i&#x017F;t das allgemeiner bekannte Vermo&#x0364;gen der<lb/>
magneti&#x017F;ch Schlafenden, in das Innre ihres eignen<lb/>
Ko&#x0364;rpers zu &#x017F;ehen, &#x017F;chon befremdend genug. Eine<lb/>
vor wenigen Jahren in einer beru&#x0364;hmten Univer&#x017F;ita&#x0364;ts-<lb/>
&#x017F;tadt magneti&#x017F;irte junge Ba&#x0364;uerin, die von der innern<lb/>
Be&#x017F;chaffenheit ihres Ko&#x0364;rpers auch nicht den minde&#x017F;ten<lb/>
Begriff hatte, be&#x017F;chrieb dem Magneti&#x017F;eur alle innre<lb/>
Theile der Bru&#x017F;tho&#x0364;hle und des Unterleibes auf eine<lb/>
zwar bildliche, aber leicht ver&#x017F;ta&#x0364;ndliche Wei&#x017F;e. Jene<lb/>
oft erwa&#x0364;hnte junge Somnambu&#x0364;le des Bremer Heine-<lb/>
cken, ver&#x017F;icherte, daß &#x017F;ie wa&#x0364;hrend des magneti&#x017F;chen<lb/>
Schlafs, &#x201E;wenn alle ihre Glieder, wie von Licht und<lb/>
Wa&#x0364;rme durchdrungen wa&#x0364;ren, das Blut in ihren Adern<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0353] nambulismus findet, wurde bey Heineckens Kranken oͤfters auf die Probe geſtellt. Man verband die oh- nehin ſchon feſt verſchloſſenen Augen noch zum Ueber- fluß mit einem Tuch, und dennoch erkannte ſie die ſtillſchweigend in das Zimmer hereintretenden Perſonen ſogleich. Beſonders wurde der Magnetiſeur ſelber, wenn er ſo unkenntlich als moͤglich hereinkam, und von den Anweſenden mit einem fremden Nahmen begruͤßt ward, von ihr ſogleich erkannt. Ich will hier nicht einmal jener raͤthſelhafteren Verſuche gedenken, die uͤbrigens von einigen ſehr glaub- wuͤrdigen Aerzten aufgefuͤhrt werden, wozu jener ge- hoͤrt, wo ein in die Gegend der Herzgrube gehaltner Brief von der magnetiſch Schlafenden geleſen wurde, welcher Verſuch auch neuerlich in der Naͤhe von Jena von einigen verdienſtvollen Maͤnnern wiederholt iſt. Ohnehin iſt das allgemeiner bekannte Vermoͤgen der magnetiſch Schlafenden, in das Innre ihres eignen Koͤrpers zu ſehen, ſchon befremdend genug. Eine vor wenigen Jahren in einer beruͤhmten Univerſitaͤts- ſtadt magnetiſirte junge Baͤuerin, die von der innern Beſchaffenheit ihres Koͤrpers auch nicht den mindeſten Begriff hatte, beſchrieb dem Magnetiſeur alle innre Theile der Bruſthoͤhle und des Unterleibes auf eine zwar bildliche, aber leicht verſtaͤndliche Weiſe. Jene oft erwaͤhnte junge Somnambuͤle des Bremer Heine- cken, verſicherte, daß ſie waͤhrend des magnetiſchen Schlafs, „wenn alle ihre Glieder, wie von Licht und Waͤrme durchdrungen waͤren, das Blut in ihren Adern Y 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/353
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/353>, abgerufen am 11.05.2024.