Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

an keine unterirdische Communication zu denken ist,
blos aus einer innigen Harmonie des Einzeinen mit
dem Ganzen zu erklären.

Es lassen uns in der Chemie jene oft beobachteten
Phänomene, welche dem der sogenannten Abstum-
pfung gleichen, auf Ein allgemeines Gesetz, auf Einen
Grund der Wechselwirkung, so wie viele andre That-
sachen auf Eine allen Irdischen gemeinschaftliche Grund-
form schließen, von welcher die Dinge bey ihrem Ent-
stehen ausgehen, und zu welcher sie bey dem Ueber-
gang in ein neues höheres Daseyn, zurückkehren. Je-
ne Grundform aber ist nichts anders als derjenige Zu-
stand des Einzelnen, wo dasselbe auf dem höchsten Gipfel
der Negativität, der Empfänglichkeit für höhere Ein-
flüsse, mit dem Ganzen wieder am innigsten ver-
eint ist.

Wem hat nicht in der schönen Zeit des Frühlings
der sogenannte Pflanzenschlaf, und das zarte Geheim-
niß der Blumenliebe, welches die weit getrennten Ge-
schlechter bald durch Insekten, bald durch andre noch
wunderbarer scheinende Mittel zu vereinen weiß, von
tiefen Sinn geschienen, oder wem wären jene Sym-
pathien des Pflanzenreichs, worunter die des schon
lange aufbewahrten Weins mit der Rebe von welcher
er genommen ist, in der Zeit ihrer Blüthe gehört, un-
bekannt? Nicht minder sind auch die Sympathien des
Thierreichs mit der äußern Natur, wo z. B. das Be-

an keine unterirdiſche Communication zu denken iſt,
blos aus einer innigen Harmonie des Einzeinen mit
dem Ganzen zu erklaͤren.

Es laſſen uns in der Chemie jene oft beobachteten
Phaͤnomene, welche dem der ſogenannten Abſtum-
pfung gleichen, auf Ein allgemeines Geſetz, auf Einen
Grund der Wechſelwirkung, ſo wie viele andre That-
ſachen auf Eine allen Irdiſchen gemeinſchaftliche Grund-
form ſchließen, von welcher die Dinge bey ihrem Ent-
ſtehen ausgehen, und zu welcher ſie bey dem Ueber-
gang in ein neues hoͤheres Daſeyn, zuruͤckkehren. Je-
ne Grundform aber iſt nichts anders als derjenige Zu-
ſtand des Einzelnen, wo daſſelbe auf dem hoͤchſten Gipfel
der Negativitaͤt, der Empfaͤnglichkeit fuͤr hoͤhere Ein-
fluͤſſe, mit dem Ganzen wieder am innigſten ver-
eint iſt.

Wem hat nicht in der ſchoͤnen Zeit des Fruͤhlings
der ſogenannte Pflanzenſchlaf, und das zarte Geheim-
niß der Blumenliebe, welches die weit getrennten Ge-
ſchlechter bald durch Inſekten, bald durch andre noch
wunderbarer ſcheinende Mittel zu vereinen weiß, von
tiefen Sinn geſchienen, oder wem waͤren jene Sym-
pathien des Pflanzenreichs, worunter die des ſchon
lange aufbewahrten Weins mit der Rebe von welcher
er genommen iſt, in der Zeit ihrer Bluͤthe gehoͤrt, un-
bekannt? Nicht minder ſind auch die Sympathien des
Thierreichs mit der aͤußern Natur, wo z. B. das Be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0035" n="21"/>
an keine unterirdi&#x017F;che Communication zu denken i&#x017F;t,<lb/>
blos aus einer innigen Harmonie des Einzeinen mit<lb/>
dem Ganzen zu erkla&#x0364;ren.</p><lb/>
        <p>Es la&#x017F;&#x017F;en uns in der Chemie jene oft beobachteten<lb/>
Pha&#x0364;nomene, welche dem der &#x017F;ogenannten Ab&#x017F;tum-<lb/>
pfung gleichen, auf Ein allgemeines Ge&#x017F;etz, auf Einen<lb/>
Grund der Wech&#x017F;elwirkung, &#x017F;o wie viele andre That-<lb/>
&#x017F;achen auf Eine allen Irdi&#x017F;chen gemein&#x017F;chaftliche Grund-<lb/>
form &#x017F;chließen, von welcher die Dinge bey ihrem Ent-<lb/>
&#x017F;tehen ausgehen, und zu welcher &#x017F;ie bey dem Ueber-<lb/>
gang in ein neues ho&#x0364;heres Da&#x017F;eyn, zuru&#x0364;ckkehren. Je-<lb/>
ne Grundform aber i&#x017F;t nichts anders als derjenige Zu-<lb/>
&#x017F;tand des Einzelnen, wo da&#x017F;&#x017F;elbe auf dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gipfel<lb/>
der Negativita&#x0364;t, der Empfa&#x0364;nglichkeit fu&#x0364;r ho&#x0364;here Ein-<lb/>
flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, mit dem Ganzen wieder am innig&#x017F;ten ver-<lb/>
eint i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Wem hat nicht in der &#x017F;cho&#x0364;nen Zeit des Fru&#x0364;hlings<lb/>
der &#x017F;ogenannte Pflanzen&#x017F;chlaf, und das zarte Geheim-<lb/>
niß der Blumenliebe, welches die weit getrennten Ge-<lb/>
&#x017F;chlechter bald durch In&#x017F;ekten, bald durch andre noch<lb/>
wunderbarer &#x017F;cheinende Mittel zu vereinen weiß, von<lb/>
tiefen Sinn ge&#x017F;chienen, oder wem wa&#x0364;ren jene Sym-<lb/>
pathien des Pflanzenreichs, worunter die des &#x017F;chon<lb/>
lange aufbewahrten Weins mit der Rebe von welcher<lb/>
er genommen i&#x017F;t, in der Zeit ihrer Blu&#x0364;the geho&#x0364;rt, un-<lb/>
bekannt? Nicht minder &#x017F;ind auch die Sympathien des<lb/>
Thierreichs mit der a&#x0364;ußern Natur, wo z. B. das Be-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0035] an keine unterirdiſche Communication zu denken iſt, blos aus einer innigen Harmonie des Einzeinen mit dem Ganzen zu erklaͤren. Es laſſen uns in der Chemie jene oft beobachteten Phaͤnomene, welche dem der ſogenannten Abſtum- pfung gleichen, auf Ein allgemeines Geſetz, auf Einen Grund der Wechſelwirkung, ſo wie viele andre That- ſachen auf Eine allen Irdiſchen gemeinſchaftliche Grund- form ſchließen, von welcher die Dinge bey ihrem Ent- ſtehen ausgehen, und zu welcher ſie bey dem Ueber- gang in ein neues hoͤheres Daſeyn, zuruͤckkehren. Je- ne Grundform aber iſt nichts anders als derjenige Zu- ſtand des Einzelnen, wo daſſelbe auf dem hoͤchſten Gipfel der Negativitaͤt, der Empfaͤnglichkeit fuͤr hoͤhere Ein- fluͤſſe, mit dem Ganzen wieder am innigſten ver- eint iſt. Wem hat nicht in der ſchoͤnen Zeit des Fruͤhlings der ſogenannte Pflanzenſchlaf, und das zarte Geheim- niß der Blumenliebe, welches die weit getrennten Ge- ſchlechter bald durch Inſekten, bald durch andre noch wunderbarer ſcheinende Mittel zu vereinen weiß, von tiefen Sinn geſchienen, oder wem waͤren jene Sym- pathien des Pflanzenreichs, worunter die des ſchon lange aufbewahrten Weins mit der Rebe von welcher er genommen iſt, in der Zeit ihrer Bluͤthe gehoͤrt, un- bekannt? Nicht minder ſind auch die Sympathien des Thierreichs mit der aͤußern Natur, wo z. B. das Be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/35
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/35>, abgerufen am 23.11.2024.