Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Dieses sind die für die Gesundheit ungemein wohl-
thätigen Wirkungen des organischen Magnetismus, die
ihn zu einem der wirksamsten Heilmittel gemacht haben.
Doch sollen uns diese medicinischen Wirkungen hier zu-
nächst nicht beschäftigen, und wir gedachten ihrer blos
so fern sie dienen können, um über das Wesen und die
Ursache der Haupterscheinungen Aufschlüsse zu geben;
vielmehr wenden wir uns zu jenen tiefer gehenden Wir-
kungen des thierischen Magnetismus, durch welche Ei-
genschaften unserer Natur erweckt werden, welche sonst
nie oder nur undeutlich hervortreten.

Der Somnambulismus kündigt sich sogleich als
eine mit dem gewöhnlichen Daseyn nicht unmittelbar zu-
sammenhängende Erscheinung an. Denn obgleich die
Somnambülen mit der größten Lebendigkeit und Klar-
heit auf alle ihnen vorgelegte Fragen antworten, und
in jeder Hinsicht witziger sinn - und geistreicher er-
scheinen als jemals im Wachen, so daß selbst Naturen
von sehr mittelmäßigem Umfang, in diesem Zustand,
fast über die Gränzen der gewöhnlichen menschlichen
Kräfte hinaustreten, bleibt doch von diesem allen bey
dem Erwachen noch weniger zurück, als von dunklen
Träumen.

Und doch ist es so vielmehr als ein gewöhnlicher
Traum, daß man nicht in Versuchung geräth, es da-
mit zu vergleichen. Die erste Kranke des Heinecken
antwortete immer, wenn sie gefragt wurde, ob ihr
jetziger Zustand einem Traum gliche, daß derselbe da-

Dieſes ſind die fuͤr die Geſundheit ungemein wohl-
thaͤtigen Wirkungen des organiſchen Magnetismus, die
ihn zu einem der wirkſamſten Heilmittel gemacht haben.
Doch ſollen uns dieſe mediciniſchen Wirkungen hier zu-
naͤchſt nicht beſchaͤftigen, und wir gedachten ihrer blos
ſo fern ſie dienen koͤnnen, um uͤber das Weſen und die
Urſache der Haupterſcheinungen Aufſchluͤſſe zu geben;
vielmehr wenden wir uns zu jenen tiefer gehenden Wir-
kungen des thieriſchen Magnetismus, durch welche Ei-
genſchaften unſerer Natur erweckt werden, welche ſonſt
nie oder nur undeutlich hervortreten.

Der Somnambulismus kuͤndigt ſich ſogleich als
eine mit dem gewoͤhnlichen Daſeyn nicht unmittelbar zu-
ſammenhaͤngende Erſcheinung an. Denn obgleich die
Somnambuͤlen mit der groͤßten Lebendigkeit und Klar-
heit auf alle ihnen vorgelegte Fragen antworten, und
in jeder Hinſicht witziger ſinn - und geiſtreicher er-
ſcheinen als jemals im Wachen, ſo daß ſelbſt Naturen
von ſehr mittelmaͤßigem Umfang, in dieſem Zuſtand,
faſt uͤber die Graͤnzen der gewoͤhnlichen menſchlichen
Kraͤfte hinaustreten, bleibt doch von dieſem allen bey
dem Erwachen noch weniger zuruͤck, als von dunklen
Traͤumen.

Und doch iſt es ſo vielmehr als ein gewoͤhnlicher
Traum, daß man nicht in Verſuchung geraͤth, es da-
mit zu vergleichen. Die erſte Kranke des Heinecken
antwortete immer, wenn ſie gefragt wurde, ob ihr
jetziger Zuſtand einem Traum gliche, daß derſelbe da-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0348" n="334"/>
        <p>Die&#x017F;es &#x017F;ind die fu&#x0364;r die Ge&#x017F;undheit ungemein wohl-<lb/>
tha&#x0364;tigen Wirkungen des organi&#x017F;chen Magnetismus, die<lb/>
ihn zu einem der wirk&#x017F;am&#x017F;ten Heilmittel gemacht haben.<lb/>
Doch &#x017F;ollen uns die&#x017F;e medicini&#x017F;chen Wirkungen hier zu-<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;t nicht be&#x017F;cha&#x0364;ftigen, und wir gedachten ihrer blos<lb/>
&#x017F;o fern &#x017F;ie dienen ko&#x0364;nnen, um u&#x0364;ber das We&#x017F;en und die<lb/>
Ur&#x017F;ache der Haupter&#x017F;cheinungen Auf&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zu geben;<lb/>
vielmehr wenden wir uns zu jenen tiefer gehenden Wir-<lb/>
kungen des thieri&#x017F;chen Magnetismus, durch welche Ei-<lb/>
gen&#x017F;chaften un&#x017F;erer Natur erweckt werden, welche &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
nie oder nur undeutlich hervortreten.</p><lb/>
        <p>Der Somnambulismus ku&#x0364;ndigt &#x017F;ich &#x017F;ogleich als<lb/>
eine mit dem gewo&#x0364;hnlichen Da&#x017F;eyn nicht unmittelbar zu-<lb/>
&#x017F;ammenha&#x0364;ngende Er&#x017F;cheinung an. Denn obgleich die<lb/>
Somnambu&#x0364;len mit der gro&#x0364;ßten Lebendigkeit und Klar-<lb/>
heit auf alle ihnen vorgelegte Fragen antworten, und<lb/>
in jeder Hin&#x017F;icht witziger &#x017F;inn - und gei&#x017F;treicher er-<lb/>
&#x017F;cheinen als jemals im Wachen, &#x017F;o daß &#x017F;elb&#x017F;t Naturen<lb/>
von &#x017F;ehr mittelma&#x0364;ßigem Umfang, in die&#x017F;em Zu&#x017F;tand,<lb/>
fa&#x017F;t u&#x0364;ber die Gra&#x0364;nzen der gewo&#x0364;hnlichen men&#x017F;chlichen<lb/>
Kra&#x0364;fte hinaustreten, bleibt doch von die&#x017F;em allen bey<lb/>
dem Erwachen noch weniger zuru&#x0364;ck, als von dunklen<lb/>
Tra&#x0364;umen.</p><lb/>
        <p>Und doch i&#x017F;t es &#x017F;o vielmehr als ein gewo&#x0364;hnlicher<lb/>
Traum, daß man nicht in Ver&#x017F;uchung gera&#x0364;th, es da-<lb/>
mit zu vergleichen. Die er&#x017F;te Kranke des Heinecken<lb/>
antwortete immer, wenn &#x017F;ie gefragt wurde, ob ihr<lb/>
jetziger Zu&#x017F;tand einem Traum gliche, daß der&#x017F;elbe da-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[334/0348] Dieſes ſind die fuͤr die Geſundheit ungemein wohl- thaͤtigen Wirkungen des organiſchen Magnetismus, die ihn zu einem der wirkſamſten Heilmittel gemacht haben. Doch ſollen uns dieſe mediciniſchen Wirkungen hier zu- naͤchſt nicht beſchaͤftigen, und wir gedachten ihrer blos ſo fern ſie dienen koͤnnen, um uͤber das Weſen und die Urſache der Haupterſcheinungen Aufſchluͤſſe zu geben; vielmehr wenden wir uns zu jenen tiefer gehenden Wir- kungen des thieriſchen Magnetismus, durch welche Ei- genſchaften unſerer Natur erweckt werden, welche ſonſt nie oder nur undeutlich hervortreten. Der Somnambulismus kuͤndigt ſich ſogleich als eine mit dem gewoͤhnlichen Daſeyn nicht unmittelbar zu- ſammenhaͤngende Erſcheinung an. Denn obgleich die Somnambuͤlen mit der groͤßten Lebendigkeit und Klar- heit auf alle ihnen vorgelegte Fragen antworten, und in jeder Hinſicht witziger ſinn - und geiſtreicher er- ſcheinen als jemals im Wachen, ſo daß ſelbſt Naturen von ſehr mittelmaͤßigem Umfang, in dieſem Zuſtand, faſt uͤber die Graͤnzen der gewoͤhnlichen menſchlichen Kraͤfte hinaustreten, bleibt doch von dieſem allen bey dem Erwachen noch weniger zuruͤck, als von dunklen Traͤumen. Und doch iſt es ſo vielmehr als ein gewoͤhnlicher Traum, daß man nicht in Verſuchung geraͤth, es da- mit zu vergleichen. Die erſte Kranke des Heinecken antwortete immer, wenn ſie gefragt wurde, ob ihr jetziger Zuſtand einem Traum gliche, daß derſelbe da-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/348
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/348>, abgerufen am 10.05.2024.