Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

nun aber auch die Erde (gleichsam ohne jene höhere
Beyhülfe, die ihr bey der Schöpfung des Menschen
nöthig war, durch ihre eignen Kräfte) die einmal so weit
gerathene Schöpfung immer weiter (einseitig) fortzu-
führen. Doch das an dem Gipfel der ersten Reihe
vorübergegangene Ideal war über die Natur des Pla-
neten erhaben. Es gelingen nur Affen statt der Ge-
stalt des Menschen, und auch von diesen muß der in-
nere noch in seiner Einseitigkeit beharrende Bildungs-
trieb immer tiefer herab sinken.

Die Geschlechter der Meerthiere von den Verwand-
ten des Seehundes scheinen ein ähnlicher Abweg von
den Formen der Cetaceen aus, wenn sie nicht ganz in
die zweyte Reihe gehören. Ueberhaupt scheinen die
häufigen Verwandtschaften, und vielleicht selbst Ueber-
gänge die sich bey vielen Geschlechtern der ersten Reihe
in solche der zweyten (besonders in den niedern Klassen)
finden, häufig durch eine solche Verirrung entstanden.
Vielleicht daß so angesehen einige Glieder noch in die
erste Reihe (als Ausartungen) herüber gehören, die
wir hernach in die zweyte aufnehmen werden. Solche
Uebergänge machen vornehmlich die Rattenartigen und
Nagethiere und sie finden sich am häufigsten gleich beym
Beginnen der Säugethiere, in der Nähe der Klasse der
Vögel, mithin in den zweydeutigen Fledermausge-
schlechtern, und ihren ungeflügelten Verwandten.

So scheint denn, wie oben erwähnt, das Stre-
ben der bildenden Natur, welches die erste Reihe in

nun aber auch die Erde (gleichſam ohne jene hoͤhere
Beyhuͤlfe, die ihr bey der Schoͤpfung des Menſchen
noͤthig war, durch ihre eignen Kraͤfte) die einmal ſo weit
gerathene Schoͤpfung immer weiter (einſeitig) fortzu-
fuͤhren. Doch das an dem Gipfel der erſten Reihe
voruͤbergegangene Ideal war uͤber die Natur des Pla-
neten erhaben. Es gelingen nur Affen ſtatt der Ge-
ſtalt des Menſchen, und auch von dieſen muß der in-
nere noch in ſeiner Einſeitigkeit beharrende Bildungs-
trieb immer tiefer herab ſinken.

Die Geſchlechter der Meerthiere von den Verwand-
ten des Seehundes ſcheinen ein aͤhnlicher Abweg von
den Formen der Cetaceen aus, wenn ſie nicht ganz in
die zweyte Reihe gehoͤren. Ueberhaupt ſcheinen die
haͤufigen Verwandtſchaften, und vielleicht ſelbſt Ueber-
gaͤnge die ſich bey vielen Geſchlechtern der erſten Reihe
in ſolche der zweyten (beſonders in den niedern Klaſſen)
finden, haͤufig durch eine ſolche Verirrung entſtanden.
Vielleicht daß ſo angeſehen einige Glieder noch in die
erſte Reihe (als Ausartungen) heruͤber gehoͤren, die
wir hernach in die zweyte aufnehmen werden. Solche
Uebergaͤnge machen vornehmlich die Rattenartigen und
Nagethiere und ſie finden ſich am haͤufigſten gleich beym
Beginnen der Saͤugethiere, in der Naͤhe der Klaſſe der
Voͤgel, mithin in den zweydeutigen Fledermausge-
ſchlechtern, und ihren ungefluͤgelten Verwandten.

So ſcheint denn, wie oben erwaͤhnt, das Stre-
ben der bildenden Natur, welches die erſte Reihe in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0300" n="286"/>
nun aber auch die Erde (gleich&#x017F;am ohne jene ho&#x0364;here<lb/>
Beyhu&#x0364;lfe, die ihr bey der Scho&#x0364;pfung des Men&#x017F;chen<lb/>
no&#x0364;thig war, durch ihre eignen Kra&#x0364;fte) die einmal &#x017F;o weit<lb/>
gerathene Scho&#x0364;pfung immer weiter (ein&#x017F;eitig) fortzu-<lb/>
fu&#x0364;hren. Doch das an dem Gipfel der er&#x017F;ten Reihe<lb/>
voru&#x0364;bergegangene Ideal war u&#x0364;ber die Natur des Pla-<lb/>
neten erhaben. Es gelingen nur Affen &#x017F;tatt der Ge-<lb/>
&#x017F;talt des Men&#x017F;chen, und auch von die&#x017F;en muß der in-<lb/>
nere noch in &#x017F;einer Ein&#x017F;eitigkeit beharrende Bildungs-<lb/>
trieb immer tiefer herab &#x017F;inken.</p><lb/>
        <p>Die Ge&#x017F;chlechter der Meerthiere von den Verwand-<lb/>
ten des Seehundes &#x017F;cheinen ein a&#x0364;hnlicher Abweg von<lb/>
den Formen der Cetaceen aus, wenn &#x017F;ie nicht ganz in<lb/>
die zweyte Reihe geho&#x0364;ren. Ueberhaupt &#x017F;cheinen die<lb/>
ha&#x0364;ufigen Verwandt&#x017F;chaften, und vielleicht &#x017F;elb&#x017F;t Ueber-<lb/>
ga&#x0364;nge die &#x017F;ich bey vielen Ge&#x017F;chlechtern der er&#x017F;ten Reihe<lb/>
in &#x017F;olche der zweyten (be&#x017F;onders in den niedern Kla&#x017F;&#x017F;en)<lb/>
finden, ha&#x0364;ufig durch eine &#x017F;olche Verirrung ent&#x017F;tanden.<lb/>
Vielleicht daß &#x017F;o ange&#x017F;ehen einige Glieder noch in die<lb/>
er&#x017F;te Reihe (als Ausartungen) heru&#x0364;ber geho&#x0364;ren, die<lb/>
wir hernach in die zweyte aufnehmen werden. Solche<lb/>
Ueberga&#x0364;nge machen vornehmlich die Rattenartigen und<lb/>
Nagethiere und &#x017F;ie finden &#x017F;ich am ha&#x0364;ufig&#x017F;ten gleich beym<lb/>
Beginnen der Sa&#x0364;ugethiere, in der Na&#x0364;he der Kla&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
Vo&#x0364;gel, mithin in den zweydeutigen Fledermausge-<lb/>
&#x017F;chlechtern, und ihren ungeflu&#x0364;gelten Verwandten.</p><lb/>
        <p>So &#x017F;cheint denn, wie oben erwa&#x0364;hnt, das Stre-<lb/>
ben der bildenden Natur, welches die er&#x017F;te Reihe in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0300] nun aber auch die Erde (gleichſam ohne jene hoͤhere Beyhuͤlfe, die ihr bey der Schoͤpfung des Menſchen noͤthig war, durch ihre eignen Kraͤfte) die einmal ſo weit gerathene Schoͤpfung immer weiter (einſeitig) fortzu- fuͤhren. Doch das an dem Gipfel der erſten Reihe voruͤbergegangene Ideal war uͤber die Natur des Pla- neten erhaben. Es gelingen nur Affen ſtatt der Ge- ſtalt des Menſchen, und auch von dieſen muß der in- nere noch in ſeiner Einſeitigkeit beharrende Bildungs- trieb immer tiefer herab ſinken. Die Geſchlechter der Meerthiere von den Verwand- ten des Seehundes ſcheinen ein aͤhnlicher Abweg von den Formen der Cetaceen aus, wenn ſie nicht ganz in die zweyte Reihe gehoͤren. Ueberhaupt ſcheinen die haͤufigen Verwandtſchaften, und vielleicht ſelbſt Ueber- gaͤnge die ſich bey vielen Geſchlechtern der erſten Reihe in ſolche der zweyten (beſonders in den niedern Klaſſen) finden, haͤufig durch eine ſolche Verirrung entſtanden. Vielleicht daß ſo angeſehen einige Glieder noch in die erſte Reihe (als Ausartungen) heruͤber gehoͤren, die wir hernach in die zweyte aufnehmen werden. Solche Uebergaͤnge machen vornehmlich die Rattenartigen und Nagethiere und ſie finden ſich am haͤufigſten gleich beym Beginnen der Saͤugethiere, in der Naͤhe der Klaſſe der Voͤgel, mithin in den zweydeutigen Fledermausge- ſchlechtern, und ihren ungefluͤgelten Verwandten. So ſcheint denn, wie oben erwaͤhnt, das Stre- ben der bildenden Natur, welches die erſte Reihe in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/300
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/300>, abgerufen am 11.05.2024.