angränzen. Und zwar scheint aus Verschiednen die benachbarte Gränze des Thierreichs hier durch die Welt der Insekten und zum Theil der Würmer gebildet zu werden. Einige haben die Insekten loßgerissene, gleich- sam nun erst vom Boden frey und selbstständig beweg- lich gewordne Theile der Blumen genannt, und man hat noch neuerlich die Meynung vertheidigt, als ent- stünden zuweilen die Insekten auch außer dem gewöhn- lichen Wege durch eine zufällige Hervorbringung, aus den krankenden Pflanzentheilen unmittelbar. Als Be- weis hat man einige ausländische Insekten angeführt, welche mit dem Anbau der Pflanzen, die sie zu bewoh- nen pflegen, und die man durch Saamen aus fernen Welttheilen zu uns brachte, zugleich bey uns er- schienen.
Es haben fast alle vollkommneren Pflanzen ihre besondern Insekten, die sich im Raupenzustande von ihnen nähren, und als geflügelte Psyche ihre Blüthen besuchen. Unvollkommnere Pflanzen ernähren und hegen nur selten Insekten oder Würmer, doch fand Sprengel, außerdem daß die Schwämme unzähligen Würmchen zur Wohnung dienen, sogar in den männ- lichen Blüthentrieben eines kleinen Mooses, der Barbu- la unguicularis, gegen den Herbst eine Menge kleiner Würmchen, die den aalartigen Vibrionen des Essigs und Mehlkleisters glichen. Der Nutzen oder vielmehr die Bedeutung dieser kleinen Würmchen in dem Daseyn je- ner Pflanze, ist noch unbekannt. Wahrscheinlich abor
angraͤnzen. Und zwar ſcheint aus Verſchiednen die benachbarte Graͤnze des Thierreichs hier durch die Welt der Inſekten und zum Theil der Wuͤrmer gebildet zu werden. Einige haben die Inſekten loßgeriſſene, gleich- ſam nun erſt vom Boden frey und ſelbſtſtaͤndig beweg- lich gewordne Theile der Blumen genannt, und man hat noch neuerlich die Meynung vertheidigt, als ent- ſtuͤnden zuweilen die Inſekten auch außer dem gewoͤhn- lichen Wege durch eine zufaͤllige Hervorbringung, aus den krankenden Pflanzentheilen unmittelbar. Als Be- weis hat man einige auslaͤndiſche Inſekten angefuͤhrt, welche mit dem Anbau der Pflanzen, die ſie zu bewoh- nen pflegen, und die man durch Saamen aus fernen Welttheilen zu uns brachte, zugleich bey uns er- ſchienen.
Es haben faſt alle vollkommneren Pflanzen ihre beſondern Inſekten, die ſich im Raupenzuſtande von ihnen naͤhren, und als gefluͤgelte Pſyche ihre Bluͤthen beſuchen. Unvollkommnere Pflanzen ernaͤhren und hegen nur ſelten Inſekten oder Wuͤrmer, doch fand Sprengel, außerdem daß die Schwaͤmme unzaͤhligen Wuͤrmchen zur Wohnung dienen, ſogar in den maͤnn- lichen Bluͤthentrieben eines kleinen Mooſes, der Barbu- la unguicularis, gegen den Herbſt eine Menge kleiner Wuͤrmchen, die den aalartigen Vibrionen des Eſſigs und Mehlkleiſters glichen. Der Nutzen oder vielmehr die Bedeutung dieſer kleinen Wuͤrmchen in dem Daſeyn je- ner Pflanze, iſt noch unbekannt. Wahrſcheinlich abor
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angraͤnzen. Und zwar ſcheint aus Verſchiednen die
benachbarte Graͤnze des Thierreichs hier durch die Welt
der Inſekten und zum Theil der Wuͤrmer gebildet zu
werden. Einige haben die Inſekten loßgeriſſene, gleich-
ſam nun erſt vom Boden frey und ſelbſtſtaͤndig beweg-
lich gewordne Theile der Blumen genannt, und man
hat noch neuerlich die Meynung vertheidigt, als ent-
ſtuͤnden zuweilen die Inſekten auch außer dem gewoͤhn-
lichen Wege durch eine zufaͤllige Hervorbringung, aus
den krankenden Pflanzentheilen unmittelbar. Als Be-
weis hat man einige auslaͤndiſche Inſekten angefuͤhrt,
welche mit dem Anbau der Pflanzen, die ſie zu bewoh-
nen pflegen, und die man durch Saamen aus fernen
Welttheilen zu uns brachte, zugleich bey uns er-
ſchienen.
Es haben faſt alle vollkommneren Pflanzen ihre
beſondern Inſekten, die ſich im Raupenzuſtande von
ihnen naͤhren, und als gefluͤgelte Pſyche ihre Bluͤthen
beſuchen. Unvollkommnere Pflanzen ernaͤhren und
hegen nur ſelten Inſekten oder Wuͤrmer, doch fand
Sprengel, außerdem daß die Schwaͤmme unzaͤhligen
Wuͤrmchen zur Wohnung dienen, ſogar in den maͤnn-
lichen Bluͤthentrieben eines kleinen Mooſes, der Barbu-
la unguicularis, gegen den Herbſt eine Menge kleiner
Wuͤrmchen, die den aalartigen Vibrionen des Eſſigs und
Mehlkleiſters glichen. Der Nutzen oder vielmehr die
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ner Pflanze, iſt noch unbekannt. Wahrſcheinlich abor
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/265>, abgerufen am 25.11.2024.
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