Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

ren Stiel, der von dem Boden bis zur Oberfläche des
Wassers heraufreicht, besitzt, hat zu gleicher Zeit, öf-
ters in großer Entfernung von jenen, ihre röthlichen
Blumen entfaltet. Zu diesen schwimmen die losgeris-
senen männlichen Blüthen, von einer innern Sympa-
thie getrieben, hinan, und auf diese sonderbare Weise
geschieht hier die Befruchtung.

Es pflegen alle ausgepreßten Pflanzensäfte, de-
nen die Möglichkeit einer Gährung nicht ganz genom-
men ist, zu jener Zeit, wenn die Pflanzen von denen
sie herkommen, blühen, eine neue Gährung zu erlei-
den, und viele können nur bis zu dieser Zeit aufbe-
wahrt werden.

Eben in der Zeit, wenn die Blüthen, von denen
sie sich zu nähren pflegen, sich eröffnen, sieht man
auch die verschiedenen Arten der Insekten aus ihren
Gräbern hervorgehen. Die schöne Sympathie der
Nachtigall und der Rose, ist von den Persern in unzäh-
ligen Liedern besungen, wie in dem blühenden Hayn
der kleine Sänger von der Liebe zur schönen Blume er-
griffen, die ferne Kluft, welche die Natur zwischen
der Blüthe und dem Thiere befestiget, beklagt. Die
Sympathie zwischen den verschiedenen Pflanzen ist be-
kannt genug. Einige nützliche Pflanzenarten haben
irgend ein bestimmtes Unkraut bey sich, welches ge-
wöhnlich in keinen andern Pflanzungen gedeiht. Vie-
le Rankengewächse werden zwar vermischt, bald um

ren Stiel, der von dem Boden bis zur Oberflaͤche des
Waſſers heraufreicht, beſitzt, hat zu gleicher Zeit, oͤf-
ters in großer Entfernung von jenen, ihre roͤthlichen
Blumen entfaltet. Zu dieſen ſchwimmen die losgeriſ-
ſenen maͤnnlichen Bluͤthen, von einer innern Sympa-
thie getrieben, hinan, und auf dieſe ſonderbare Weiſe
geſchieht hier die Befruchtung.

Es pflegen alle ausgepreßten Pflanzenſaͤfte, de-
nen die Moͤglichkeit einer Gaͤhrung nicht ganz genom-
men iſt, zu jener Zeit, wenn die Pflanzen von denen
ſie herkommen, bluͤhen, eine neue Gaͤhrung zu erlei-
den, und viele koͤnnen nur bis zu dieſer Zeit aufbe-
wahrt werden.

Eben in der Zeit, wenn die Bluͤthen, von denen
ſie ſich zu naͤhren pflegen, ſich eroͤffnen, ſieht man
auch die verſchiedenen Arten der Inſekten aus ihren
Graͤbern hervorgehen. Die ſchoͤne Sympathie der
Nachtigall und der Roſe, iſt von den Perſern in unzaͤh-
ligen Liedern beſungen, wie in dem bluͤhenden Hayn
der kleine Saͤnger von der Liebe zur ſchoͤnen Blume er-
griffen, die ferne Kluft, welche die Natur zwiſchen
der Bluͤthe und dem Thiere befeſtiget, beklagt. Die
Sympathie zwiſchen den verſchiedenen Pflanzen iſt be-
kannt genug. Einige nuͤtzliche Pflanzenarten haben
irgend ein beſtimmtes Unkraut bey ſich, welches ge-
woͤhnlich in keinen andern Pflanzungen gedeiht. Vie-
le Rankengewaͤchſe werden zwar vermiſcht, bald um

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0251" n="237"/>
ren Stiel, der von dem Boden bis zur Oberfla&#x0364;che des<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;ers heraufreicht, be&#x017F;itzt, hat zu gleicher Zeit, o&#x0364;f-<lb/>
ters in großer Entfernung von jenen, ihre ro&#x0364;thlichen<lb/>
Blumen entfaltet. Zu die&#x017F;en &#x017F;chwimmen die losgeri&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enen ma&#x0364;nnlichen Blu&#x0364;then, von einer innern Sympa-<lb/>
thie getrieben, hinan, und auf die&#x017F;e &#x017F;onderbare Wei&#x017F;e<lb/>
ge&#x017F;chieht hier die Befruchtung.</p><lb/>
        <p>Es pflegen alle ausgepreßten Pflanzen&#x017F;a&#x0364;fte, de-<lb/>
nen die Mo&#x0364;glichkeit einer Ga&#x0364;hrung nicht ganz genom-<lb/>
men i&#x017F;t, zu jener Zeit, wenn die Pflanzen von denen<lb/>
&#x017F;ie herkommen, blu&#x0364;hen, eine neue Ga&#x0364;hrung zu erlei-<lb/>
den, und viele ko&#x0364;nnen nur bis zu die&#x017F;er Zeit aufbe-<lb/>
wahrt werden.</p><lb/>
        <p>Eben in der Zeit, wenn die Blu&#x0364;then, von denen<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich zu na&#x0364;hren pflegen, &#x017F;ich ero&#x0364;ffnen, &#x017F;ieht man<lb/>
auch die ver&#x017F;chiedenen Arten der In&#x017F;ekten aus ihren<lb/>
Gra&#x0364;bern hervorgehen. Die &#x017F;cho&#x0364;ne Sympathie der<lb/>
Nachtigall und der Ro&#x017F;e, i&#x017F;t von den Per&#x017F;ern in unza&#x0364;h-<lb/>
ligen Liedern be&#x017F;ungen, wie in dem blu&#x0364;henden Hayn<lb/>
der kleine Sa&#x0364;nger von der Liebe zur &#x017F;cho&#x0364;nen Blume er-<lb/>
griffen, die ferne Kluft, welche die Natur zwi&#x017F;chen<lb/>
der Blu&#x0364;the und dem Thiere befe&#x017F;tiget, beklagt. Die<lb/>
Sympathie zwi&#x017F;chen den ver&#x017F;chiedenen Pflanzen i&#x017F;t be-<lb/>
kannt genug. Einige nu&#x0364;tzliche Pflanzenarten haben<lb/>
irgend ein be&#x017F;timmtes Unkraut bey &#x017F;ich, welches ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich in keinen andern Pflanzungen gedeiht. Vie-<lb/>
le Rankengewa&#x0364;ch&#x017F;e werden zwar vermi&#x017F;cht, bald um<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0251] ren Stiel, der von dem Boden bis zur Oberflaͤche des Waſſers heraufreicht, beſitzt, hat zu gleicher Zeit, oͤf- ters in großer Entfernung von jenen, ihre roͤthlichen Blumen entfaltet. Zu dieſen ſchwimmen die losgeriſ- ſenen maͤnnlichen Bluͤthen, von einer innern Sympa- thie getrieben, hinan, und auf dieſe ſonderbare Weiſe geſchieht hier die Befruchtung. Es pflegen alle ausgepreßten Pflanzenſaͤfte, de- nen die Moͤglichkeit einer Gaͤhrung nicht ganz genom- men iſt, zu jener Zeit, wenn die Pflanzen von denen ſie herkommen, bluͤhen, eine neue Gaͤhrung zu erlei- den, und viele koͤnnen nur bis zu dieſer Zeit aufbe- wahrt werden. Eben in der Zeit, wenn die Bluͤthen, von denen ſie ſich zu naͤhren pflegen, ſich eroͤffnen, ſieht man auch die verſchiedenen Arten der Inſekten aus ihren Graͤbern hervorgehen. Die ſchoͤne Sympathie der Nachtigall und der Roſe, iſt von den Perſern in unzaͤh- ligen Liedern beſungen, wie in dem bluͤhenden Hayn der kleine Saͤnger von der Liebe zur ſchoͤnen Blume er- griffen, die ferne Kluft, welche die Natur zwiſchen der Bluͤthe und dem Thiere befeſtiget, beklagt. Die Sympathie zwiſchen den verſchiedenen Pflanzen iſt be- kannt genug. Einige nuͤtzliche Pflanzenarten haben irgend ein beſtimmtes Unkraut bey ſich, welches ge- woͤhnlich in keinen andern Pflanzungen gedeiht. Vie- le Rankengewaͤchſe werden zwar vermiſcht, bald um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/251
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/251>, abgerufen am 11.05.2024.