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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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findende Verändrung der Tages- und Jahreszeiten, zu-
gleich aber auch wie aus einigen scheint, selbst die der
größern Weltperioden, wie sie sich einzelnen Erdstri-
chen darstellen, spricht sich in den Bildungen des Pflan-
zenreichs aus. So wird in der ganzen Pflanzenwelt
überall derselbe höhere Einfluß der Sonne, in allen
seinen verschiedenen Gestalten, in allen seinen Modifi-
cationen durch Raum und Zeit ausgesprochen.

Bekanntlich haben viele Blumen die Eigenschaft,
ihre Kronen zu gewissen Stunden des Tages zu schlies-
sen und zu öffnen. Die Stunden des Erwachens und
des Wiedereinschlummerns (was sich damit ausspricht)
sind bey verschiednen verschieden, einige öffnen sich
schon gegen Sonnenaufgang und schließen sich spät,
andre öffnen sich nur den Strahlen der heißesten Mit-
tagsstunden, noch andre schließen sich dann schon wie-
der. Man hat hieraus eine Blumenuhr zusammenge-
setzt, wo aus dem allmäligen Erwachen und Wieder-
einschlummern der einzelnen Blumen auf die verschied-
nen Tageszeiten geschlossen wird. So hat auch jeder
Monat, ja in Jahren von beständiger Witterung bey
uns, stets aber zwischen den Wendekreißen, jede Woche
ihre besondern Kräuter, welche dann in der Blüthe ste-
hen, und man würde in jenen Gegenden einen einfa-
chen und untrüglichen Blumenkalender bilden können.
Wir sehen in vorzüglich feuchten oder heißen Jahren
gewisse Gegenden voller Kräuter, von denen in andern
Jahren keine Spur da war. Man hat dieses be-

findende Veraͤndrung der Tages- und Jahreszeiten, zu-
gleich aber auch wie aus einigen ſcheint, ſelbſt die der
groͤßern Weltperioden, wie ſie ſich einzelnen Erdſtri-
chen darſtellen, ſpricht ſich in den Bildungen des Pflan-
zenreichs aus. So wird in der ganzen Pflanzenwelt
uͤberall derſelbe hoͤhere Einfluß der Sonne, in allen
ſeinen verſchiedenen Geſtalten, in allen ſeinen Modifi-
cationen durch Raum und Zeit ausgeſprochen.

Bekanntlich haben viele Blumen die Eigenſchaft,
ihre Kronen zu gewiſſen Stunden des Tages zu ſchlieſ-
ſen und zu oͤffnen. Die Stunden des Erwachens und
des Wiedereinſchlummerns (was ſich damit ausſpricht)
ſind bey verſchiednen verſchieden, einige oͤffnen ſich
ſchon gegen Sonnenaufgang und ſchließen ſich ſpaͤt,
andre oͤffnen ſich nur den Strahlen der heißeſten Mit-
tagsſtunden, noch andre ſchließen ſich dann ſchon wie-
der. Man hat hieraus eine Blumenuhr zuſammenge-
ſetzt, wo aus dem allmaͤligen Erwachen und Wieder-
einſchlummern der einzelnen Blumen auf die verſchied-
nen Tageszeiten geſchloſſen wird. So hat auch jeder
Monat, ja in Jahren von beſtaͤndiger Witterung bey
uns, ſtets aber zwiſchen den Wendekreißen, jede Woche
ihre beſondern Kraͤuter, welche dann in der Bluͤthe ſte-
hen, und man wuͤrde in jenen Gegenden einen einfa-
chen und untruͤglichen Blumenkalender bilden koͤnnen.
Wir ſehen in vorzuͤglich feuchten oder heißen Jahren
gewiſſe Gegenden voller Kraͤuter, von denen in andern
Jahren keine Spur da war. Man hat dieſes be-

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[232/0246] findende Veraͤndrung der Tages- und Jahreszeiten, zu- gleich aber auch wie aus einigen ſcheint, ſelbſt die der groͤßern Weltperioden, wie ſie ſich einzelnen Erdſtri- chen darſtellen, ſpricht ſich in den Bildungen des Pflan- zenreichs aus. So wird in der ganzen Pflanzenwelt uͤberall derſelbe hoͤhere Einfluß der Sonne, in allen ſeinen verſchiedenen Geſtalten, in allen ſeinen Modifi- cationen durch Raum und Zeit ausgeſprochen. Bekanntlich haben viele Blumen die Eigenſchaft, ihre Kronen zu gewiſſen Stunden des Tages zu ſchlieſ- ſen und zu oͤffnen. Die Stunden des Erwachens und des Wiedereinſchlummerns (was ſich damit ausſpricht) ſind bey verſchiednen verſchieden, einige oͤffnen ſich ſchon gegen Sonnenaufgang und ſchließen ſich ſpaͤt, andre oͤffnen ſich nur den Strahlen der heißeſten Mit- tagsſtunden, noch andre ſchließen ſich dann ſchon wie- der. Man hat hieraus eine Blumenuhr zuſammenge- ſetzt, wo aus dem allmaͤligen Erwachen und Wieder- einſchlummern der einzelnen Blumen auf die verſchied- nen Tageszeiten geſchloſſen wird. So hat auch jeder Monat, ja in Jahren von beſtaͤndiger Witterung bey uns, ſtets aber zwiſchen den Wendekreißen, jede Woche ihre beſondern Kraͤuter, welche dann in der Bluͤthe ſte- hen, und man wuͤrde in jenen Gegenden einen einfa- chen und untruͤglichen Blumenkalender bilden koͤnnen. Wir ſehen in vorzuͤglich feuchten oder heißen Jahren gewiſſe Gegenden voller Kraͤuter, von denen in andern Jahren keine Spur da war. Man hat dieſes be-

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/246>, abgerufen am 28.04.2024.