Andre Beyspiele von lange unverwesten Leichnamen, welche an der Luft sehr schnell zerstört wurden, kann man in meiner Geschichte der Verwesung lesen. Es muß daher selbst diese leichtere Verwesbarkeit der menschlichen Körper, diese, wenn in den Niederschlä- gen der Fluthen- welche ihr Grab fanden, viel selt- ner gemacht haben, als die der Thiere, und wir dür- fen es aus einigen wenigen negativen Beobachtungen nicht geradezu läugnen, daß zu jener Zeit Menschen vorhanden waren. Um so mehr da sich viele von jenen Thieren, welche wie es scheint, dem Menschen in der Reihe der Wesen am nächsten stehen, in den Gebirgen und Sandlagern jener Perioden finden. So ist der Elephant, wie aus den vielen Ueberresten dieses Thier- geschlechts erhellet, in jenen Zeiten ungemein häufig verbreitet gewesen. Mit ihm zugleich findet fich das Nashorn und der indische Büffel, der Tapir und das Flußpferd, Antilopen und andre vierfüssige Thiere der Wendekreiße unter den jüngern Gebirgsschichten der nördlichen Welt begraben. Einige von den Thierar- ten, welche mit diesen als Versteinerung gefunden wer- den, sind nun untergegangen. So jenes merkwürdi- ge Thier von Cuvier beschrieben, das in einigen Zü- gen, besonders in dem Bau und Verhältnis seiner Zähne, welches bekanntlich in der Charakteristik der Thiere von höchster Wichtigkeit und Bedeutung ist, eine so nahe Aehnlichkeit mit dem Menschen hat, wie kein andres jetzt lebendes Thier, selbst die Affen nicht. So sind auch jene merkwürdigen Thierarten unterge-
Andre Beyſpiele von lange unverweſten Leichnamen, welche an der Luft ſehr ſchnell zerſtoͤrt wurden, kann man in meiner Geſchichte der Verweſung leſen. Es muß daher ſelbſt dieſe leichtere Verwesbarkeit der menſchlichen Koͤrper, dieſe, wenn in den Niederſchlaͤ- gen der Fluthen- welche ihr Grab fanden, viel ſelt- ner gemacht haben, als die der Thiere, und wir duͤr- fen es aus einigen wenigen negativen Beobachtungen nicht geradezu laͤugnen, daß zu jener Zeit Menſchen vorhanden waren. Um ſo mehr da ſich viele von jenen Thieren, welche wie es ſcheint, dem Menſchen in der Reihe der Weſen am naͤchſten ſtehen, in den Gebirgen und Sandlagern jener Perioden finden. So iſt der Elephant, wie aus den vielen Ueberreſten dieſes Thier- geſchlechts erhellet, in jenen Zeiten ungemein haͤufig verbreitet geweſen. Mit ihm zugleich findet fich das Nashorn und der indiſche Buͤffel, der Tapir und das Flußpferd, Antilopen und andre vierfuͤſſige Thiere der Wendekreiße unter den juͤngern Gebirgsſchichten der noͤrdlichen Welt begraben. Einige von den Thierar- ten, welche mit dieſen als Verſteinerung gefunden wer- den, ſind nun untergegangen. So jenes merkwuͤrdi- ge Thier von Cuvier beſchrieben, das in einigen Zuͤ- gen, beſonders in dem Bau und Verhaͤltnis ſeiner Zaͤhne, welches bekanntlich in der Charakteriſtik der Thiere von hoͤchſter Wichtigkeit und Bedeutung iſt, eine ſo nahe Aehnlichkeit mit dem Menſchen hat, wie kein andres jetzt lebendes Thier, ſelbſt die Affen nicht. So ſind auch jene merkwuͤrdigen Thierarten unterge-
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Andre Beyſpiele von lange unverweſten Leichnamen,
welche an der Luft ſehr ſchnell zerſtoͤrt wurden, kann
man in meiner Geſchichte der Verweſung leſen. Es
muß daher ſelbſt dieſe leichtere Verwesbarkeit der
menſchlichen Koͤrper, dieſe, wenn in den Niederſchlaͤ-
gen der Fluthen- welche ihr Grab fanden, viel ſelt-
ner gemacht haben, als die der Thiere, und wir duͤr-
fen es aus einigen wenigen negativen Beobachtungen
nicht geradezu laͤugnen, daß zu jener Zeit Menſchen
vorhanden waren. Um ſo mehr da ſich viele von jenen
Thieren, welche wie es ſcheint, dem Menſchen in der
Reihe der Weſen am naͤchſten ſtehen, in den Gebirgen
und Sandlagern jener Perioden finden. So iſt der
Elephant, wie aus den vielen Ueberreſten dieſes Thier-
geſchlechts erhellet, in jenen Zeiten ungemein haͤufig
verbreitet geweſen. Mit ihm zugleich findet fich das
Nashorn und der indiſche Buͤffel, der Tapir und das
Flußpferd, Antilopen und andre vierfuͤſſige Thiere der
Wendekreiße unter den juͤngern Gebirgsſchichten der
noͤrdlichen Welt begraben. Einige von den Thierar-
ten, welche mit dieſen als Verſteinerung gefunden wer-
den, ſind nun untergegangen. So jenes merkwuͤrdi-
ge Thier von Cuvier beſchrieben, das in einigen Zuͤ-
gen, beſonders in dem Bau und Verhaͤltnis ſeiner
Zaͤhne, welches bekanntlich in der Charakteriſtik der
Thiere von hoͤchſter Wichtigkeit und Bedeutung iſt,
eine ſo nahe Aehnlichkeit mit dem Menſchen hat, wie
kein andres jetzt lebendes Thier, ſelbſt die Affen nicht.
So ſind auch jene merkwuͤrdigen Thierarten unterge-
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/231>, abgerufen am 24.11.2024.
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