Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Klippen des Porphyrschiefers hoch über den runden
Gebirgshäuptern und den Schneehauben der südamerika-
nischen Alpen empor. Die Porphyrschieferklippen
(welche auch einen Theil des böhmischen Mittelgebir-
ges bilden) zeigen sich so wie der Basalt, öfters in
Säulen zerspalten. Aus dieser Gebirgsart, wenn es
nicht Sandstein ist, wie die Adersbacher Felsengrup-
pen, scheinen jene abentheuerlichen Gebirge im nordwest-
lichen China zu bestehen, welche an Gestalt in andern
Weltgegenden nichts Gleiches haben sollen. Wir ken-
nen sie vorzüglich aus Neumanns Reise. Die Gesetze
der allgemeinen Schwere und der Gebirgsbildung,
gleichsam im abentheuerlichen Spiel verletzend, sehen
wir diese Berge, an deren unzugänglichen Wänden die
Aloe mit purpurnen Blüthen herabhängt, bald nach
der Spitze zu fast breiter als gegen den Fuß hin, bald
krumm überhängend, jeden Augenblick Einsturz dro-
hend, und diese abentheuerlichen Thurmartigen Felsen-
massen durch die sich der große Strom oft mühsam hin-
durchdrängt, scheinen den Chinesen zuerst ein Vorbild
jener sonderbaren Gestalten gegeben zu haben, welche
sie durch mühsame Bearbeitung einigen ihrer Berge zu
geben pflegen.

Fast ganz charakterlos, nur zu kleinen Hügeln,
deren kleinliches Emporstreben gleich im Entstehen wie-
der platt niedergedrückt scheint, zeigen sich die letzten
Bildungen der Fluthen, die der aufgeschwemmten
Zeit.


Klippen des Porphyrſchiefers hoch uͤber den runden
Gebirgshaͤuptern und den Schneehauben der ſuͤdamerika-
niſchen Alpen empor. Die Porphyrſchieferklippen
(welche auch einen Theil des boͤhmiſchen Mittelgebir-
ges bilden) zeigen ſich ſo wie der Baſalt, oͤfters in
Saͤulen zerſpalten. Aus dieſer Gebirgsart, wenn es
nicht Sandſtein iſt, wie die Adersbacher Felſengrup-
pen, ſcheinen jene abentheuerlichen Gebirge im nordweſt-
lichen China zu beſtehen, welche an Geſtalt in andern
Weltgegenden nichts Gleiches haben ſollen. Wir ken-
nen ſie vorzuͤglich aus Neumanns Reiſe. Die Geſetze
der allgemeinen Schwere und der Gebirgsbildung,
gleichſam im abentheuerlichen Spiel verletzend, ſehen
wir dieſe Berge, an deren unzugaͤnglichen Waͤnden die
Aloe mit purpurnen Bluͤthen herabhaͤngt, bald nach
der Spitze zu faſt breiter als gegen den Fuß hin, bald
krumm uͤberhaͤngend, jeden Augenblick Einſturz dro-
hend, und dieſe abentheuerlichen Thurmartigen Felſen-
maſſen durch die ſich der große Strom oft muͤhſam hin-
durchdraͤngt, ſcheinen den Chineſen zuerſt ein Vorbild
jener ſonderbaren Geſtalten gegeben zu haben, welche
ſie durch muͤhſame Bearbeitung einigen ihrer Berge zu
geben pflegen.

Faſt ganz charakterlos, nur zu kleinen Huͤgeln,
deren kleinliches Emporſtreben gleich im Entſtehen wie-
der platt niedergedruͤckt ſcheint, zeigen ſich die letzten
Bildungen der Fluthen, die der aufgeſchwemmten
Zeit.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0212" n="198"/>
Klippen des Porphyr&#x017F;chiefers hoch u&#x0364;ber den runden<lb/>
Gebirgsha&#x0364;uptern und den Schneehauben der &#x017F;u&#x0364;damerika-<lb/>
ni&#x017F;chen Alpen empor. Die Porphyr&#x017F;chieferklippen<lb/>
(welche auch einen Theil des bo&#x0364;hmi&#x017F;chen Mittelgebir-<lb/>
ges bilden) zeigen &#x017F;ich &#x017F;o wie der Ba&#x017F;alt, o&#x0364;fters in<lb/>
Sa&#x0364;ulen zer&#x017F;palten. Aus die&#x017F;er Gebirgsart, wenn es<lb/>
nicht Sand&#x017F;tein i&#x017F;t, wie die Adersbacher Fel&#x017F;engrup-<lb/>
pen, &#x017F;cheinen jene abentheuerlichen Gebirge im nordwe&#x017F;t-<lb/>
lichen China zu be&#x017F;tehen, welche an Ge&#x017F;talt in andern<lb/>
Weltgegenden nichts Gleiches haben &#x017F;ollen. Wir ken-<lb/>
nen &#x017F;ie vorzu&#x0364;glich aus Neumanns Rei&#x017F;e. Die Ge&#x017F;etze<lb/>
der allgemeinen Schwere und der Gebirgsbildung,<lb/>
gleich&#x017F;am im abentheuerlichen Spiel verletzend, &#x017F;ehen<lb/>
wir die&#x017F;e Berge, an deren unzuga&#x0364;nglichen Wa&#x0364;nden die<lb/>
Aloe mit purpurnen Blu&#x0364;then herabha&#x0364;ngt, bald nach<lb/>
der Spitze zu fa&#x017F;t breiter als gegen den Fuß hin, bald<lb/>
krumm u&#x0364;berha&#x0364;ngend, jeden Augenblick Ein&#x017F;turz dro-<lb/>
hend, und die&#x017F;e abentheuerlichen Thurmartigen Fel&#x017F;en-<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;en durch die &#x017F;ich der große Strom oft mu&#x0364;h&#x017F;am hin-<lb/>
durchdra&#x0364;ngt, &#x017F;cheinen den Chine&#x017F;en zuer&#x017F;t ein Vorbild<lb/>
jener &#x017F;onderbaren Ge&#x017F;talten gegeben zu haben, welche<lb/>
&#x017F;ie durch mu&#x0364;h&#x017F;ame Bearbeitung einigen ihrer Berge zu<lb/>
geben pflegen.</p><lb/>
        <p>Fa&#x017F;t ganz charakterlos, nur zu kleinen Hu&#x0364;geln,<lb/>
deren kleinliches Empor&#x017F;treben gleich im Ent&#x017F;tehen wie-<lb/>
der platt niedergedru&#x0364;ckt &#x017F;cheint, zeigen &#x017F;ich die letzten<lb/>
Bildungen der Fluthen, die der aufge&#x017F;chwemmten<lb/>
Zeit.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0212] Klippen des Porphyrſchiefers hoch uͤber den runden Gebirgshaͤuptern und den Schneehauben der ſuͤdamerika- niſchen Alpen empor. Die Porphyrſchieferklippen (welche auch einen Theil des boͤhmiſchen Mittelgebir- ges bilden) zeigen ſich ſo wie der Baſalt, oͤfters in Saͤulen zerſpalten. Aus dieſer Gebirgsart, wenn es nicht Sandſtein iſt, wie die Adersbacher Felſengrup- pen, ſcheinen jene abentheuerlichen Gebirge im nordweſt- lichen China zu beſtehen, welche an Geſtalt in andern Weltgegenden nichts Gleiches haben ſollen. Wir ken- nen ſie vorzuͤglich aus Neumanns Reiſe. Die Geſetze der allgemeinen Schwere und der Gebirgsbildung, gleichſam im abentheuerlichen Spiel verletzend, ſehen wir dieſe Berge, an deren unzugaͤnglichen Waͤnden die Aloe mit purpurnen Bluͤthen herabhaͤngt, bald nach der Spitze zu faſt breiter als gegen den Fuß hin, bald krumm uͤberhaͤngend, jeden Augenblick Einſturz dro- hend, und dieſe abentheuerlichen Thurmartigen Felſen- maſſen durch die ſich der große Strom oft muͤhſam hin- durchdraͤngt, ſcheinen den Chineſen zuerſt ein Vorbild jener ſonderbaren Geſtalten gegeben zu haben, welche ſie durch muͤhſame Bearbeitung einigen ihrer Berge zu geben pflegen. Faſt ganz charakterlos, nur zu kleinen Huͤgeln, deren kleinliches Emporſtreben gleich im Entſtehen wie- der platt niedergedruͤckt ſcheint, zeigen ſich die letzten Bildungen der Fluthen, die der aufgeſchwemmten Zeit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/212
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/212>, abgerufen am 28.04.2024.