Das älteste Verhältniß des Menschen zu der Na- tur, die lebendige Harmonie des Einzelnen mit dem Ganzen, der Zusammenhang eines jetzigen Daseyns mit einem zukünftigen höheren, und wie sich der Keim des neuen zukünftigen Lebens in der Mitte des jetzigen allmälig entfalte, werden demnach die Hauptgegen- stände dieser meiner Arbeit seyn. Damit ich meine Zu- hörer so weit als möglich in den Stand setzen möge, gleich Anfangs über den Gang dieser Untersuchungen zu urtheilen, will ich jezt den Innhalt derselben wie in einem Gemählde der Seele vorüber führen, damit zugleich der Sinn des Ganzen, welcher aus dem Gesammtein- druck von der Phantasie leicht ergriffen wird, hernach auch in den einzelnen Theilen leichter verstanden wer- de. Und zwar werde ich hierbey vorzüglich jene Züge hervorheben, aus welchen der Zweck des Ganzen am leichtesten erkannt wird, und mich deshalb bey dem Innhalt einiger der nächsten Vorlesungen, welche von dem ältesten und ursprünglichen Verhältniß des Men- schen zur Natur (von seinem Naturzustand) handeln werden, am längsten verweilen.
Wir werden zuerst, über den Ursprung unsres Geschlechts, über das älteste Verhältniß desselben zur Natur, die heilige Sage der ältesten Völker befragen. Einstimmig werden uns Alle, Egypter und Indier, Chinesen und Mexicaner, ja Isländer und Schweden, die Kunde einer hohen, untergegangenen Naturweisheit, und einer frühen Blüthenzeit der Cultur unsres Ge-
A 2
Das aͤlteſte Verhaͤltniß des Menſchen zu der Na- tur, die lebendige Harmonie des Einzelnen mit dem Ganzen, der Zuſammenhang eines jetzigen Daſeyns mit einem zukuͤnftigen hoͤheren, und wie ſich der Keim des neuen zukuͤnftigen Lebens in der Mitte des jetzigen allmaͤlig entfalte, werden demnach die Hauptgegen- ſtaͤnde dieſer meiner Arbeit ſeyn. Damit ich meine Zu- hoͤrer ſo weit als moͤglich in den Stand ſetzen moͤge, gleich Anfangs uͤber den Gang dieſer Unterſuchungen zu urtheilen, will ich jezt den Innhalt derſelben wie in einem Gemaͤhlde der Seele voruͤber fuͤhren, damit zugleich der Sinn des Ganzen, welcher aus dem Geſammtein- druck von der Phantaſie leicht ergriffen wird, hernach auch in den einzelnen Theilen leichter verſtanden wer- de. Und zwar werde ich hierbey vorzuͤglich jene Zuͤge hervorheben, aus welchen der Zweck des Ganzen am leichteſten erkannt wird, und mich deshalb bey dem Innhalt einiger der naͤchſten Vorleſungen, welche von dem aͤlteſten und urſpruͤnglichen Verhaͤltniß des Men- ſchen zur Natur (von ſeinem Naturzuſtand) handeln werden, am laͤngſten verweilen.
Wir werden zuerſt, uͤber den Urſprung unſres Geſchlechts, uͤber das aͤlteſte Verhaͤltniß deſſelben zur Natur, die heilige Sage der aͤlteſten Voͤlker befragen. Einſtimmig werden uns Alle, Egypter und Indier, Chineſen und Mexicaner, ja Islaͤnder und Schweden, die Kunde einer hohen, untergegangenen Naturweisheit, und einer fruͤhen Bluͤthenzeit der Cultur unſres Ge-
A 2
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0017"n="3"/><p>Das aͤlteſte Verhaͤltniß des Menſchen zu der Na-<lb/>
tur, die lebendige Harmonie des Einzelnen mit dem<lb/>
Ganzen, der Zuſammenhang eines jetzigen Daſeyns<lb/>
mit einem zukuͤnftigen hoͤheren, und wie ſich der Keim<lb/>
des neuen zukuͤnftigen Lebens in der Mitte des jetzigen<lb/>
allmaͤlig entfalte, werden demnach die Hauptgegen-<lb/>ſtaͤnde dieſer meiner Arbeit ſeyn. Damit ich meine Zu-<lb/>
hoͤrer ſo weit als moͤglich in den Stand ſetzen moͤge,<lb/>
gleich Anfangs uͤber den Gang dieſer Unterſuchungen zu<lb/>
urtheilen, will ich jezt den Innhalt derſelben wie in einem<lb/>
Gemaͤhlde der Seele voruͤber fuͤhren, damit zugleich<lb/>
der Sinn des Ganzen, welcher aus dem Geſammtein-<lb/>
druck von der Phantaſie leicht ergriffen wird, hernach<lb/>
auch in den einzelnen Theilen leichter verſtanden wer-<lb/>
de. Und zwar werde ich hierbey vorzuͤglich jene Zuͤge<lb/>
hervorheben, aus welchen der Zweck des Ganzen am<lb/>
leichteſten erkannt wird, und mich deshalb bey dem<lb/>
Innhalt einiger der naͤchſten Vorleſungen, welche von<lb/>
dem aͤlteſten und urſpruͤnglichen Verhaͤltniß des Men-<lb/>ſchen zur Natur (von ſeinem Naturzuſtand) handeln<lb/>
werden, am laͤngſten verweilen.</p><lb/><p>Wir werden zuerſt, uͤber den Urſprung unſres<lb/>
Geſchlechts, uͤber das aͤlteſte Verhaͤltniß deſſelben zur<lb/>
Natur, die heilige Sage der aͤlteſten Voͤlker befragen.<lb/>
Einſtimmig werden uns Alle, Egypter und Indier,<lb/>
Chineſen und Mexicaner, ja Islaͤnder und Schweden,<lb/>
die Kunde einer hohen, untergegangenen Naturweisheit,<lb/>
und einer fruͤhen Bluͤthenzeit der Cultur unſres Ge-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A 2</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[3/0017]
Das aͤlteſte Verhaͤltniß des Menſchen zu der Na-
tur, die lebendige Harmonie des Einzelnen mit dem
Ganzen, der Zuſammenhang eines jetzigen Daſeyns
mit einem zukuͤnftigen hoͤheren, und wie ſich der Keim
des neuen zukuͤnftigen Lebens in der Mitte des jetzigen
allmaͤlig entfalte, werden demnach die Hauptgegen-
ſtaͤnde dieſer meiner Arbeit ſeyn. Damit ich meine Zu-
hoͤrer ſo weit als moͤglich in den Stand ſetzen moͤge,
gleich Anfangs uͤber den Gang dieſer Unterſuchungen zu
urtheilen, will ich jezt den Innhalt derſelben wie in einem
Gemaͤhlde der Seele voruͤber fuͤhren, damit zugleich
der Sinn des Ganzen, welcher aus dem Geſammtein-
druck von der Phantaſie leicht ergriffen wird, hernach
auch in den einzelnen Theilen leichter verſtanden wer-
de. Und zwar werde ich hierbey vorzuͤglich jene Zuͤge
hervorheben, aus welchen der Zweck des Ganzen am
leichteſten erkannt wird, und mich deshalb bey dem
Innhalt einiger der naͤchſten Vorleſungen, welche von
dem aͤlteſten und urſpruͤnglichen Verhaͤltniß des Men-
ſchen zur Natur (von ſeinem Naturzuſtand) handeln
werden, am laͤngſten verweilen.
Wir werden zuerſt, uͤber den Urſprung unſres
Geſchlechts, uͤber das aͤlteſte Verhaͤltniß deſſelben zur
Natur, die heilige Sage der aͤlteſten Voͤlker befragen.
Einſtimmig werden uns Alle, Egypter und Indier,
Chineſen und Mexicaner, ja Islaͤnder und Schweden,
die Kunde einer hohen, untergegangenen Naturweisheit,
und einer fruͤhen Bluͤthenzeit der Cultur unſres Ge-
A 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/17>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.