rische Evidenz bezeichnen. Die Reinheit der Methode wird jedenfalls erheischen, dass wir dieselben unvermengt lassen, ja dass wir eine von ihnen -- bei der Algebra die erste -- bevorzugen und sie allein alle wesentlichen Schlüsse beherrschen lassen.
Die erste, die "analytische" Evidenz ist zu erzielen durch den streng deduktiven "Beweis" der Formeln oder Sätze unsrer Theorie aus ihrer in § 3 gegebnen formalen Grundlage. Es wird von jeder Formel gezeigt, dass sie in jenen Konventionen bereits als eine Konsequenz derselben enthalten und durch sie denknotwendig mitgegeben ist. Und zwar ist solcher Nachweis rechnerisch zu führen, indem man bei jedem Schritte sich bewusst wird, nach welchem Schema des Aussagenkalkuls derselbe vor sich geht, das ist also: durch welche Gesetze der allgemeinen Logik dieser Schritt legitimirt wird. Für die Natur dieser Evidenz und die Art und Weise ihrer Erlangung werden die folgenden Vor- lesungen reichlichste Illustration liefern. Man könnte unzweideutig sie auch als die "Koeffizienten-Evidenz" kennzeichnen, weil in den funda- mentalen Konventionen die Erzeugnisse der 6 Spezies je als ein Re- lativ doch nur erklärt erscheinen vermittelst Definition seines allge- meinen Koeffizienten -- weshalb bei allen Beweisen unmittelbar oder mittelbar auf diese Koeffizienten muss zurückgegangen werden.
Diese analytische Evidenz also werden wir in der Theorie aus- schliesslich gelten lassen, und ein Satz der Algebra der Relative darf nicht als sichergestellt anerkannt werden, solange er nicht auf diesem Wege "erwiesen" ist.
Man kann nun aber zweitens auch die Beziehungen und Knüpfungen zwischen Relativen -- ingestalt etwa einer Vergleichung durch men- tales Superponiren, zum-Schnitt-Bringen, Zusammenfügen und Tren- nen ihrer Raumbilder sowie eventuell mittelst gesetzmässigen Ver- flechtens der Augenreihen ihrer Matrizes -- mit der "geometrischen" Anschauung bewerkstelligen resp. verfolgen und begleiten.
So sieht man z. B. im Hinblick auf die Figuren 4 bis 7 augenblick- lich, dass 1' · 0' = 0 und 1' + 0' = 1 ist, die beiden relativen Moduln also disjunkt sind und einander zum ganzen Denkbereiche 12 ergänzen, dass sie m. a. W. Negate von einander sind.
Oder -- um noch durch ein andres Beispiel die "geometrische Evi- denz" zu illustriren -- so wird es -- nachdem bereits erkannt ist, dass das Relativ "a ; 1" aus einem Relativ a immer erhalten wird, indem man des letzteren überhaupt mit (einem oder mehrern) Augen besetzte Zeilen in lauter vollbesetzte oder Vollzeilen verwandelt -- geometrisch unmittel- bar einleuchten, dass: (a = 0) = (a ; 1 = 0) und (a 0) = (a ; 1 0)
rische Evidenz bezeichnen. Die Reinheit der Methode wird jedenfalls erheischen, dass wir dieselben unvermengt lassen, ja dass wir eine von ihnen — bei der Algebra die erste — bevorzugen und sie allein alle wesentlichen Schlüsse beherrschen lassen.
Die erste, die „analytische“ Evidenz ist zu erzielen durch den streng deduktiven „Beweis“ der Formeln oder Sätze unsrer Theorie aus ihrer in § 3 gegebnen formalen Grundlage. Es wird von jeder Formel gezeigt, dass sie in jenen Konventionen bereits als eine Konsequenz derselben enthalten und durch sie denknotwendig mitgegeben ist. Und zwar ist solcher Nachweis rechnerisch zu führen, indem man bei jedem Schritte sich bewusst wird, nach welchem Schema des Aussagenkalkuls derselbe vor sich geht, das ist also: durch welche Gesetze der allgemeinen Logik dieser Schritt legitimirt wird. Für die Natur dieser Evidenz und die Art und Weise ihrer Erlangung werden die folgenden Vor- lesungen reichlichste Illustration liefern. Man könnte unzweideutig sie auch als die „Koeffizienten-Evidenz“ kennzeichnen, weil in den funda- mentalen Konventionen die Erzeugnisse der 6 Spezies je als ein Re- lativ doch nur erklärt erscheinen vermittelst Definition seines allge- meinen Koeffizienten — weshalb bei allen Beweisen unmittelbar oder mittelbar auf diese Koeffizienten muss zurückgegangen werden.
Diese analytische Evidenz also werden wir in der Theorie aus- schliesslich gelten lassen, und ein Satz der Algebra der Relative darf nicht als sichergestellt anerkannt werden, solange er nicht auf diesem Wege „erwiesen“ ist.
Man kann nun aber zweitens auch die Beziehungen und Knüpfungen zwischen Relativen — ingestalt etwa einer Vergleichung durch men- tales Superponiren, zum-Schnitt-Bringen, Zusammenfügen und Tren- nen ihrer Raumbilder sowie eventuell mittelst gesetzmässigen Ver- flechtens der Augenreihen ihrer Matrizes — mit der „geometrischen“ Anschauung bewerkstelligen resp. verfolgen und begleiten.
So sieht man z. B. im Hinblick auf die Figuren 4 bis 7 augenblick- lich, dass 1' · 0' = 0 und 1' + 0' = 1 ist, die beiden relativen Moduln also disjunkt sind und einander zum ganzen Denkbereiche 12 ergänzen, dass sie m. a. W. Negate von einander sind.
Oder — um noch durch ein andres Beispiel die „geometrische Evi- denz“ zu illustriren — so wird es — nachdem bereits erkannt ist, dass das Relativ „a ; 1“ aus einem Relativ a immer erhalten wird, indem man des letzteren überhaupt mit (einem oder mehrern) Augen besetzte Zeilen in lauter vollbesetzte oder Vollzeilen verwandelt — geometrisch unmittel- bar einleuchten, dass: (a = 0) = (a ; 1 = 0) und (a ≠ 0) = (a ; 1 ≠ 0)
Schröder, Algebra der Relative. 5
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[65/0079]
§ 4. Dreifache, analytisch-geometrisch-rhetorische Evidenz.
rische Evidenz bezeichnen. Die Reinheit der Methode wird jedenfalls
erheischen, dass wir dieselben unvermengt lassen, ja dass wir eine von
ihnen — bei der Algebra die erste — bevorzugen und sie allein alle
wesentlichen Schlüsse beherrschen lassen.
Die erste, die „analytische“ Evidenz ist zu erzielen durch den streng
deduktiven „Beweis“ der Formeln oder Sätze unsrer Theorie aus ihrer
in § 3 gegebnen formalen Grundlage. Es wird von jeder Formel gezeigt,
dass sie in jenen Konventionen bereits als eine Konsequenz derselben
enthalten und durch sie denknotwendig mitgegeben ist. Und zwar ist
solcher Nachweis rechnerisch zu führen, indem man bei jedem Schritte
sich bewusst wird, nach welchem Schema des Aussagenkalkuls derselbe
vor sich geht, das ist also: durch welche Gesetze der allgemeinen
Logik dieser Schritt legitimirt wird. Für die Natur dieser Evidenz
und die Art und Weise ihrer Erlangung werden die folgenden Vor-
lesungen reichlichste Illustration liefern. Man könnte unzweideutig sie
auch als die „Koeffizienten-Evidenz“ kennzeichnen, weil in den funda-
mentalen Konventionen die Erzeugnisse der 6 Spezies je als ein Re-
lativ doch nur erklärt erscheinen vermittelst Definition seines allge-
meinen Koeffizienten — weshalb bei allen Beweisen unmittelbar oder
mittelbar auf diese Koeffizienten muss zurückgegangen werden.
Diese analytische Evidenz also werden wir in der Theorie aus-
schliesslich gelten lassen, und ein Satz der Algebra der Relative darf
nicht als sichergestellt anerkannt werden, solange er nicht auf diesem
Wege „erwiesen“ ist.
Man kann nun aber zweitens auch die Beziehungen und Knüpfungen
zwischen Relativen — ingestalt etwa einer Vergleichung durch men-
tales Superponiren, zum-Schnitt-Bringen, Zusammenfügen und Tren-
nen ihrer Raumbilder sowie eventuell mittelst gesetzmässigen Ver-
flechtens der Augenreihen ihrer Matrizes — mit der „geometrischen“
Anschauung bewerkstelligen resp. verfolgen und begleiten.
So sieht man z. B. im Hinblick auf die Figuren 4 bis 7 augenblick-
lich, dass 1' · 0' = 0 und 1' + 0' = 1 ist, die beiden relativen Moduln also
disjunkt sind und einander zum ganzen Denkbereiche 12 ergänzen, dass
sie m. a. W. Negate von einander sind.
Oder — um noch durch ein andres Beispiel die „geometrische Evi-
denz“ zu illustriren — so wird es — nachdem bereits erkannt ist, dass
das Relativ „a ; 1“ aus einem Relativ a immer erhalten wird, indem man
des letzteren überhaupt mit (einem oder mehrern) Augen besetzte Zeilen
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(a = 0) = (a ; 1 = 0) und (a ≠ 0) = (a ; 1 ≠ 0)
Schröder, Algebra der Relative. 5
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/79>, abgerufen am 04.12.2024.
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