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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895.

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Zwölfte Vorlesung.
ist immer wieder eine Funktion (von ebendiesem Argumente). Dieselbe
wird (auch) in der Mathematik die aus den beiden vorigen (in der an-
gegebnen Ordnung sive Reihenfolge) "zusammengesetzte" Funktion genannt.

Ein Argument "von" einem Argumente ist Argument.

Eine Substitution "von" einer Substitution -- überhaupt: das (rela-
tive
) Produkt beliebig vieler Substitutionen -- ist stets eine Substitution.

Diese letztern sind ja allbekannte Sätze. Um aber einleuchtend
zu machen, dass, oder inwiefern, die drei Begriffe von Funktion, Argu-
ment und Substitution, wie sie hier von uns formulirt und als binäre
Relative erklärt worden, wirklich zusammenfallen mit den gleichnamigen
jedem Mathematiker so vertrauten Begriffen, werden wir noch einige
Erwägungen beizubringen haben. Es hat der Mathematiker, um seine
gewohnten Anschauungsweisen mit den in unsrer Theorie der Relative
geforderten in Einklang zu bringen, ja zu versöhnen, anfangs gewisse
Schwierigkeiten zu überwinden, die ich nunmehr möglichst zu ebnen
trachten werde.

Zunächst: Eine "Substitution in der Mathematik" schreibt vor, gewisse
Elemente zu versetzen, m. a. W. ein jedes von ihnen je durch ein bestimmtes
Element zu ersetzen. Die Elemente, deren Versetzung beim Studium und
der Anwendung solcher Substitutionen in Betracht kommen kann, mögen
irgendwelche sein und können durch Buchstaben A, B, C, ... dargestellt
werden. Aus diesen haben wir uns dann den Denkbereich 11 bestehend zu
denken. Ohne das Geringste von der Allgemeinheit der Substitutionentheorie
preiszugeben, können wir jedoch auch annehmen, dass die zu versetzenden
Elemente immer Zahlen seien, z. B. reelle Zahlen. Denn nichts hindert,
diese Zahlen blos als Zeiger, Indices (Suffixe) eines Buchstabens aufzufassen
(resp. sie als solche ausdrücklich hinzustellen), dem es uns freistehn wird
je nach seinem Index jede wünschbare Bedeutung unterzulegen. Steht etwa
die Bedeutung eines c2 schon fest, so kann die von c3, c4, ... noch nach
Belieben festgesetzt werden, und für jeden neuen Index ist über die Be-
deutung des mit ihm behafteten Buchstabens noch nichts präjudizirt, kann
über das, was darunter verstanden werden solle, von neuem noch frei ver-
fügt werden. Lassen wir dann ersparnisshalber den etwa einfürallemal
gewählten Buchstaben in unsern Elementenamen weg, so wird hingebracht
sein, dass -- äusserlich betrachtet -- unser Denkbereich 11 aus (den) reellen
Zahlen besteht, dass seine "Elemente" immerfort lauter "Zahlen" sind und
dennoch, was man nur immer wünschen mag, vorstellen, repräsentiren können.

Natürlich muss (oder kann) auch die Zahl Null, wie etwa ein Ele-
ment N, und die Zahl Eins so, wie ein Element E, diesem Denkbereiche
angehören oder einverleibt sein. Nur müssen beide dann, wenn man sich
für sie der Zahlzeichen bedienen will, durch den Tupfen als 0 und 1 ad
hoc von den Moduln 0, 1 unsrer Algebra unterschieden werden.

Dies alles bringt uns nun den Vorteil, dass wir bei den mathematischen
Substitutionen als deren Elemente dieselben Dinge vor uns haben werden,

Zwölfte Vorlesung.
ist immer wieder eine Funktion (von ebendiesem Argumente). Dieselbe
wird (auch) in der Mathematik die aus den beiden vorigen (in der an-
gegebnen Ordnung sive Reihenfolge) „zusammengesetzteFunktion genannt.

Ein Argument „von“ einem Argumente ist Argument.

Eine Substitution „von“ einer Substitution — überhaupt: das (rela-
tive
) Produkt beliebig vieler Substitutionen — ist stets eine Substitution.

Diese letztern sind ja allbekannte Sätze. Um aber einleuchtend
zu machen, dass, oder inwiefern, die drei Begriffe von Funktion, Argu-
ment und Substitution, wie sie hier von uns formulirt und als binäre
Relative erklärt worden, wirklich zusammenfallen mit den gleichnamigen
jedem Mathematiker so vertrauten Begriffen, werden wir noch einige
Erwägungen beizubringen haben. Es hat der Mathematiker, um seine
gewohnten Anschauungsweisen mit den in unsrer Theorie der Relative
geforderten in Einklang zu bringen, ja zu versöhnen, anfangs gewisse
Schwierigkeiten zu überwinden, die ich nunmehr möglichst zu ebnen
trachten werde.

Zunächst: Eine „Substitution in der Mathematik“ schreibt vor, gewisse
Elemente zu versetzen, m. a. W. ein jedes von ihnen je durch ein bestimmtes
Element zu ersetzen. Die Elemente, deren Versetzung beim Studium und
der Anwendung solcher Substitutionen in Betracht kommen kann, mögen
irgendwelche sein und können durch Buchstaben A, B, C, … dargestellt
werden. Aus diesen haben wir uns dann den Denkbereich 11 bestehend zu
denken. Ohne das Geringste von der Allgemeinheit der Substitutionentheorie
preiszugeben, können wir jedoch auch annehmen, dass die zu versetzenden
Elemente immer Zahlen seien, z. B. reelle Zahlen. Denn nichts hindert,
diese Zahlen blos als Zeiger, Indices (Suffixe) eines Buchstabens aufzufassen
(resp. sie als solche ausdrücklich hinzustellen), dem es uns freistehn wird
je nach seinem Index jede wünschbare Bedeutung unterzulegen. Steht etwa
die Bedeutung eines c2 schon fest, so kann die von c3, c4, … noch nach
Belieben festgesetzt werden, und für jeden neuen Index ist über die Be-
deutung des mit ihm behafteten Buchstabens noch nichts präjudizirt, kann
über das, was darunter verstanden werden solle, von neuem noch frei ver-
fügt werden. Lassen wir dann ersparnisshalber den etwa einfürallemal
gewählten Buchstaben in unsern Elementenamen weg, so wird hingebracht
sein, dass — äusserlich betrachtet — unser Denkbereich 11 aus (den) reellen
Zahlen besteht, dass seine „Elemente“ immerfort lauter „Zahlen“ sind und
dennoch, was man nur immer wünschen mag, vorstellen, repräsentiren können.

Natürlich muss (oder kann) auch die Zahl Null, wie etwa ein Ele-
ment N, und die Zahl Eins so, wie ein Element E, diesem Denkbereiche
angehören oder einverleibt sein. Nur müssen beide dann, wenn man sich
für sie der Zahlzeichen bedienen will, durch den Tupfen als 0̇ und 1̇ ad
hoc von den Moduln 0, 1 unsrer Algebra unterschieden werden.

Dies alles bringt uns nun den Vorteil, dass wir bei den mathematischen
Substitutionen als deren Elemente dieselben Dinge vor uns haben werden,

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[570/0584] Zwölfte Vorlesung. ist immer wieder eine Funktion (von ebendiesem Argumente). Dieselbe wird (auch) in der Mathematik die aus den beiden vorigen (in der an- gegebnen Ordnung sive Reihenfolge) „zusammengesetzte“ Funktion genannt. Ein Argument „von“ einem Argumente ist Argument. Eine Substitution „von“ einer Substitution — überhaupt: das (rela- tive) Produkt beliebig vieler Substitutionen — ist stets eine Substitution. Diese letztern sind ja allbekannte Sätze. Um aber einleuchtend zu machen, dass, oder inwiefern, die drei Begriffe von Funktion, Argu- ment und Substitution, wie sie hier von uns formulirt und als binäre Relative erklärt worden, wirklich zusammenfallen mit den gleichnamigen jedem Mathematiker so vertrauten Begriffen, werden wir noch einige Erwägungen beizubringen haben. Es hat der Mathematiker, um seine gewohnten Anschauungsweisen mit den in unsrer Theorie der Relative geforderten in Einklang zu bringen, ja zu versöhnen, anfangs gewisse Schwierigkeiten zu überwinden, die ich nunmehr möglichst zu ebnen trachten werde. Zunächst: Eine „Substitution in der Mathematik“ schreibt vor, gewisse Elemente zu versetzen, m. a. W. ein jedes von ihnen je durch ein bestimmtes Element zu ersetzen. Die Elemente, deren Versetzung beim Studium und der Anwendung solcher Substitutionen in Betracht kommen kann, mögen irgendwelche sein und können durch Buchstaben A, B, C, … dargestellt werden. Aus diesen haben wir uns dann den Denkbereich 11 bestehend zu denken. Ohne das Geringste von der Allgemeinheit der Substitutionentheorie preiszugeben, können wir jedoch auch annehmen, dass die zu versetzenden Elemente immer Zahlen seien, z. B. reelle Zahlen. Denn nichts hindert, diese Zahlen blos als Zeiger, Indices (Suffixe) eines Buchstabens aufzufassen (resp. sie als solche ausdrücklich hinzustellen), dem es uns freistehn wird je nach seinem Index jede wünschbare Bedeutung unterzulegen. Steht etwa die Bedeutung eines c2 schon fest, so kann die von c3, c4, … noch nach Belieben festgesetzt werden, und für jeden neuen Index ist über die Be- deutung des mit ihm behafteten Buchstabens noch nichts präjudizirt, kann über das, was darunter verstanden werden solle, von neuem noch frei ver- fügt werden. Lassen wir dann ersparnisshalber den etwa einfürallemal gewählten Buchstaben in unsern Elementenamen weg, so wird hingebracht sein, dass — äusserlich betrachtet — unser Denkbereich 11 aus (den) reellen Zahlen besteht, dass seine „Elemente“ immerfort lauter „Zahlen“ sind und dennoch, was man nur immer wünschen mag, vorstellen, repräsentiren können. Natürlich muss (oder kann) auch die Zahl Null, wie etwa ein Ele- ment N, und die Zahl Eins so, wie ein Element E, diesem Denkbereiche angehören oder einverleibt sein. Nur müssen beide dann, wenn man sich für sie der Zahlzeichen bedienen will, durch den Tupfen als 0̇ und 1̇ ad hoc von den Moduln 0, 1 unsrer Algebra unterschieden werden. Dies alles bringt uns nun den Vorteil, dass wir bei den mathematischen Substitutionen als deren Elemente dieselben Dinge vor uns haben werden,

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/584>, abgerufen am 17.05.2024.