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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

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Sechsundzwanzigste Vorlesung.

Im ersteren Falle lasse man die Prämisse, die sich dieses Adverbs
bedient, einmal beiseite; so wird man die Konklusion erhalten für
diejenigen Fälle, wo dieses "manchmal" eben nicht sich verwirklicht,
wo vielmehr der gegenteilige Fall eintritt.

Sodann erhebe man das Eintreten des "manchmal", d. i. des
Ereignisses, auf welches dieses Adverb hinweist, zur ausdrücklichen
Voraussetzung, und bilde unter Hinzuziehung solcher Annahme die
Konklusion. Dies Verfahren läuft imgrunde hinaus auf eine Limitirung,
eine Einschränkung des Denkbereiches der Gelegenheiten auf eben die
Fälle oder "Male", die mit jenem "manchmal" gemeint waren. Die
Konklusion darf dann auch nur für eben diesen Denkbereich in Anspruch
genommen werden, d. h. sie ist auch ihrerseits nur als eine "manch-
mal" zutreffende durch das Prämissensystem garantirt.

Kommt dagegen das Adverb "manchmal" in den Prämissen mehr-
mals
vor, -- jedoch etwa nicht unabhängig, sondern so, dass immer
das eine "manchmal" auf das andere durch verschmelzende, identifizirende
Verweisung bezogen ist, so ist mit der ganzen Gruppe derjenigen
unter den Prämissen, welche dieses "manchmal" enthalten, ebenso zu
verfahren, wie vorhin mit einer einzigen Prämisse. Hingegen ist das
gleiche Verfahren einzuhalten bezüglich jedes einzelnen "manchmal" bei
mehrfachem unabhängigen Vorkommen dieses Adverbs. Doch brauchen
dabei die von einander unabhängigen "manchmal" keineswegs in allen
ihren Kombinationen durchgenommen zu werden. Vielmehr sind bei
Anwendung des Verfahrens auf eines von ihnen, behufs Gewinnung
der auf diese "Male" bezüglichen partiellen Konklusionen, jeweils alle
die Prämissen einfach fortzulassen, in welchen ein von dem vorigen
unabhängiges "manchmal" vorkommt. Ja, die vorliegende Prämisse
ist selbst gänzlich zu unterdrücken, oder es sind wenigstens die be-
treffenden Prämissenteile zu ignoriren, wenn darin mehrere unabhängige
"manchmal" vorkommen.

Weiss man nämlich von zwei Ereignissen nur, dass jedes von
ihnen manchmal eintritt, während das Zusammentreffen beider durch
nichts garantirt ist, so kann der an dieses Zusammentreffen etwa
denknotwendig zu knüpfende Schluss doch lediglich als ein "vielleicht
manchmal" zutreffender, nicht aber als ein durch die Prämissen not-
wendig bedingter hingestellt werden; es gibt dann eben überhaupt
keine Konklusion.

Hier ist der Einwand denkbar: sofern es sich z. B. um Vorkehr gegen
eine zu gewärtigende Gefahr handle, sei es keineswegs gleichgültig, ob
dieselbe vielleicht eintrete, eintreten könne, oder nicht. Schon die "Wahr-

Sechsundzwanzigste Vorlesung.

Im ersteren Falle lasse man die Prämisse, die sich dieses Adverbs
bedient, einmal beiseite; so wird man die Konklusion erhalten für
diejenigen Fälle, wo dieses „manchmal“ eben nicht sich verwirklicht,
wo vielmehr der gegenteilige Fall eintritt.

Sodann erhebe man das Eintreten des „manchmal“, d. i. des
Ereignisses, auf welches dieses Adverb hinweist, zur ausdrücklichen
Voraussetzung, und bilde unter Hinzuziehung solcher Annahme die
Konklusion. Dies Verfahren läuft imgrunde hinaus auf eine Limitirung,
eine Einschränkung des Denkbereiches der Gelegenheiten auf eben die
Fälle oder „Male“, die mit jenem „manchmal“ gemeint waren. Die
Konklusion darf dann auch nur für eben diesen Denkbereich in Anspruch
genommen werden, d. h. sie ist auch ihrerseits nur als eine „manch-
mal“ zutreffende durch das Prämissensystem garantirt.

Kommt dagegen das Adverb „manchmal“ in den Prämissen mehr-
mals
vor, — jedoch etwa nicht unabhängig, sondern so, dass immer
das eine „manchmal“ auf das andere durch verschmelzende, identifizirende
Verweisung bezogen ist, so ist mit der ganzen Gruppe derjenigen
unter den Prämissen, welche dieses „manchmal“ enthalten, ebenso zu
verfahren, wie vorhin mit einer einzigen Prämisse. Hingegen ist das
gleiche Verfahren einzuhalten bezüglich jedes einzelnen „manchmal“ bei
mehrfachem unabhängigen Vorkommen dieses Adverbs. Doch brauchen
dabei die von einander unabhängigen „manchmal“ keineswegs in allen
ihren Kombinationen durchgenommen zu werden. Vielmehr sind bei
Anwendung des Verfahrens auf eines von ihnen, behufs Gewinnung
der auf diese „Male“ bezüglichen partiellen Konklusionen, jeweils alle
die Prämissen einfach fortzulassen, in welchen ein von dem vorigen
unabhängiges „manchmal“ vorkommt. Ja, die vorliegende Prämisse
ist selbst gänzlich zu unterdrücken, oder es sind wenigstens die be-
treffenden Prämissenteile zu ignoriren, wenn darin mehrere unabhängige
„manchmal“ vorkommen.

Weiss man nämlich von zwei Ereignissen nur, dass jedes von
ihnen manchmal eintritt, während das Zusammentreffen beider durch
nichts garantirt ist, so kann der an dieses Zusammentreffen etwa
denknotwendig zu knüpfende Schluss doch lediglich als ein „vielleicht
manchmal“ zutreffender, nicht aber als ein durch die Prämissen not-
wendig bedingter hingestellt werden; es gibt dann eben überhaupt
keine Konklusion.

Hier ist der Einwand denkbar: sofern es sich z. B. um Vorkehr gegen
eine zu gewärtigende Gefahr handle, sei es keineswegs gleichgültig, ob
dieselbe vielleicht eintrete, eintreten könne, oder nicht. Schon die „Wahr-

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[480/0124] Sechsundzwanzigste Vorlesung. Im ersteren Falle lasse man die Prämisse, die sich dieses Adverbs bedient, einmal beiseite; so wird man die Konklusion erhalten für diejenigen Fälle, wo dieses „manchmal“ eben nicht sich verwirklicht, wo vielmehr der gegenteilige Fall eintritt. Sodann erhebe man das Eintreten des „manchmal“, d. i. des Ereignisses, auf welches dieses Adverb hinweist, zur ausdrücklichen Voraussetzung, und bilde unter Hinzuziehung solcher Annahme die Konklusion. Dies Verfahren läuft imgrunde hinaus auf eine Limitirung, eine Einschränkung des Denkbereiches der Gelegenheiten auf eben die Fälle oder „Male“, die mit jenem „manchmal“ gemeint waren. Die Konklusion darf dann auch nur für eben diesen Denkbereich in Anspruch genommen werden, d. h. sie ist auch ihrerseits nur als eine „manch- mal“ zutreffende durch das Prämissensystem garantirt. Kommt dagegen das Adverb „manchmal“ in den Prämissen mehr- mals vor, — jedoch etwa nicht unabhängig, sondern so, dass immer das eine „manchmal“ auf das andere durch verschmelzende, identifizirende Verweisung bezogen ist, so ist mit der ganzen Gruppe derjenigen unter den Prämissen, welche dieses „manchmal“ enthalten, ebenso zu verfahren, wie vorhin mit einer einzigen Prämisse. Hingegen ist das gleiche Verfahren einzuhalten bezüglich jedes einzelnen „manchmal“ bei mehrfachem unabhängigen Vorkommen dieses Adverbs. Doch brauchen dabei die von einander unabhängigen „manchmal“ keineswegs in allen ihren Kombinationen durchgenommen zu werden. Vielmehr sind bei Anwendung des Verfahrens auf eines von ihnen, behufs Gewinnung der auf diese „Male“ bezüglichen partiellen Konklusionen, jeweils alle die Prämissen einfach fortzulassen, in welchen ein von dem vorigen unabhängiges „manchmal“ vorkommt. Ja, die vorliegende Prämisse ist selbst gänzlich zu unterdrücken, oder es sind wenigstens die be- treffenden Prämissenteile zu ignoriren, wenn darin mehrere unabhängige „manchmal“ vorkommen. Weiss man nämlich von zwei Ereignissen nur, dass jedes von ihnen manchmal eintritt, während das Zusammentreffen beider durch nichts garantirt ist, so kann der an dieses Zusammentreffen etwa denknotwendig zu knüpfende Schluss doch lediglich als ein „vielleicht manchmal“ zutreffender, nicht aber als ein durch die Prämissen not- wendig bedingter hingestellt werden; es gibt dann eben überhaupt keine Konklusion. Hier ist der Einwand denkbar: sofern es sich z. B. um Vorkehr gegen eine zu gewärtigende Gefahr handle, sei es keineswegs gleichgültig, ob dieselbe vielleicht eintrete, eintreten könne, oder nicht. Schon die „Wahr-

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/124>, abgerufen am 28.04.2024.