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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

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Fünfundzwanzigste Vorlesung.
neigten Vertikalstrich -- sogar daneben noch -- verwenden könnte: a\b
"a in b" für [Formel 1] .) -- Damit ist nun aber die Schwäche des Peano'schen
Vorschlages zutage getreten: Die erwünschte allgemeine Annahme des neuen
logischen Bezeichnungssystems hätte zur Vorbedingung die Abschaffung der
beiden in der gesamten mathematischen Welt schon allgemein eingebürgerten
Multiplikations- und Divisionszeichen! Da behelfen wir uns doch lieber
noch mit den runden, eckigen, geschweiften, grossen und kleinen Klammern
und gehen nicht ohne Not von den schon bestehenden Bezeichnungsge-
pflogenheiten ab.

Ein zeitgemässes und hochverdienstliches Unternehmen dürfte sein:
eine Geschichte der gesamten bisherigen Bestrebungen auf dem Felde
der exakten Logik, die ja bereits in frühere Jahrhunderte zurückreichen.
Brauchbares Material hiezu glaube ich hier in Gestalt von Literaturan-
gaben und kritischen Darlegungen vielfach geliefert zu haben. Anderer-
seits sei es aber doch auch einmal ausgesprochen, dass mir hier ein
solches Ziel fern gelegen; ich wünschte, den Entwicklungsgang unserer
Disziplin zu fördern, nicht aber darzustellen, oder -- wenn ich ein
stolzes Wort gebrauchen darf -- Geschichte zu machen, nicht zu
schreiben.

Andernfalls hätte ich auf eine Menge von in unserem Literaturverzeichniss
aufgeführten Erscheinungen ausführlich eingehen müssen -- wie de Castillon1,
Delboeuf1, Macfarlane1 und andere, -- die ich nur flüchtig oder gar
nicht gestreift habe, weil mir das in ihnen Niedergelegte als eine vorüber-
gehende Entwicklungsphase oder anderweitig überholt erschien.

Im Anschluss hieran möchte ich diejenigen unter den lebenden
Mitarbeitern unserer Disziplin, welche vielleicht das von ihnen selbst Ge-
leistete hier zu wenig berücksichtigt oder hervorgehoben finden möchten,
bitten, sich nächst Vorstehendem noch zweierlei vergegenwärtigen zu
wollen. Einmal würde die Wertschätzung ihres eigenen objektiven
(nicht subjektiven) Verdienstes sich wol oft noch erheblich verschieben,
wenn sie zu einem Überblick über die Gesamtheit aller einschlägigen
Leistungen zu gelangen trachteten, und sie wird, wie ich überzeugt bin,
sich der meinigen nähern, sobald diese Autoren auch nur das vorliegende
Werk sorgfältig durchgearbeitet haben werden. -- Es braucht nicht
betont zu werden, dass ich von Personen absehend immer nur das
Interesse der Sache im Auge hatte.

Sodann ist es in der That gerade auf dem Gebiete des Selbst-
verständlichen, Denknotwendigen besonders schwierig, allen Prioritäts-
ansprüchen vollkommen gerecht zu werden, bei Darlegung von Dingen,
auf die so Viele -- in mehr oder minder abweichender Form -- selb-

Fünfundzwanzigste Vorlesung.
neigten Vertikalstrich — sogar daneben noch — verwenden könnte: a\b
a in b“ für [Formel 1] .) — Damit ist nun aber die Schwäche des Peano’schen
Vorschlages zutage getreten: Die erwünschte allgemeine Annahme des neuen
logischen Bezeichnungssystems hätte zur Vorbedingung die Abschaffung der
beiden in der gesamten mathematischen Welt schon allgemein eingebürgerten
Multiplikations- und Divisionszeichen! Da behelfen wir uns doch lieber
noch mit den runden, eckigen, geschweiften, grossen und kleinen Klammern
und gehen nicht ohne Not von den schon bestehenden Bezeichnungsge-
pflogenheiten ab.

Ein zeitgemässes und hochverdienstliches Unternehmen dürfte sein:
eine Geschichte der gesamten bisherigen Bestrebungen auf dem Felde
der exakten Logik, die ja bereits in frühere Jahrhunderte zurückreichen.
Brauchbares Material hiezu glaube ich hier in Gestalt von Literaturan-
gaben und kritischen Darlegungen vielfach geliefert zu haben. Anderer-
seits sei es aber doch auch einmal ausgesprochen, dass mir hier ein
solches Ziel fern gelegen; ich wünschte, den Entwicklungsgang unserer
Disziplin zu fördern, nicht aber darzustellen, oder — wenn ich ein
stolzes Wort gebrauchen darf — Geschichte zu machen, nicht zu
schreiben.

Andernfalls hätte ich auf eine Menge von in unserem Literaturverzeichniss
aufgeführten Erscheinungen ausführlich eingehen müssen — wie de Castillon1,
Delboeuf1, Macfarlane1 und andere, — die ich nur flüchtig oder gar
nicht gestreift habe, weil mir das in ihnen Niedergelegte als eine vorüber-
gehende Entwicklungsphase oder anderweitig überholt erschien.

Im Anschluss hieran möchte ich diejenigen unter den lebenden
Mitarbeitern unserer Disziplin, welche vielleicht das von ihnen selbst Ge-
leistete hier zu wenig berücksichtigt oder hervorgehoben finden möchten,
bitten, sich nächst Vorstehendem noch zweierlei vergegenwärtigen zu
wollen. Einmal würde die Wertschätzung ihres eigenen objektiven
(nicht subjektiven) Verdienstes sich wol oft noch erheblich verschieben,
wenn sie zu einem Überblick über die Gesamtheit aller einschlägigen
Leistungen zu gelangen trachteten, und sie wird, wie ich überzeugt bin,
sich der meinigen nähern, sobald diese Autoren auch nur das vorliegende
Werk sorgfältig durchgearbeitet haben werden. — Es braucht nicht
betont zu werden, dass ich von Personen absehend immer nur das
Interesse der Sache im Auge hatte.

Sodann ist es in der That gerade auf dem Gebiete des Selbst-
verständlichen, Denknotwendigen besonders schwierig, allen Prioritäts-
ansprüchen vollkommen gerecht zu werden, bei Darlegung von Dingen,
auf die so Viele — in mehr oder minder abweichender Form — selb-

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[462/0106] Fünfundzwanzigste Vorlesung. neigten Vertikalstrich — sogar daneben noch — verwenden könnte: a\b „a in b“ für [FORMEL].) — Damit ist nun aber die Schwäche des Peano’schen Vorschlages zutage getreten: Die erwünschte allgemeine Annahme des neuen logischen Bezeichnungssystems hätte zur Vorbedingung die Abschaffung der beiden in der gesamten mathematischen Welt schon allgemein eingebürgerten Multiplikations- und Divisionszeichen! Da behelfen wir uns doch lieber noch mit den runden, eckigen, geschweiften, grossen und kleinen Klammern und gehen nicht ohne Not von den schon bestehenden Bezeichnungsge- pflogenheiten ab. Ein zeitgemässes und hochverdienstliches Unternehmen dürfte sein: eine Geschichte der gesamten bisherigen Bestrebungen auf dem Felde der exakten Logik, die ja bereits in frühere Jahrhunderte zurückreichen. Brauchbares Material hiezu glaube ich hier in Gestalt von Literaturan- gaben und kritischen Darlegungen vielfach geliefert zu haben. Anderer- seits sei es aber doch auch einmal ausgesprochen, dass mir hier ein solches Ziel fern gelegen; ich wünschte, den Entwicklungsgang unserer Disziplin zu fördern, nicht aber darzustellen, oder — wenn ich ein stolzes Wort gebrauchen darf — Geschichte zu machen, nicht zu schreiben. Andernfalls hätte ich auf eine Menge von in unserem Literaturverzeichniss aufgeführten Erscheinungen ausführlich eingehen müssen — wie de Castillon1, Delboeuf1, Macfarlane1 und andere, — die ich nur flüchtig oder gar nicht gestreift habe, weil mir das in ihnen Niedergelegte als eine vorüber- gehende Entwicklungsphase oder anderweitig überholt erschien. Im Anschluss hieran möchte ich diejenigen unter den lebenden Mitarbeitern unserer Disziplin, welche vielleicht das von ihnen selbst Ge- leistete hier zu wenig berücksichtigt oder hervorgehoben finden möchten, bitten, sich nächst Vorstehendem noch zweierlei vergegenwärtigen zu wollen. Einmal würde die Wertschätzung ihres eigenen objektiven (nicht subjektiven) Verdienstes sich wol oft noch erheblich verschieben, wenn sie zu einem Überblick über die Gesamtheit aller einschlägigen Leistungen zu gelangen trachteten, und sie wird, wie ich überzeugt bin, sich der meinigen nähern, sobald diese Autoren auch nur das vorliegende Werk sorgfältig durchgearbeitet haben werden. — Es braucht nicht betont zu werden, dass ich von Personen absehend immer nur das Interesse der Sache im Auge hatte. Sodann ist es in der That gerade auf dem Gebiete des Selbst- verständlichen, Denknotwendigen besonders schwierig, allen Prioritäts- ansprüchen vollkommen gerecht zu werden, bei Darlegung von Dingen, auf die so Viele — in mehr oder minder abweichender Form — selb-

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/106>, abgerufen am 28.04.2024.