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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

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§ 52. Rückblick nebst Ergänzungen aus dem neueren Literaturzuwachse.
tativ, assoziativ und dem Tautologiegesetze unterworfen ist, die in Bezug
auf P als die Null und U als die Eins "modulare" Eigenschaften besitzt
und endlich zu der (identischen oder intensiven) Aussagenmultiplikation in
dem je nur einseitig als Subsumtion geltenden Zusammenhange steht:
(A B) (A C) A (B C)A (B C) (A B) (A C).
Zu den vier erwähnten Spezies käme vielleicht als Umkehrung der letzten
Knüpfung noch eine fünfte hinzu; indess wäre zu untersuchen, ob nicht
die Negation als unbedingt ausführbare Operation dann preisgegeben werden
müsste. U. s. w. Es erscheint als eine Frage von hohem erkenntniss-
theoretischem Interesse, welche Gestalt der Aussagenkalkul dann annehmen
würde, und in welcher Richtung er sich weiter entwickeln liesse.

Schliesslich freue ich mich, noch das Wort zu haben zu einigen
teils persönlichen teils sachlichen Bemerkungen, welche falschen Auf-
fassungen des vorliegenden Werkes vorzubeugen geeignet sind, oder
auch weitere Anregungen geben mögen.

Auf einem Felde, auf welchem schon so viele Forscher thätig
gewesen und voraussichtlich noch thätig sein werden, kann es nicht
ausbleiben, dass man über ein allgemein zu adoptirendes Bezeichnungs-
system sich wird einigen müssen. In Bezug auf die arithmetischen
Vergleichungszeichen, die Bezeichnung der Operationen und Elementar-
funktionen der allgemeinen Arithmetik und höheren Analysis ist über
die ganze civilisirte Erde solche Einigung glücklich erzielt. Dagegen
auf dem Felde der exakten Logik sind zwar die meisten Bearbeiter
darüber schon einig, welche Knüpfungen und Beziehungen als wesent-
liche vermittelst besondrer Zeichen dargestellt werden müssen; äusserlich
aber gestaltet ein jeder sich diese Zeichen noch individuell nach seinem
subjektiven Geschmacke.

Auch ich habe nicht umhin gekonnt, in manchen Einzelheiten es
ebenso zu machen, und ich darf mir schwerlich mit der Hoffnung
schmeicheln, dass gerade meine Bezeichnungsvorschläge allseitige Billigung
und Annahme finden werden. Aber ich habe mir wenigstens angelegen
sein lassen, dieselben sorgfältig zu motiviren, und glaube auch, von
Bezeichnungen andrer Autoren, die vielleicht einigermassen rezipirt er-
schienen, immer nur dann abgewichen zu sein, wenn sachliche Gründe
dazu drängten. So hoffe ich, wenigstens zu einer Klärung der ein-
schlägigen Fragen beigetragen und auf die Erreichung jenes oben ge-
nannten wichtigen Zieles mit hingearbeitet zu haben.

Eine Zusammenstellung der von verschiedenen Autoren gebrauchten
Bezeichnungsweisen, die eine Art "Schlüssel" zur Lektüre der betr.
Werke bildet, hat schon Herr Venn in 7 gegeben. Es wäre verdienst-

§ 52. Rückblick nebst Ergänzungen aus dem neueren Literaturzuwachse.
tativ, assoziativ und dem Tautologiegesetze unterworfen ist, die in Bezug
auf P als die Null und U als die Eins „modulare“ Eigenschaften besitzt
und endlich zu der (identischen oder intensiven) Aussagenmultiplikation in
dem je nur einseitig als Subsumtion geltenden Zusammenhange steht:
(AB) (AC) A ∘ (B C)A (BC) (A B) ∘ (A C).
Zu den vier erwähnten Spezies käme vielleicht als Umkehrung der letzten
Knüpfung noch eine fünfte hinzu; indess wäre zu untersuchen, ob nicht
die Negation als unbedingt ausführbare Operation dann preisgegeben werden
müsste. U. s. w. Es erscheint als eine Frage von hohem erkenntniss-
theoretischem Interesse, welche Gestalt der Aussagenkalkul dann annehmen
würde, und in welcher Richtung er sich weiter entwickeln liesse.

Schliesslich freue ich mich, noch das Wort zu haben zu einigen
teils persönlichen teils sachlichen Bemerkungen, welche falschen Auf-
fassungen des vorliegenden Werkes vorzubeugen geeignet sind, oder
auch weitere Anregungen geben mögen.

Auf einem Felde, auf welchem schon so viele Forscher thätig
gewesen und voraussichtlich noch thätig sein werden, kann es nicht
ausbleiben, dass man über ein allgemein zu adoptirendes Bezeichnungs-
system sich wird einigen müssen. In Bezug auf die arithmetischen
Vergleichungszeichen, die Bezeichnung der Operationen und Elementar-
funktionen der allgemeinen Arithmetik und höheren Analysis ist über
die ganze civilisirte Erde solche Einigung glücklich erzielt. Dagegen
auf dem Felde der exakten Logik sind zwar die meisten Bearbeiter
darüber schon einig, welche Knüpfungen und Beziehungen als wesent-
liche vermittelst besondrer Zeichen dargestellt werden müssen; äusserlich
aber gestaltet ein jeder sich diese Zeichen noch individuell nach seinem
subjektiven Geschmacke.

Auch ich habe nicht umhin gekonnt, in manchen Einzelheiten es
ebenso zu machen, und ich darf mir schwerlich mit der Hoffnung
schmeicheln, dass gerade meine Bezeichnungsvorschläge allseitige Billigung
und Annahme finden werden. Aber ich habe mir wenigstens angelegen
sein lassen, dieselben sorgfältig zu motiviren, und glaube auch, von
Bezeichnungen andrer Autoren, die vielleicht einigermassen rezipirt er-
schienen, immer nur dann abgewichen zu sein, wenn sachliche Gründe
dazu drängten. So hoffe ich, wenigstens zu einer Klärung der ein-
schlägigen Fragen beigetragen und auf die Erreichung jenes oben ge-
nannten wichtigen Zieles mit hingearbeitet zu haben.

Eine Zusammenstellung der von verschiedenen Autoren gebrauchten
Bezeichnungsweisen, die eine Art „Schlüssel“ zur Lektüre der betr.
Werke bildet, hat schon Herr Venn in 7 gegeben. Es wäre verdienst-

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[459/0103] § 52. Rückblick nebst Ergänzungen aus dem neueren Literaturzuwachse. tativ, assoziativ und dem Tautologiegesetze unterworfen ist, die in Bezug auf P als die Null und U als die Eins „modulare“ Eigenschaften besitzt und endlich zu der (identischen oder intensiven) Aussagenmultiplikation in dem je nur einseitig als Subsumtion geltenden Zusammenhange steht: (A ∘ B) (A ∘ C) A ∘ (B C) A (B ∘ C) (A B) ∘ (A C). Zu den vier erwähnten Spezies käme vielleicht als Umkehrung der letzten Knüpfung noch eine fünfte hinzu; indess wäre zu untersuchen, ob nicht die Negation als unbedingt ausführbare Operation dann preisgegeben werden müsste. U. s. w. Es erscheint als eine Frage von hohem erkenntniss- theoretischem Interesse, welche Gestalt der Aussagenkalkul dann annehmen würde, und in welcher Richtung er sich weiter entwickeln liesse. Schliesslich freue ich mich, noch das Wort zu haben zu einigen teils persönlichen teils sachlichen Bemerkungen, welche falschen Auf- fassungen des vorliegenden Werkes vorzubeugen geeignet sind, oder auch weitere Anregungen geben mögen. Auf einem Felde, auf welchem schon so viele Forscher thätig gewesen und voraussichtlich noch thätig sein werden, kann es nicht ausbleiben, dass man über ein allgemein zu adoptirendes Bezeichnungs- system sich wird einigen müssen. In Bezug auf die arithmetischen Vergleichungszeichen, die Bezeichnung der Operationen und Elementar- funktionen der allgemeinen Arithmetik und höheren Analysis ist über die ganze civilisirte Erde solche Einigung glücklich erzielt. Dagegen auf dem Felde der exakten Logik sind zwar die meisten Bearbeiter darüber schon einig, welche Knüpfungen und Beziehungen als wesent- liche vermittelst besondrer Zeichen dargestellt werden müssen; äusserlich aber gestaltet ein jeder sich diese Zeichen noch individuell nach seinem subjektiven Geschmacke. Auch ich habe nicht umhin gekonnt, in manchen Einzelheiten es ebenso zu machen, und ich darf mir schwerlich mit der Hoffnung schmeicheln, dass gerade meine Bezeichnungsvorschläge allseitige Billigung und Annahme finden werden. Aber ich habe mir wenigstens angelegen sein lassen, dieselben sorgfältig zu motiviren, und glaube auch, von Bezeichnungen andrer Autoren, die vielleicht einigermassen rezipirt er- schienen, immer nur dann abgewichen zu sein, wenn sachliche Gründe dazu drängten. So hoffe ich, wenigstens zu einer Klärung der ein- schlägigen Fragen beigetragen und auf die Erreichung jenes oben ge- nannten wichtigen Zieles mit hingearbeitet zu haben. Eine Zusammenstellung der von verschiedenen Autoren gebrauchten Bezeichnungsweisen, die eine Art „Schlüssel“ zur Lektüre der betr. Werke bildet, hat schon Herr Venn in 7 gegeben. Es wäre verdienst-

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/103>, abgerufen am 28.04.2024.