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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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Sechzehnte Vorlesung.

Beides zugleich kann nicht der Fall sein, d. h. wir haben die
Inkonsistenz:
a) (A = i) (A = 0) = 0.

Obwol an sich schon evident, kann dies auch nach den Prinzipien
des identischen Kalkuls bewiesen werden, wofern man nur als Axiom
gelten lässt, dass:
b) 0 i,
d. h. dass "allezeit" von "nie" verschieden ist. [Hierüber hinaus kann
wol nicht gegangen werden, denn es hiesse das ja verlangen, dass
die Existenz der Zeit (oder auch von Gelegenheiten) a priori be-
wiesen werde!]

Beweis. Nach dem Axiom haben wir:
(0 i) = (0 = i)1 = i
und hieraus folgt durch beiderseitiges Negiren gemäss Th. 32):
(0 = i) = 0.
Nach Th. 4) haben wir aber:
(A = i) (A = 0) = (0 = A) (A = i) (0 = i),
sonach: (A = i) (A = 0) 0
und also auch = 0 nach Th. 5x), q. e. d.

Nach den Bemerkungen am Schlusse des vorigen Paragraphen
kann die Inkonsistenz a) auch ohne weiteres umgeschrieben werden zu:
g) (A = i) (A 0) und (A = 0) (A i),
d. h. gilt A stets, so ist zu verneinen, dass es nie gelte, gilt es nie,
so ist zu verneinen dass es stets gelte.

Wir wollen nun zusehen, wie die vorausgesetzte Konstanz des
Sinnes der Aussage A in Formeln sich ausprägt. Es kann diese
Voraussetzung auf verschiedene Weisen formulirt werden, die sich auf
einander zurückführen lassen.

Es wurde schon hervorgehoben, dass wenn die Aussage A wahr
ist, sie bei Unveränderlichkeit ihres Sinnes allezeit wahr sein muss,
dann also A = i sein muss, wogegen, wenn sie falsch ist, sie dann
niemals wahr sein somit A = 0 sein wird.

Diese beiden (einander, wie gezeigt, ausschliessenden) Fälle machen
aber zusammen das ganze Bereich der Möglichkeiten aus, d. h. es
prägt sich die gedachte Voraussetzung darin aus, dass gelten wird:
*d) (A = i) + (A = 0) = i

Sechzehnte Vorlesung.

Beides zugleich kann nicht der Fall sein, d. h. wir haben die
Inkonsistenz:
α) (A = i) (A = 0) = 0.

Obwol an sich schon evident, kann dies auch nach den Prinzipien
des identischen Kalkuls bewiesen werden, wofern man nur als Axiom
gelten lässt, dass:
β) 0 ≠ i,
d. h. dass „allezeit“ von „nie“ verschieden ist. [Hierüber hinaus kann
wol nicht gegangen werden, denn es hiesse das ja verlangen, dass
die Existenz der Zeit (oder auch von Gelegenheiten) a priori be-
wiesen werde!]

Beweis. Nach dem Axiom haben wir:
(0 ≠ i) = (0 = i)1 = i
und hieraus folgt durch beiderseitiges Negiren gemäss Th. 3̅2̅):
(0 = i) = 0.
Nach Th. 4̅) haben wir aber:
(A = i) (A = 0) = (0 = A) (A = i) (0 = i),
sonach: (A = i) (A = 0) 0
und also auch = 0 nach Th. 5̅×), q. e. d.

Nach den Bemerkungen am Schlusse des vorigen Paragraphen
kann die Inkonsistenz α) auch ohne weiteres umgeschrieben werden zu:
γ) (A = i) (A ≠ 0) und (A = 0) (A ≠ i),
d. h. gilt A stets, so ist zu verneinen, dass es nie gelte, gilt es nie,
so ist zu verneinen dass es stets gelte.

Wir wollen nun zusehen, wie die vorausgesetzte Konstanz des
Sinnes der Aussage A in Formeln sich ausprägt. Es kann diese
Voraussetzung auf verschiedene Weisen formulirt werden, die sich auf
einander zurückführen lassen.

Es wurde schon hervorgehoben, dass wenn die Aussage A wahr
ist, sie bei Unveränderlichkeit ihres Sinnes allezeit wahr sein muss,
dann also A = i sein muss, wogegen, wenn sie falsch ist, sie dann
niemals wahr sein somit A = 0 sein wird.

Diese beiden (einander, wie gezeigt, ausschliessenden) Fälle machen
aber zusammen das ganze Bereich der Möglichkeiten aus, d. h. es
prägt sich die gedachte Voraussetzung darin aus, dass gelten wird:
*δ) (A = i) + (A = 0) = i

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[64/0088] Sechzehnte Vorlesung. Beides zugleich kann nicht der Fall sein, d. h. wir haben die Inkonsistenz: α) (A = i) (A = 0) = 0. Obwol an sich schon evident, kann dies auch nach den Prinzipien des identischen Kalkuls bewiesen werden, wofern man nur als Axiom gelten lässt, dass: β) 0 ≠ i, d. h. dass „allezeit“ von „nie“ verschieden ist. [Hierüber hinaus kann wol nicht gegangen werden, denn es hiesse das ja verlangen, dass die Existenz der Zeit (oder auch von Gelegenheiten) a priori be- wiesen werde!] Beweis. Nach dem Axiom haben wir: (0 ≠ i) = (0 = i)1 = i und hieraus folgt durch beiderseitiges Negiren gemäss Th. 3̅2̅): (0 = i) = 0. Nach Th. 4̅) haben wir aber: (A = i) (A = 0) = (0 = A) (A = i)  (0 = i), sonach: (A = i) (A = 0)  0 und also auch = 0 nach Th. 5̅×), q. e. d. Nach den Bemerkungen am Schlusse des vorigen Paragraphen kann die Inkonsistenz α) auch ohne weiteres umgeschrieben werden zu: γ) (A = i)  (A ≠ 0) und (A = 0)  (A ≠ i), d. h. gilt A stets, so ist zu verneinen, dass es nie gelte, gilt es nie, so ist zu verneinen dass es stets gelte. Wir wollen nun zusehen, wie die vorausgesetzte Konstanz des Sinnes der Aussage A in Formeln sich ausprägt. Es kann diese Voraussetzung auf verschiedene Weisen formulirt werden, die sich auf einander zurückführen lassen. Es wurde schon hervorgehoben, dass wenn die Aussage A wahr ist, sie bei Unveränderlichkeit ihres Sinnes allezeit wahr sein muss, dann also A = i sein muss, wogegen, wenn sie falsch ist, sie dann niemals wahr sein somit A = 0 sein wird. Diese beiden (einander, wie gezeigt, ausschliessenden) Fälle machen aber zusammen das ganze Bereich der Möglichkeiten aus, d. h. es prägt sich die gedachte Voraussetzung darin aus, dass gelten wird: *δ) (A = i) + (A = 0) = i

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/88>, abgerufen am 27.04.2024.