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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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§ 44. Hypothetische Syllogismen. Zusammengesetzte Schlüsse.

Was nun die hypothetischen Syllogismen betrifft, so kommen für
unsre Disziplin wesentlich nur diejenigen Modi in Betracht, in welchen
keine partikularen Schlussglieder vorkommen. Da nämlich partikulare
Urteile durch Ungleichungen, universale durch Gleichungen darzustellen
sind (und umgekehrt), so laufen im Aussagenkalkul nach § 32, z) und
e) auch die ersteren auf letztere hinaus. Hier ist speziell das parti-
kular bejahende und das partikular verneinende Urteil:
(a b 0) resp. (a b1 0)
äquivalent dem "zerfallenden" universalen Urteile:
(a b = i), = (a = i) (b = i) resp. (a b1 = i), = (a = i) (b = 0)
wonach a gilt und zugleich b auch gilt, resp. nicht gilt.

In Betracht kommen also nur die beiden ersten Modi der ersten
sowie der zweiten Figur, als da sind:
II. Barbara: (a b) (b c) (a c), Celarent: (a b) (b c1) (a c1),
Cesare: (a b) (c b1) (a c1), Camestres: (a b1) (c b) (a c1).
Der erstere ist das Schema des (reinen) "hypothetischen Schlusses"
den wir schon früh erwähnten:

Wenn a gilt, so gilt b; Wenn b gilt, so gilt c. Ergo: wenn a gilt,
so gilt c.

Und ebenso besagen die folgenden:

Wenn a gilt, so gilt b; Wenn b gilt, so gilt c nicht. Ergo: wenn a
gilt, so muss c nicht gelten.

Wenn a gilt, so gilt b; Wenn c gilt, so gilt b nicht. Ergo: wenn a
gilt, so kann c nicht gelten.

Wenn a gilt, so gilt b nicht; Wenn c gilt, so gilt b. Ergo: wenn a
gilt, so gilt c nicht.

Der erstere ist auszudehnen -- indem man mehr als zwei
Prämissen in Betracht zieht -- zu dem "zusammengesetzten hypo-
thetischen Schlusse", bei welchem man entweder "episyllogistisch"
schliessen mag:
(a b) (b c) (c d) (a d)
entsprechend der Goclenius'schen, oder "prosyllogistisch":
(c d) (b c) (a b) (a d)
entsprechend der Aristotelischen Anordnung der Prämissen beim
Kettenschlusse im Klassenkalkul -- oder auch mit ungeordneten (irgend-

§ 44. Hypothetische Syllogismen. Zusammengesetzte Schlüsse.

Was nun die hypothetischen Syllogismen betrifft, so kommen für
unsre Disziplin wesentlich nur diejenigen Modi in Betracht, in welchen
keine partikularen Schlussglieder vorkommen. Da nämlich partikulare
Urteile durch Ungleichungen, universale durch Gleichungen darzustellen
sind (und umgekehrt), so laufen im Aussagenkalkul nach § 32, ζ) und
η) auch die ersteren auf letztere hinaus. Hier ist speziell das parti-
kular bejahende und das partikular verneinende Urteil:
(a b ≠ 0) resp. (a b1 ≠ 0)
äquivalent dem „zerfallenden“ universalen Urteile:
(a b = i), = (a = i) (b = i) resp. (a b1 = i), = (a = i) (b = 0)
wonach a gilt und zugleich b auch gilt, resp. nicht gilt.

In Betracht kommen also nur die beiden ersten Modi der ersten
sowie der zweiten Figur, als da sind:
II. Barbara: (a b) (b c) (a c), Celarent: (a b) (b c1) (a c1),
Cesare: (a b) (c b1) (a c1), Camestres: (a b1) (c b) (a c1).
Der erstere ist das Schema des (reinen) „hypothetischen Schlusses“
den wir schon früh erwähnten:

Wenn a gilt, so gilt b; Wenn b gilt, so gilt c. Ergo: wenn a gilt,
so gilt c.

Und ebenso besagen die folgenden:

Wenn a gilt, so gilt b; Wenn b gilt, so gilt c nicht. Ergo: wenn a
gilt, so muss c nicht gelten.

Wenn a gilt, so gilt b; Wenn c gilt, so gilt b nicht. Ergo: wenn a
gilt, so kann c nicht gelten.

Wenn a gilt, so gilt b nicht; Wenn c gilt, so gilt b. Ergo: wenn a
gilt, so gilt c nicht.

Der erstere ist auszudehnen — indem man mehr als zwei
Prämissen in Betracht zieht — zu dem „zusammengesetzten hypo-
thetischen Schlusse“, bei welchem man entweder „episyllogistisch
schliessen mag:
(a b) (b c) (c d) (a d)
entsprechend der Goclenius’schen, oder „prosyllogistisch“:
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entsprechend der Aristotelischen Anordnung der Prämissen beim
Kettenschlusse im Klassenkalkul — oder auch mit ungeordneten (irgend-

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[251/0275] § 44. Hypothetische Syllogismen. Zusammengesetzte Schlüsse. Was nun die hypothetischen Syllogismen betrifft, so kommen für unsre Disziplin wesentlich nur diejenigen Modi in Betracht, in welchen keine partikularen Schlussglieder vorkommen. Da nämlich partikulare Urteile durch Ungleichungen, universale durch Gleichungen darzustellen sind (und umgekehrt), so laufen im Aussagenkalkul nach § 32, ζ) und η) auch die ersteren auf letztere hinaus. Hier ist speziell das parti- kular bejahende und das partikular verneinende Urteil: (a b ≠ 0) resp. (a b1 ≠ 0) äquivalent dem „zerfallenden“ universalen Urteile: (a b = i), = (a = i) (b = i) resp. (a b1 = i), = (a = i) (b = 0) wonach a gilt und zugleich b auch gilt, resp. nicht gilt. In Betracht kommen also nur die beiden ersten Modi der ersten sowie der zweiten Figur, als da sind: II. Barbara: (a  b) (b  c)  (a  c), Celarent: (a  b) (b  c1)  (a  c1), Cesare: (a  b) (c  b1)  (a  c1), Camestres: (a  b1) (c  b)  (a  c1). Der erstere ist das Schema des (reinen) „hypothetischen Schlusses“ den wir schon früh erwähnten: Wenn a gilt, so gilt b; Wenn b gilt, so gilt c. Ergo: wenn a gilt, so gilt c. Und ebenso besagen die folgenden: Wenn a gilt, so gilt b; Wenn b gilt, so gilt c nicht. Ergo: wenn a gilt, so muss c nicht gelten. Wenn a gilt, so gilt b; Wenn c gilt, so gilt b nicht. Ergo: wenn a gilt, so kann c nicht gelten. Wenn a gilt, so gilt b nicht; Wenn c gilt, so gilt b. Ergo: wenn a gilt, so gilt c nicht. Der erstere ist auszudehnen — indem man mehr als zwei Prämissen in Betracht zieht — zu dem „zusammengesetzten hypo- thetischen Schlusse“, bei welchem man entweder „episyllogistisch“ schliessen mag: (a  b) (b  c) (c  d)  (a  d) entsprechend der Goclenius’schen, oder „prosyllogistisch“: (c  d) (b  c) (a  b)  (a  d) entsprechend der Aristotelischen Anordnung der Prämissen beim Kettenschlusse im Klassenkalkul — oder auch mit ungeordneten (irgend-

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/275>, abgerufen am 09.05.2024.