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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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haltes denn konsequenterweise dahin, den Subjektbegriff hier als durch das
Prädikat selbst bestimmt ansehen zu müssen, und notwendig müsste ihr
das partikulare Urteil erscheinen als ein blos identisches Urteil wie: Die
schwarzen Menschen sind schwarz (oder wenn man will: sind schwarze
Menschen)! Dies ist dann freilich "gedankenlos".

Hand in Hand damit geht eine Geringschätzung auch der Schluss-
formen, die sich auf partikulare Urteilsformen gründen oder auf die
Bildung solcher hinauslaufen.

Wer gegen die partikulare Urteilsbildung eifert verkennt indess
ganz den eminent induktiven Charakter unsres gesamten Erkenntniss-
materials. All unser synthetisches (nicht-analytisches) Wissen ver-
danken wir unmittelbar oder mittelbar dem Induktionsverfahren. Unsre
allgemeinen Wahrheiten positiven Inhaltes, sofern sie nicht schon aus
andern ihresgleichen deduktiv gefolgert, sondern unmittelbar der Wahr-
nehmung oder Beobachtung entnommen wurden, kurz: in letzter In-
stanz
sind sie alle durch induktive Verallgemeinerung aus partikularen
Urteilen hervorgewachsen, in welchen zunächst die beobachteten Einzel-
fälle zusammengefasst worden. Diese induktive Bedeutung des parti-
kularen Urteils hebt schon F. A. Lange1 p. 60 sq. gebührend und
treffend hervor:

"Das partikulare Urteil kann sich thatsächlich nur auf die Be-
obachtung einzelner bestimmter Fälle stützen." ... Die Unbestimmt-
heit, welche dem Subjekte desselben anhaftet, "kann zunächst als Aus-
druck der Vermutung gelten, dass es noch in andern Fällen ebenso
sein werde, wie in den gefundenen; dahinter aber birgt sich das
Suchen nach dem Allgemeinen".

"Dies gesuchte Allgemeine ist keineswegs immer der Subjektsbegriff
selbst, sondern in den meisten Fällen eine spezifische Differenz, ein durch-
schlagendes Merkmal, durch welches sich aus dem gegebenen Gattungs-
begriff eine wohlbegrenzte Spezies ausscheidet. Sehr häufig aber, und bei
den wichtigsten Entdeckungen, wird auch im Verfolg des induktiven Pro-
zesses der gegebene Subjektsbegriff selbst durch das Resultat der Forschung
verdrängt oder einer totalen Umbildung unterworfen. Die Auffindung des
neuen Subjektsbegriffs ist ... vorbereitet durch den Verkehr des Geistes
mit dem Gegenstande der Forschung, aber an sich willkürlich, wagend und
neuen Zersetzungen und Umbildungen ausgesetzt."

"Wiewohl die nähere Betrachtung dieses induktiven Prozesses
keineswegs in die formale Logik gehört, so ist es doch natürlich und
geboten", eine Urteilsform, welche in diesem Prozess allein schon ihre
Berechtigung hat, in die Technik hereinzuziehen und sie hier ausführ-
lich zu behandeln, auch sie auf die Schlussformen, in die sie eingeht, zu
untersuchen. --

Zwanzigste Vorlesung.
haltes denn konsequenterweise dahin, den Subjektbegriff hier als durch das
Prädikat selbst bestimmt ansehen zu müssen, und notwendig müsste ihr
das partikulare Urteil erscheinen als ein blos identisches Urteil wie: Die
schwarzen Menschen sind schwarz (oder wenn man will: sind schwarze
Menschen)! Dies ist dann freilich „gedankenlos“.

Hand in Hand damit geht eine Geringschätzung auch der Schluss-
formen, die sich auf partikulare Urteilsformen gründen oder auf die
Bildung solcher hinauslaufen.

Wer gegen die partikulare Urteilsbildung eifert verkennt indess
ganz den eminent induktiven Charakter unsres gesamten Erkenntniss-
materials. All unser synthetisches (nicht-analytisches) Wissen ver-
danken wir unmittelbar oder mittelbar dem Induktionsverfahren. Unsre
allgemeinen Wahrheiten positiven Inhaltes, sofern sie nicht schon aus
andern ihresgleichen deduktiv gefolgert, sondern unmittelbar der Wahr-
nehmung oder Beobachtung entnommen wurden, kurz: in letzter In-
stanz
sind sie alle durch induktive Verallgemeinerung aus partikularen
Urteilen hervorgewachsen, in welchen zunächst die beobachteten Einzel-
fälle zusammengefasst worden. Diese induktive Bedeutung des parti-
kularen Urteils hebt schon F. A. Lange1 p. 60 sq. gebührend und
treffend hervor:

„Das partikulare Urteil kann sich thatsächlich nur auf die Be-
obachtung einzelner bestimmter Fälle stützen.“ … Die Unbestimmt-
heit, welche dem Subjekte desselben anhaftet, „kann zunächst als Aus-
druck der Vermutung gelten, dass es noch in andern Fällen ebenso
sein werde, wie in den gefundenen; dahinter aber birgt sich das
Suchen nach dem Allgemeinen“.

„Dies gesuchte Allgemeine ist keineswegs immer der Subjektsbegriff
selbst, sondern in den meisten Fällen eine spezifische Differenz, ein durch-
schlagendes Merkmal, durch welches sich aus dem gegebenen Gattungs-
begriff eine wohlbegrenzte Spezies ausscheidet. Sehr häufig aber, und bei
den wichtigsten Entdeckungen, wird auch im Verfolg des induktiven Pro-
zesses der gegebene Subjektsbegriff selbst durch das Resultat der Forschung
verdrängt oder einer totalen Umbildung unterworfen. Die Auffindung des
neuen Subjektsbegriffs ist … vorbereitet durch den Verkehr des Geistes
mit dem Gegenstande der Forschung, aber an sich willkürlich, wagend und
neuen Zersetzungen und Umbildungen ausgesetzt.“

„Wiewohl die nähere Betrachtung dieses induktiven Prozesses
keineswegs in die formale Logik gehört, so ist es doch natürlich und
geboten“, eine Urteilsform, welche in diesem Prozess allein schon ihre
Berechtigung hat, in die Technik hereinzuziehen und sie hier ausführ-
lich zu behandeln, auch sie auf die Schlussformen, in die sie eingeht, zu
untersuchen. —

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[250/0274] Zwanzigste Vorlesung. haltes denn konsequenterweise dahin, den Subjektbegriff hier als durch das Prädikat selbst bestimmt ansehen zu müssen, und notwendig müsste ihr das partikulare Urteil erscheinen als ein blos identisches Urteil wie: Die schwarzen Menschen sind schwarz (oder wenn man will: sind schwarze Menschen)! Dies ist dann freilich „gedankenlos“. Hand in Hand damit geht eine Geringschätzung auch der Schluss- formen, die sich auf partikulare Urteilsformen gründen oder auf die Bildung solcher hinauslaufen. Wer gegen die partikulare Urteilsbildung eifert verkennt indess ganz den eminent induktiven Charakter unsres gesamten Erkenntniss- materials. All unser synthetisches (nicht-analytisches) Wissen ver- danken wir unmittelbar oder mittelbar dem Induktionsverfahren. Unsre allgemeinen Wahrheiten positiven Inhaltes, sofern sie nicht schon aus andern ihresgleichen deduktiv gefolgert, sondern unmittelbar der Wahr- nehmung oder Beobachtung entnommen wurden, kurz: in letzter In- stanz sind sie alle durch induktive Verallgemeinerung aus partikularen Urteilen hervorgewachsen, in welchen zunächst die beobachteten Einzel- fälle zusammengefasst worden. Diese induktive Bedeutung des parti- kularen Urteils hebt schon F. A. Lange1 p. 60 sq. gebührend und treffend hervor: „Das partikulare Urteil kann sich thatsächlich nur auf die Be- obachtung einzelner bestimmter Fälle stützen.“ … Die Unbestimmt- heit, welche dem Subjekte desselben anhaftet, „kann zunächst als Aus- druck der Vermutung gelten, dass es noch in andern Fällen ebenso sein werde, wie in den gefundenen; dahinter aber birgt sich das Suchen nach dem Allgemeinen“. „Dies gesuchte Allgemeine ist keineswegs immer der Subjektsbegriff selbst, sondern in den meisten Fällen eine spezifische Differenz, ein durch- schlagendes Merkmal, durch welches sich aus dem gegebenen Gattungs- begriff eine wohlbegrenzte Spezies ausscheidet. Sehr häufig aber, und bei den wichtigsten Entdeckungen, wird auch im Verfolg des induktiven Pro- zesses der gegebene Subjektsbegriff selbst durch das Resultat der Forschung verdrängt oder einer totalen Umbildung unterworfen. Die Auffindung des neuen Subjektsbegriffs ist … vorbereitet durch den Verkehr des Geistes mit dem Gegenstande der Forschung, aber an sich willkürlich, wagend und neuen Zersetzungen und Umbildungen ausgesetzt.“ „Wiewohl die nähere Betrachtung dieses induktiven Prozesses keineswegs in die formale Logik gehört, so ist es doch natürlich und geboten“, eine Urteilsform, welche in diesem Prozess allein schon ihre Berechtigung hat, in die Technik hereinzuziehen und sie hier ausführ- lich zu behandeln, auch sie auf die Schlussformen, in die sie eingeht, zu untersuchen. —

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/274>, abgerufen am 22.11.2024.