Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.Einleitung. Dreiecks gleich zwei Rechten sind"*) oder die Quadrate über den beidenKatheten gleich demjenigen über der Hypotenuse*) -- in welchen doch das Prädikat nur der Summe der im Subjekte aufgezählten Grössen zukommt! Korrekt gedeutet würden jedoch diese Sätze behaupten, jeder Dreieckswinkel für sich sei gleich zwei Rechten und das Quadrat über der Hypotenuse sei gleich dem über einer jeden Kathete. Wie leicht wäre es aber, in solchen Fällen noch das Adverbium "zusammen" in den Text, wie sich gehört, einzufügen! Ebenso muss es als ein wahrer Verderb bezeichnet werden, wenn im Gar nicht zu rechtfertigen ist aber die Pluralform der Kopula. "2 und Eine Ausdrucksweise aber, die, wie gezeigt, den Unterschied zwischen Sehr misslich erscheint es besonders, wenn das adjektivische (sog. Abgesehen von den erwähnten Fällen der Zusammenfassung auf- *) Philosophen -- ich könnte deren namhafte citiren -- sollten derartige Nachlässigkeiten des Ausdrucks sich am allerwenigsten zuschulden kommen lassen. *) Philosophen -- ich könnte deren namhafte citiren -- sollten derartige
Nachlässigkeiten des Ausdrucks sich am allerwenigsten zuschulden kommen lassen. Einleitung. Dreiecks gleich zwei Rechten sind“*) oder die Quadrate über den beidenKatheten gleich demjenigen über der Hypotenuse*) — in welchen doch das Prädikat nur der Summe der im Subjekte aufgezählten Grössen zukommt! Korrekt gedeutet würden jedoch diese Sätze behaupten, jeder Dreieckswinkel für sich sei gleich zwei Rechten und das Quadrat über der Hypotenuse sei gleich dem über einer jeden Kathete. Wie leicht wäre es aber, in solchen Fällen noch das Adverbium „zusammen“ in den Text, wie sich gehört, einzufügen! Ebenso muss es als ein wahrer Verderb bezeichnet werden, wenn im Gar nicht zu rechtfertigen ist aber die Pluralform der Kopula. „2 und Eine Ausdrucksweise aber, die, wie gezeigt, den Unterschied zwischen Sehr misslich erscheint es besonders, wenn das adjektivische (sog. Abgesehen von den erwähnten Fällen der Zusammenfassung auf- *) Philosophen — ich könnte deren namhafte citiren — sollten derartige Nachlässigkeiten des Ausdrucks sich am allerwenigsten zuschulden kommen lassen. *) Philosophen — ich könnte deren namhafte citiren — sollten derartige
Nachlässigkeiten des Ausdrucks sich am allerwenigsten zuschulden kommen lassen. <TEI> <text> <front> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0094" n="74"/><fw place="top" type="header">Einleitung.</fw><lb/> Dreiecks gleich zwei Rechten sind“<note place="foot" n="*)">Philosophen — ich könnte deren namhafte citiren — sollten derartige<lb/> Nachlässigkeiten des Ausdrucks sich am allerwenigsten zuschulden kommen lassen.</note> oder die Quadrate über den beiden<lb/> Katheten gleich demjenigen über der Hypotenuse<note place="foot" n="*)">Philosophen — ich könnte deren namhafte citiren — sollten derartige<lb/> Nachlässigkeiten des Ausdrucks sich am allerwenigsten zuschulden kommen lassen.</note> — in welchen doch<lb/> das Prädikat nur <hi rendition="#i">der Summe</hi> der im Subjekte aufgezählten Grössen zukommt!<lb/> Korrekt gedeutet würden jedoch diese Sätze behaupten, jeder Dreieckswinkel<lb/> für sich sei gleich zwei Rechten und das Quadrat über der Hypotenuse sei<lb/> gleich dem über einer jeden Kathete. Wie leicht wäre es aber, in solchen<lb/> Fällen noch das Adverbium <hi rendition="#i">„zusammen“</hi> in den Text, wie sich gehört,<lb/> einzufügen!</p><lb/> <p>Ebenso muss es als ein wahrer Verderb bezeichnet werden, wenn im<lb/> Elementarunterricht der Volksschullehrer sagen lässt: „2 <hi rendition="#i">und</hi> 3 <hi rendition="#i">sind</hi> 5“,<lb/> welches bedeutete: 2 ist 5, desgleichen 3 ist 5. Der Satz enthält zwei<lb/> Fehler (nur!), indem einmal die Konjunktion „und“ für das arithmetische<lb/> Operationszeichen „plus“ gesetzt erscheint — dieses ginge aber noch an<lb/> mit Rücksicht auf den von der Bequemlichkeit der Aussprache beherrschten<lb/> Sprachgebrauch. In diesem Buche werden wir uns in der That gewisser-<lb/> massen des umgekehrten Fehlers schuldig machen.</p><lb/> <p>Gar nicht zu rechtfertigen ist aber die <hi rendition="#i">Plural</hi>form der Kopula. „2 und<lb/> 3“, verstanden als die Summe 2 + 3, <hi rendition="#i">ist</hi> eine einzige Zahl, und diese („sind“<lb/> nicht, sondern) „ist“ (gleich) 5. Will man im Plural sprechen, wie dies<lb/> als Bedürfniss erscheinen kann in dem Falle, wo die Zahlen „benannte“<lb/> sind, wie bei „2 Birnen und 3 Birnen“, so ist zu sagen: „sind zusammen<lb/> 5 Birnen“, wofern man nicht vorzieht zu sagen: <hi rendition="#i">„gibt“</hi> (oder „macht“)<lb/> 5 Birnen.</p><lb/> <p>Eine Ausdrucksweise aber, die, wie gezeigt, den Unterschied zwischen<lb/> Einzahl und Mehrzahl, kollektiver und genereller Deutung verwischt, kann<lb/> nur verwirrend auf die jungen Köpfe wirken. [Ebenso dulde der Lehrer<lb/> nicht, falls <hi rendition="#i">a</hi> und <hi rendition="#i">b</hi> Zahlen bedeuten, dass etwa der Schüler spreche, <hi rendition="#i">„a<lb/> sind</hi> gleich <hi rendition="#i">b“</hi> — und dergleichen mehr.]</p><lb/> <p>Sehr misslich erscheint es besonders, wenn das adjektivische (sog.<lb/> „unbestimmte“) Zahlwort „<hi rendition="#i">alle</hi>“ anstatt generell, einmal kollektiv ver-<lb/> wendet wird. Die lateinische hat in dieser Hinsicht schärfer unter-<lb/> schieden als die modernen Sprachen. Sie gebraucht generell nur<lb/> „<hi rendition="#i">omnes</hi>“, kollektiv dagegen „<hi rendition="#i">cuncti</hi>“ (zusammengezogen aus con-juncti, für<lb/> „alle zusammengenommen“, joined together). Wir haben im Deutschen<lb/> noch das Wort „<hi rendition="#i">sämtliche</hi>“, und wäre zu wünschen, dass dieses bislang<lb/> mit „alle“ synonyme Wort davon differenziirt und mit der gleichen<lb/> Konsequenz unterscheidend gebraucht würde. Vergl. einen in § 4 be-<lb/> sprochenen Fehlschluss.</p><lb/> <p>Abgesehen von den erwähnten Fällen der Zusammenfassung auf-<lb/> gezählter Dinge und der in den Plural gesetzten Hauptwörter, wo ein<lb/><hi rendition="#i">grammatikalischer</hi> Grund vorliegen kann, einen (einfachen oder zu-<lb/> sammengesetzten) Namen als „Kollektivnamen“ hinzustellen, ist die<lb/></p> </div> </div> </front> </text> </TEI> [74/0094]
Einleitung.
Dreiecks gleich zwei Rechten sind“ *) oder die Quadrate über den beiden
Katheten gleich demjenigen über der Hypotenuse *) — in welchen doch
das Prädikat nur der Summe der im Subjekte aufgezählten Grössen zukommt!
Korrekt gedeutet würden jedoch diese Sätze behaupten, jeder Dreieckswinkel
für sich sei gleich zwei Rechten und das Quadrat über der Hypotenuse sei
gleich dem über einer jeden Kathete. Wie leicht wäre es aber, in solchen
Fällen noch das Adverbium „zusammen“ in den Text, wie sich gehört,
einzufügen!
Ebenso muss es als ein wahrer Verderb bezeichnet werden, wenn im
Elementarunterricht der Volksschullehrer sagen lässt: „2 und 3 sind 5“,
welches bedeutete: 2 ist 5, desgleichen 3 ist 5. Der Satz enthält zwei
Fehler (nur!), indem einmal die Konjunktion „und“ für das arithmetische
Operationszeichen „plus“ gesetzt erscheint — dieses ginge aber noch an
mit Rücksicht auf den von der Bequemlichkeit der Aussprache beherrschten
Sprachgebrauch. In diesem Buche werden wir uns in der That gewisser-
massen des umgekehrten Fehlers schuldig machen.
Gar nicht zu rechtfertigen ist aber die Pluralform der Kopula. „2 und
3“, verstanden als die Summe 2 + 3, ist eine einzige Zahl, und diese („sind“
nicht, sondern) „ist“ (gleich) 5. Will man im Plural sprechen, wie dies
als Bedürfniss erscheinen kann in dem Falle, wo die Zahlen „benannte“
sind, wie bei „2 Birnen und 3 Birnen“, so ist zu sagen: „sind zusammen
5 Birnen“, wofern man nicht vorzieht zu sagen: „gibt“ (oder „macht“)
5 Birnen.
Eine Ausdrucksweise aber, die, wie gezeigt, den Unterschied zwischen
Einzahl und Mehrzahl, kollektiver und genereller Deutung verwischt, kann
nur verwirrend auf die jungen Köpfe wirken. [Ebenso dulde der Lehrer
nicht, falls a und b Zahlen bedeuten, dass etwa der Schüler spreche, „a
sind gleich b“ — und dergleichen mehr.]
Sehr misslich erscheint es besonders, wenn das adjektivische (sog.
„unbestimmte“) Zahlwort „alle“ anstatt generell, einmal kollektiv ver-
wendet wird. Die lateinische hat in dieser Hinsicht schärfer unter-
schieden als die modernen Sprachen. Sie gebraucht generell nur
„omnes“, kollektiv dagegen „cuncti“ (zusammengezogen aus con-juncti, für
„alle zusammengenommen“, joined together). Wir haben im Deutschen
noch das Wort „sämtliche“, und wäre zu wünschen, dass dieses bislang
mit „alle“ synonyme Wort davon differenziirt und mit der gleichen
Konsequenz unterscheidend gebraucht würde. Vergl. einen in § 4 be-
sprochenen Fehlschluss.
Abgesehen von den erwähnten Fällen der Zusammenfassung auf-
gezählter Dinge und der in den Plural gesetzten Hauptwörter, wo ein
grammatikalischer Grund vorliegen kann, einen (einfachen oder zu-
sammengesetzten) Namen als „Kollektivnamen“ hinzustellen, ist die
*) Philosophen — ich könnte deren namhafte citiren — sollten derartige
Nachlässigkeiten des Ausdrucks sich am allerwenigsten zuschulden kommen lassen.
*) Philosophen — ich könnte deren namhafte citiren — sollten derartige
Nachlässigkeiten des Ausdrucks sich am allerwenigsten zuschulden kommen lassen.
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