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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Neunte Vorlesung.

Ebenso wie wir eben B) in A) transformirten, kann man auch um-
gekehrt den Ausdruck A) in den B) überführen, indem man -- die Glieder
des A) von rechts nach links durchgehend -- successive von der Erlaub-
niss Gebrauch macht, ein jedes Glied mit der Negation des ihm voran-
gehenden zu multipliziren.

Das gäbe nun die folgende Aufzählung: Frauen oder Mädchen,
dazu die Kinder männlichen Geschlechts (Knaben), sodann die greisen
Personen, welche männlichen Geschlechts "und keine Kinder" sind
(Greise), sodann die Verwundeten, welche nicht weiblichen Geschlechts,
auch keine Kinder und keine Greise sind, weiter die Kranken, welche
nicht weiblichen Geschlechts, keine Kinder, keine Greise und unver-
wundet sind, endlich die Deutschen, welche nicht weiblichen Geschlechts,
keine Kinder, keine Greise, unverwundet und gesund sind.

Nun lässt sich der Ausdruck ja allerdings noch in etwas verein-
fachen. Indem nämlich hier b c = 0 ist, d. h. es keine Kinder gibt,
die Greise sind, muss:
c b1 = b1 c + 0 = b1 c + b c = (b + b1) c = 1 · c = c
sein; es lässt sich also der Faktor b1 bei c unterdrücken, oder ist der
Zusatz "welche keine Kinder sind" bei den "Greisen" -- wie man ja
wol augenblicklich gesehen hat -- überflüssig.

Welcher Befehlshabende würde gleichwohl sich einer solchen
Pedanterie schuldig machen, wie sie auch der so vereinfachten letzten
Aussage noch anhaftet?! --

Man bemerke noch die Unsymmetrie des letzten Ausdruckes (B), die
Abhängigkeit seines Baues von der gewählten Reihenfolge der Glieder.
Nähme man die Glieder von A) in der umgekehrten Folge, z. B., so hätte
man, um nichts schon Aufgezähltes zu wiederholen, nunmehr zu sagen:
C) f + e f1 + d e1 f1 + c d1 e1 f1 + b c1 d1 e1 f1 + a b1 c1 d1 e1 f1
Und wollte man neben Erfüllung der Boole-Venn'schen Anforderung gar
noch die Symmetrie des Ausdrucks bezüglich aller sechs Terme von A)
wahren -- so, wie es Th. 33+) bezüglich der zwei ersten ermöglicht -- so
wären nicht weniger als dreiundsechzig Glieder anzusetzen, deren jedes aus
sechs Faktoren a oder a1, b oder b1, etc. bis f oder f1 bestünde, wie aus
späteren Untersuchungen erhellen wird.

d) Die vorstehenden Beispiele liefern Belege für eine sehr be-
merkenswerte Thatsache:

Etwas schon einmal Gesagtes zu wiederholen scheint auf den ersten
Blick eine Verschwendung zu sein an Zeit und Worten.

Die Beispiele thun aber dar, dass es sehr viel umständlicher wird,
den Wiederholungen konsequent aus dem Wege zu gehen, als sie sich
gelegentlich zu gestatten; sie zeigen, dass nur durch solche scheinbare

Neunte Vorlesung.

Ebenso wie wir eben B) in A) transformirten, kann man auch um-
gekehrt den Ausdruck A) in den B) überführen, indem man — die Glieder
des A) von rechts nach links durchgehend — successive von der Erlaub-
niss Gebrauch macht, ein jedes Glied mit der Negation des ihm voran-
gehenden zu multipliziren.

Das gäbe nun die folgende Aufzählung: Frauen oder Mädchen,
dazu die Kinder männlichen Geschlechts (Knaben), sodann die greisen
Personen, welche männlichen Geschlechts „und keine Kinder“ sind
(Greise), sodann die Verwundeten, welche nicht weiblichen Geschlechts,
auch keine Kinder und keine Greise sind, weiter die Kranken, welche
nicht weiblichen Geschlechts, keine Kinder, keine Greise und unver-
wundet sind, endlich die Deutschen, welche nicht weiblichen Geschlechts,
keine Kinder, keine Greise, unverwundet und gesund sind.

Nun lässt sich der Ausdruck ja allerdings noch in etwas verein-
fachen. Indem nämlich hier b c = 0 ist, d. h. es keine Kinder gibt,
die Greise sind, muss:
c b1 = b1 c + 0 = b1 c + b c = (b + b1) c = 1 · c = c
sein; es lässt sich also der Faktor b1 bei c unterdrücken, oder ist der
Zusatz „welche keine Kinder sind“ bei den „Greisen“ — wie man ja
wol augenblicklich gesehen hat — überflüssig.

Welcher Befehlshabende würde gleichwohl sich einer solchen
Pedanterie schuldig machen, wie sie auch der so vereinfachten letzten
Aussage noch anhaftet?! —

Man bemerke noch die Unsymmetrie des letzten Ausdruckes (B), die
Abhängigkeit seines Baues von der gewählten Reihenfolge der Glieder.
Nähme man die Glieder von A) in der umgekehrten Folge, z. B., so hätte
man, um nichts schon Aufgezähltes zu wiederholen, nunmehr zu sagen:
C) f + e f1 + d e1 f1 + c d1 e1 f1 + b c1 d1 e1 f1 + a b1 c1 d1 e1 f1
Und wollte man neben Erfüllung der Boole-Venn'schen Anforderung gar
noch die Symmetrie des Ausdrucks bezüglich aller sechs Terme von A)
wahren — so, wie es Th. 33+) bezüglich der zwei ersten ermöglicht — so
wären nicht weniger als dreiundsechzig Glieder anzusetzen, deren jedes aus
sechs Faktoren a oder a1, b oder b1, etc. bis f oder f1 bestünde, wie aus
späteren Untersuchungen erhellen wird.

δ) Die vorstehenden Beispiele liefern Belege für eine sehr be-
merkenswerte Thatsache:

Etwas schon einmal Gesagtes zu wiederholen scheint auf den ersten
Blick eine Verschwendung zu sein an Zeit und Worten.

Die Beispiele thun aber dar, dass es sehr viel umständlicher wird,
den Wiederholungen konsequent aus dem Wege zu gehen, als sie sich
gelegentlich zu gestatten; sie zeigen, dass nur durch solche scheinbare

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[368/0388] Neunte Vorlesung. Ebenso wie wir eben B) in A) transformirten, kann man auch um- gekehrt den Ausdruck A) in den B) überführen, indem man — die Glieder des A) von rechts nach links durchgehend — successive von der Erlaub- niss Gebrauch macht, ein jedes Glied mit der Negation des ihm voran- gehenden zu multipliziren. Das gäbe nun die folgende Aufzählung: Frauen oder Mädchen, dazu die Kinder männlichen Geschlechts (Knaben), sodann die greisen Personen, welche männlichen Geschlechts „und keine Kinder“ sind (Greise), sodann die Verwundeten, welche nicht weiblichen Geschlechts, auch keine Kinder und keine Greise sind, weiter die Kranken, welche nicht weiblichen Geschlechts, keine Kinder, keine Greise und unver- wundet sind, endlich die Deutschen, welche nicht weiblichen Geschlechts, keine Kinder, keine Greise, unverwundet und gesund sind. Nun lässt sich der Ausdruck ja allerdings noch in etwas verein- fachen. Indem nämlich hier b c = 0 ist, d. h. es keine Kinder gibt, die Greise sind, muss: c b1 = b1 c + 0 = b1 c + b c = (b + b1) c = 1 · c = c sein; es lässt sich also der Faktor b1 bei c unterdrücken, oder ist der Zusatz „welche keine Kinder sind“ bei den „Greisen“ — wie man ja wol augenblicklich gesehen hat — überflüssig. Welcher Befehlshabende würde gleichwohl sich einer solchen Pedanterie schuldig machen, wie sie auch der so vereinfachten letzten Aussage noch anhaftet?! — Man bemerke noch die Unsymmetrie des letzten Ausdruckes (B), die Abhängigkeit seines Baues von der gewählten Reihenfolge der Glieder. Nähme man die Glieder von A) in der umgekehrten Folge, z. B., so hätte man, um nichts schon Aufgezähltes zu wiederholen, nunmehr zu sagen: C) f + e f1 + d e1 f1 + c d1 e1 f1 + b c1 d1 e1 f1 + a b1 c1 d1 e1 f1 Und wollte man neben Erfüllung der Boole-Venn'schen Anforderung gar noch die Symmetrie des Ausdrucks bezüglich aller sechs Terme von A) wahren — so, wie es Th. 33+) bezüglich der zwei ersten ermöglicht — so wären nicht weniger als dreiundsechzig Glieder anzusetzen, deren jedes aus sechs Faktoren a oder a1, b oder b1, etc. bis f oder f1 bestünde, wie aus späteren Untersuchungen erhellen wird. δ) Die vorstehenden Beispiele liefern Belege für eine sehr be- merkenswerte Thatsache: Etwas schon einmal Gesagtes zu wiederholen scheint auf den ersten Blick eine Verschwendung zu sein an Zeit und Worten. Die Beispiele thun aber dar, dass es sehr viel umständlicher wird, den Wiederholungen konsequent aus dem Wege zu gehen, als sie sich gelegentlich zu gestatten; sie zeigen, dass nur durch solche scheinbare

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/388>, abgerufen am 22.11.2024.