Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite
§ 12. Prinzip zur Vertretung des unbeweisbaren Satzes.

Bevor wir weiterfahren sei die Gleichung 28x) auch für Klassen noch
durch ein Beispiel erläutert:

Die russischen oder europäischen Kapitalisten oder Kaufleute sind die
russischen Kapitalisten nebst den russischen Kaufleuten und den europäi-
schen Kapitalisten sowie den europäischen Kaufleuten.

Sobald wir nun uns auf 28x) berufen dürfen lässt sich die rechte
Seite von 27+) durch Ausmultipliziren wie folgt zerlegen:
(a + b) (a + c) = a a + a b + a c + b c,
und dies gibt nach Th. 14x)
= {(a + a b) + a c} + b c = {a + a c} + b c = a + b c,
indem der erste Term a a oder a nach 23+) die beiden zunächst ihm
folgenden successive "absorbirt".

Hiermit aber wird dann die Gleichung 27+) und damit auch die
kraft Def. (1) in ihr mitenthaltene Subsumtion 26+) bewiesen er-
scheinen.

Dem bisherigen genau dual entsprechend würde vermittelst 26+) auch
26x) sich ableiten lassen. Daher nun musste auch 26+) notwendig unbe-
weisbar sein, denn wenn für diese Subsumtion der Beweis gelänge, sc
wäre damit auch für die 26x) ein Beweis geliefert, was erwiesenermassen
unmöglich ist.

Keinesfalls werden wir also genötigt sein, die Sätze 26) alle beide
als Prinzipien hinzustellen.

Versuche, einen von ihnen etwa nach Hinzufügung der Def. (6)
der Negation mit ihrem zugehörigen Postulate zu beweisen, schlagen
ebenfalls fehl.

Dagegen brauchen wir blos einen speziellen Fall des einen, z. B.
von 26x) als Axiom oder Prinzip zu fordern, und zwar den folgenden.

Prinzip IIIx. Wenigstens, wenn [b c 0, somit auch] b c = 0 ist,
gilt sicher:
a (b + c) a b + a c.

Zusatz 1. Nach 25x) und Def. (1) gilt dann auch die Gleichung:
a (b + c) = a b + a c
vorerst unter der einschränkenden Voraussetzung, dass b c = 0 sei.

Zusatz 2. Von zweien ist der Satz leicht auf drei und mehr
Glieder auszudehnen, vorerst unter der entsprechenden Voraussetzung,
dass deren Produkte zu je zweien gleich 0 seien. So muss nament-
lich sein:
a (b + c + d) = a b + a c + a d,

§ 12. Prinzip zur Vertretung des unbeweisbaren Satzes.

Bevor wir weiterfahren sei die Gleichung 28×) auch für Klassen noch
durch ein Beispiel erläutert:

Die russischen oder europäischen Kapitalisten oder Kaufleute sind die
russischen Kapitalisten nebst den russischen Kaufleuten und den europäi-
schen Kapitalisten sowie den europäischen Kaufleuten.

Sobald wir nun uns auf 28×) berufen dürfen lässt sich die rechte
Seite von 27+) durch Ausmultipliziren wie folgt zerlegen:
(a + b) (a + c) = a a + a b + a c + b c,
und dies gibt nach Th. 14×)
= {(a + a b) + a c} + b c = {a + a c} + b c = a + b c,
indem der erste Term a a oder a nach 23+) die beiden zunächst ihm
folgenden successive „absorbirt“.

Hiermit aber wird dann die Gleichung 27+) und damit auch die
kraft Def. (1) in ihr mitenthaltene Subsumtion 26+) bewiesen er-
scheinen.

Dem bisherigen genau dual entsprechend würde vermittelst 26+) auch
26×) sich ableiten lassen. Daher nun musste auch 26+) notwendig unbe-
weisbar sein, denn wenn für diese Subsumtion der Beweis gelänge, sc
wäre damit auch für die 26×) ein Beweis geliefert, was erwiesenermassen
unmöglich ist.

Keinesfalls werden wir also genötigt sein, die Sätze 26) alle beide
als Prinzipien hinzustellen.

Versuche, einen von ihnen etwa nach Hinzufügung der Def. (6)
der Negation mit ihrem zugehörigen Postulate zu beweisen, schlagen
ebenfalls fehl.

Dagegen brauchen wir blos einen speziellen Fall des einen, z. B.
von 26×) als Axiom oder Prinzip zu fordern, und zwar den folgenden.

Prinzip III×. Wenigstens, wenn [b c ⋹ 0, somit auch] b c = 0 ist,
gilt sicher:
a (b + c) ⋹ a b + a c.

Zusatz 1. Nach 25×) und Def. (1) gilt dann auch die Gleichung:
a (b + c) = a b + a c
vorerst unter der einschränkenden Voraussetzung, dass b c = 0 sei.

Zusatz 2. Von zweien ist der Satz leicht auf drei und mehr
Glieder auszudehnen, vorerst unter der entsprechenden Voraussetzung,
dass deren Produkte zu je zweien gleich 0 seien. So muss nament-
lich sein:
a (b + c + d) = a b + a c + a d,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0313" n="293"/>
          <fw place="top" type="header">§ 12. Prinzip zur Vertretung des unbeweisbaren Satzes.</fw><lb/>
          <p>Bevor wir weiterfahren sei die Gleichung 28<hi rendition="#sub">×</hi>) auch für Klassen noch<lb/>
durch ein Beispiel erläutert:</p><lb/>
          <p>Die russischen oder europäischen Kapitalisten oder Kaufleute sind die<lb/>
russischen Kapitalisten nebst den russischen Kaufleuten und den europäi-<lb/>
schen Kapitalisten sowie den europäischen Kaufleuten.</p><lb/>
          <p>Sobald wir nun uns auf 28<hi rendition="#sub">×</hi>) berufen dürfen lässt sich die rechte<lb/>
Seite von 27<hi rendition="#sub">+</hi>) durch Ausmultipliziren wie folgt zerlegen:<lb/><hi rendition="#c">(<hi rendition="#i">a</hi> + <hi rendition="#i">b</hi>) (<hi rendition="#i">a</hi> + <hi rendition="#i">c</hi>) = <hi rendition="#i">a a</hi> + <hi rendition="#i">a b</hi> + <hi rendition="#i">a c</hi> + <hi rendition="#i">b c</hi>,</hi><lb/>
und dies gibt nach Th. 14<hi rendition="#sub">×</hi>)<lb/><hi rendition="#c">= {(<hi rendition="#i">a</hi> + <hi rendition="#i">a b</hi>) + <hi rendition="#i">a c</hi>} + <hi rendition="#i">b c</hi> = {<hi rendition="#i">a</hi> + <hi rendition="#i">a c</hi>} + <hi rendition="#i">b c</hi> = <hi rendition="#i">a</hi> + <hi rendition="#i">b c</hi>,</hi><lb/>
indem der erste Term <hi rendition="#i">a a</hi> oder <hi rendition="#i">a</hi> nach 23<hi rendition="#sub">+</hi>) die beiden zunächst ihm<lb/>
folgenden successive &#x201E;absorbirt&#x201C;.</p><lb/>
          <p>Hiermit aber wird dann die Gleichung 27<hi rendition="#sub">+</hi>) und damit auch die<lb/>
kraft Def. (1) in ihr mitenthaltene Subsumtion 26<hi rendition="#sub">+</hi>) bewiesen er-<lb/>
scheinen.</p><lb/>
          <p>Dem bisherigen genau dual entsprechend würde vermittelst 26<hi rendition="#sub">+</hi>) auch<lb/>
26<hi rendition="#sub">×</hi>) sich ableiten lassen. Daher nun musste auch 26<hi rendition="#sub">+</hi>) notwendig unbe-<lb/>
weisbar sein, denn wenn für diese Subsumtion der Beweis gelänge, sc<lb/>
wäre damit auch für die 26<hi rendition="#sub">×</hi>) ein Beweis geliefert, was erwiesenermassen<lb/>
unmöglich ist.</p><lb/>
          <p>Keinesfalls werden wir also genötigt sein, die Sätze 26) <hi rendition="#i">alle beide</hi><lb/>
als Prinzipien hinzustellen.</p><lb/>
          <p>Versuche, einen von ihnen etwa <hi rendition="#i">nach</hi> Hinzufügung der Def. (6)<lb/>
der Negation mit ihrem zugehörigen Postulate zu beweisen, schlagen<lb/>
ebenfalls fehl.</p><lb/>
          <p>Dagegen brauchen wir blos einen speziellen Fall des einen, z. B.<lb/>
von 26<hi rendition="#sub">×</hi>) als Axiom oder Prinzip zu fordern, und zwar den folgenden.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Prinzip</hi> III<hi rendition="#sub">×</hi>. <hi rendition="#i">Wenigstens</hi>, <hi rendition="#i">wenn</hi> [<hi rendition="#i">b c</hi> &#x22F9; 0, somit auch] <hi rendition="#i">b c</hi> = 0 <hi rendition="#i">ist</hi>,<lb/><hi rendition="#i">gilt sicher:</hi><lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">a</hi> (<hi rendition="#i">b</hi> + <hi rendition="#i">c</hi>) &#x22F9; <hi rendition="#i">a b</hi> + <hi rendition="#i">a c</hi>.</hi></p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Zusatz</hi> 1. Nach 25<hi rendition="#sub">×</hi>) und Def. (1) gilt dann auch die Gleichung:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">a</hi> (<hi rendition="#i">b</hi> + <hi rendition="#i">c</hi>) = <hi rendition="#i">a b</hi> + <hi rendition="#i">a c</hi></hi><lb/>
vorerst unter der einschränkenden Voraussetzung, dass <hi rendition="#i">b c</hi> = 0 sei.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Zusatz</hi> 2. Von zweien ist der Satz leicht auf drei und mehr<lb/>
Glieder auszudehnen, vorerst unter der entsprechenden Voraussetzung,<lb/>
dass deren Produkte zu je zweien gleich 0 seien. So muss nament-<lb/>
lich sein:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">a</hi> (<hi rendition="#i">b</hi> + <hi rendition="#i">c</hi> + <hi rendition="#i">d</hi>) = <hi rendition="#i">a b</hi> + <hi rendition="#i">a c</hi> + <hi rendition="#i">a d</hi>,</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0313] § 12. Prinzip zur Vertretung des unbeweisbaren Satzes. Bevor wir weiterfahren sei die Gleichung 28×) auch für Klassen noch durch ein Beispiel erläutert: Die russischen oder europäischen Kapitalisten oder Kaufleute sind die russischen Kapitalisten nebst den russischen Kaufleuten und den europäi- schen Kapitalisten sowie den europäischen Kaufleuten. Sobald wir nun uns auf 28×) berufen dürfen lässt sich die rechte Seite von 27+) durch Ausmultipliziren wie folgt zerlegen: (a + b) (a + c) = a a + a b + a c + b c, und dies gibt nach Th. 14×) = {(a + a b) + a c} + b c = {a + a c} + b c = a + b c, indem der erste Term a a oder a nach 23+) die beiden zunächst ihm folgenden successive „absorbirt“. Hiermit aber wird dann die Gleichung 27+) und damit auch die kraft Def. (1) in ihr mitenthaltene Subsumtion 26+) bewiesen er- scheinen. Dem bisherigen genau dual entsprechend würde vermittelst 26+) auch 26×) sich ableiten lassen. Daher nun musste auch 26+) notwendig unbe- weisbar sein, denn wenn für diese Subsumtion der Beweis gelänge, sc wäre damit auch für die 26×) ein Beweis geliefert, was erwiesenermassen unmöglich ist. Keinesfalls werden wir also genötigt sein, die Sätze 26) alle beide als Prinzipien hinzustellen. Versuche, einen von ihnen etwa nach Hinzufügung der Def. (6) der Negation mit ihrem zugehörigen Postulate zu beweisen, schlagen ebenfalls fehl. Dagegen brauchen wir blos einen speziellen Fall des einen, z. B. von 26×) als Axiom oder Prinzip zu fordern, und zwar den folgenden. Prinzip III×. Wenigstens, wenn [b c ⋹ 0, somit auch] b c = 0 ist, gilt sicher: a (b + c) ⋹ a b + a c. Zusatz 1. Nach 25×) und Def. (1) gilt dann auch die Gleichung: a (b + c) = a b + a c vorerst unter der einschränkenden Voraussetzung, dass b c = 0 sei. Zusatz 2. Von zweien ist der Satz leicht auf drei und mehr Glieder auszudehnen, vorerst unter der entsprechenden Voraussetzung, dass deren Produkte zu je zweien gleich 0 seien. So muss nament- lich sein: a (b + c + d) = a b + a c + a d,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/313
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/313>, abgerufen am 27.11.2024.