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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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§ 5. Produkt und Summe.

Die ganz wenigen und unbedeutenden Wiederholungen, zu denen uns
die befolgte Taktik nötigt, mögen entschuldigt sein mit dem Hinweis, dass
man eben beim Gehen zuweilen auch den Blick vorauseilen lassen muss
nach Punkten hin, zu welchen selbst man erst etwas später gelangt.

6) Theorem. Die beiden Subsumtionen

6x) a b a, a b b6+) a a + b, b a + b
gelten für alle denkbaren Werte von a und b, sie gelten als allgemeine
Formeln
.

Beweis. Nach Prinzip I müssen wir zugeben, dass
a)

Ix. a b a b.I+. a + b a + b.

Dies ist zunächst zweifellos, wenn a und b wirkliche Gebiete vor-
stellen, weil wir ja für alle denkbaren Gebiete den Satz I als Grund-
satz angenommen haben.

Führen wir zuvörderst unter dieser Annahme unsern Beweis
zu Ende.

Wenn man nun in vorstehender Subsumtion a)

das ab linkerhanddas a + b rechterhand
mit dem c in (3x)'' resp. (3+)'' identifizirt, d. h. sich ebendieses
Gebiet unter dem dortigen c vorstellt, so erkennt man, dass die Sub-
sumtion a) nach (3)'' nichts anderes aussagt, als dass zugleich
a b a, a b ba a + b, b a + b
ist, wie zu beweisen war.

Sollte es nun aber kein eigentliches Gebiet geben, welches unter
dem Symbol

a ba + b
zu verstehen wäre -- eine Frage, deren völlige Erörterung wir bewusst
auf eine spätere Stelle im System der Theorie verlegten, so ist folgendes
zu bemerken.

Wir nehmen den Satz der Identität "a ist a" nicht blos für die
Gebiete -- etwa unsrer "bevorzugten" speziellen Mannigfaltigkeit --
sondern wir nehmen ihn auch für diejenigen jeder denkbaren Mannig-
faltigkeit, ja sogar für alles zu denken Mögliche überhaupt in Anspruch.
Auch für irgendwelche Klassen von irgendwelchen Individuen muss er
anerkannt werden. Jedes Ding oder Objekt des Denkens ist es selber,
ist das, was es ist.

Wir dürfen demnach verlangen, dass unser Prinzip I auch für
Namen anerkannt werde, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dieselben
einen Sinn haben, oder nicht. Dasselbe gilt uns auch für sinnlose

§ 5. Produkt und Summe.

Die ganz wenigen und unbedeutenden Wiederholungen, zu denen uns
die befolgte Taktik nötigt, mögen entschuldigt sein mit dem Hinweis, dass
man eben beim Gehen zuweilen auch den Blick vorauseilen lassen muss
nach Punkten hin, zu welchen selbst man erst etwas später gelangt.

6) Theorem. Die beiden Subsumtionen

6×) a ba, a bb6+) aa + b, ba + b
gelten für alle denkbaren Werte von a und b, sie gelten als allgemeine
Formeln
.

Beweis. Nach Prinzip I müssen wir zugeben, dass
α)

I×. a ba b.I+. a + ba + b.

Dies ist zunächst zweifellos, wenn a und b wirkliche Gebiete vor-
stellen, weil wir ja für alle denkbaren Gebiete den Satz I als Grund-
satz angenommen haben.

Führen wir zuvörderst unter dieser Annahme unsern Beweis
zu Ende.

Wenn man nun in vorstehender Subsumtion α)

das ab linkerhanddas a + b rechterhand
mit dem c in (3×)'' resp. (3+)'' identifizirt, d. h. sich ebendieses
Gebiet unter dem dortigen c vorstellt, so erkennt man, dass die Sub-
sumtion α) nach (3)'' nichts anderes aussagt, als dass zugleich
a ba, a bbaa + b, ba + b
ist, wie zu beweisen war.

Sollte es nun aber kein eigentliches Gebiet geben, welches unter
dem Symbol

a ba + b
zu verstehen wäre — eine Frage, deren völlige Erörterung wir bewusst
auf eine spätere Stelle im System der Theorie verlegten, so ist folgendes
zu bemerken.

Wir nehmen den Satz der Identität „a ist a“ nicht blos für die
Gebiete — etwa unsrer „bevorzugten“ speziellen Mannigfaltigkeit —
sondern wir nehmen ihn auch für diejenigen jeder denkbaren Mannig-
faltigkeit, ja sogar für alles zu denken Mögliche überhaupt in Anspruch.
Auch für irgendwelche Klassen von irgendwelchen Individuen muss er
anerkannt werden. Jedes Ding oder Objekt des Denkens ist es selber,
ist das, was es ist.

Wir dürfen demnach verlangen, dass unser Prinzip I auch für
Namen anerkannt werde, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dieselben
einen Sinn haben, oder nicht. Dasselbe gilt uns auch für sinnlose

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[199/0219] § 5. Produkt und Summe. Die ganz wenigen und unbedeutenden Wiederholungen, zu denen uns die befolgte Taktik nötigt, mögen entschuldigt sein mit dem Hinweis, dass man eben beim Gehen zuweilen auch den Blick vorauseilen lassen muss nach Punkten hin, zu welchen selbst man erst etwas später gelangt. 6) Theorem. Die beiden Subsumtionen 6×) a b ⋹ a, a b ⋹ b 6+) a ⋹ a + b, b ⋹ a + b gelten für alle denkbaren Werte von a und b, sie gelten als allgemeine Formeln. Beweis. Nach Prinzip I müssen wir zugeben, dass α) I×. a b ⋹ a b. I+. a + b ⋹ a + b. Dies ist zunächst zweifellos, wenn a und b wirkliche Gebiete vor- stellen, weil wir ja für alle denkbaren Gebiete den Satz I als Grund- satz angenommen haben. Führen wir zuvörderst unter dieser Annahme unsern Beweis zu Ende. Wenn man nun in vorstehender Subsumtion α) das ab linkerhand das a + b rechterhand mit dem c in (3×)'' resp. (3+)'' identifizirt, d. h. sich ebendieses Gebiet unter dem dortigen c vorstellt, so erkennt man, dass die Sub- sumtion α) nach (3)'' nichts anderes aussagt, als dass zugleich a b ⋹ a, a b ⋹ b a ⋹ a + b, b ⋹ a + b ist, wie zu beweisen war. Sollte es nun aber kein eigentliches Gebiet geben, welches unter dem Symbol a b a + b zu verstehen wäre — eine Frage, deren völlige Erörterung wir bewusst auf eine spätere Stelle im System der Theorie verlegten, so ist folgendes zu bemerken. Wir nehmen den Satz der Identität „a ist a“ nicht blos für die Gebiete — etwa unsrer „bevorzugten“ speziellen Mannigfaltigkeit — sondern wir nehmen ihn auch für diejenigen jeder denkbaren Mannig- faltigkeit, ja sogar für alles zu denken Mögliche überhaupt in Anspruch. Auch für irgendwelche Klassen von irgendwelchen Individuen muss er anerkannt werden. Jedes Ding oder Objekt des Denkens ist es selber, ist das, was es ist. Wir dürfen demnach verlangen, dass unser Prinzip I auch für Namen anerkannt werde, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dieselben einen Sinn haben, oder nicht. Dasselbe gilt uns auch für sinnlose

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/219>, abgerufen am 27.04.2024.