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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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§ 1. Subsumtion.

Im Hinblick auf diesen Inhalt der Begriffe, d. i. ihr eigentliches
Wesen, müsste man also die Beziehung zwischen Gold und Metall gerade
umgekehrt, wie oben, schreiben, in Gestalt von:
Inhalt des Begriffes Gold Inhalt des Begriffes Metall
-- so wenigstens, wenn man die geschilderte mnemonische Interpretation
des Beziehungszeichens beibehalten will.

Statt das frühere Zeichen hier beizubehalten wäre nur angängig,
wenn man diesem eine andere (ebenfalls mnemonische) Deutung geben,
dasselbe nämlich dahin auslegen wollte, als ob mittelst desselben das an
seinem Scheitel stehende Objekt sozusagen den Versuch machte, den An-
spruch erhöbe, (mit den ausgebreiteten Armen des Zeichens) das andere
Objekt zu umfassen, dasselbe in sich einzuschliessen. Diese Einschliessung
als eine vollendete auch äusserlich zur Darstellung zu bringen, indem man
etwa den Namen des eingeschlossenen Objektes in den des einschliessenden
hineinsetzte, ist aus typographischen Gründen nicht angängig.

Die in unserm Beispiel bestehende Beziehung zwischen Gold und
Metall, die wir also im Hinblick auf die zugehörigen "Klassen" oder
"Umfänge" der gleichnamigen Begriffe vermittelst der Formel
Gold Metall
darzustellen fortfahren, ist wesentlich dieselbe Beziehung, welche über-
haupt zwischen einer "Art" und der ihr übergeordneten "Gattung" be-
steht, desgleichen zwischen einem "Individuum" und einer "Art", zu
der dies Individuum nebst noch andern Individuen gehörte. Es ist
im allgemeinen:

die Art ihrer Gattung, das Individuum seiner Art,
die Gattung einer ihrer Arten, die Art einem ihrer Individuen.

Bei Art und Gattung ist der engere oder Artbegriff zugleich der
inhaltsreichere, der weitere oder Gattungsbegriff aber der inhaltsärmere.
Und dasselbe lässt sich auch aufrecht erhalten in Bezug auf ein "In-
dividuum" und die demselben übergeordnete "Art", indem man ja unter
dem "Begriffe" des gedachten Individuums nichts anderes als dessen
(Einzel-) Vorstellung selbst versteht, nämlich die Gesamtheit aller seiner
Merkmale. Als Beispiel sei angeführt: "Die Erde ist ein Planet",
was mit
Erde Planet
darzustellen ist. Wieder enthält der "Begriff" der "Erde" neben vielen
eigentümlichen Merkmalen auch alle Merkmale des Begriffes "Planet".

Nachdem wir nun für unsre beiden Musterbeispiele, die "typischen"
Exempel von kategorischen Urteilen auf S. 127, den Unterschied, Gegen-
satz hervorgehoben, welcher in den Beziehungen zwischen Subjekt und
Prädikat bei ihnen zutage tritt, und uns diese Beziehungen in ihrer

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§ 1. Subsumtion.

Im Hinblick auf diesen Inhalt der Begriffe, d. i. ihr eigentliches
Wesen, müsste man also die Beziehung zwischen Gold und Metall gerade
umgekehrt, wie oben, schreiben, in Gestalt von:
Inhalt des Begriffes GoldInhalt des Begriffes Metall
— so wenigstens, wenn man die geschilderte mnemonische Interpretation
des Beziehungszeichens beibehalten will.

Statt ⊃ das frühere Zeichen ⊂ hier beizubehalten wäre nur angängig,
wenn man diesem eine andere (ebenfalls mnemonische) Deutung geben,
dasselbe nämlich dahin auslegen wollte, als ob mittelst desselben das an
seinem Scheitel stehende Objekt sozusagen den Versuch machte, den An-
spruch erhöbe, (mit den ausgebreiteten Armen des Zeichens) das andere
Objekt zu umfassen, dasselbe in sich einzuschliessen. Diese Einschliessung
als eine vollendete auch äusserlich zur Darstellung zu bringen, indem man
etwa den Namen des eingeschlossenen Objektes in den des einschliessenden
hineinsetzte, ist aus typographischen Gründen nicht angängig.

Die in unserm Beispiel bestehende Beziehung zwischen Gold und
Metall, die wir also im Hinblick auf die zugehörigen „Klassen“ oder
„Umfänge“ der gleichnamigen Begriffe vermittelst der Formel
Gold ⊂ Metall
darzustellen fortfahren, ist wesentlich dieselbe Beziehung, welche über-
haupt zwischen einer „Art“ und der ihr übergeordneten „Gattung“ be-
steht, desgleichen zwischen einem „Individuum“ und einer „Art“, zu
der dies Individuum nebst noch andern Individuen gehörte. Es ist
im allgemeinen:

die Art ⊂ ihrer Gattung, das Individuum ⊂ seiner Art,
die Gattung ⊃ einer ihrer Arten, die Art ⊃ einem ihrer Individuen.

Bei Art und Gattung ist der engere oder Artbegriff zugleich der
inhaltsreichere, der weitere oder Gattungsbegriff aber der inhaltsärmere.
Und dasselbe lässt sich auch aufrecht erhalten in Bezug auf ein „In-
dividuum“ und die demselben übergeordnete „Art“, indem man ja unter
dem „Begriffe“ des gedachten Individuums nichts anderes als dessen
(Einzel-) Vorstellung selbst versteht, nämlich die Gesamtheit aller seiner
Merkmale. Als Beispiel sei angeführt: „Die Erde ist ein Planet“,
was mit
Erde ⊂ Planet
darzustellen ist. Wieder enthält der „Begriff“ der „Erde“ neben vielen
eigentümlichen Merkmalen auch alle Merkmale des Begriffes „Planet“.

Nachdem wir nun für unsre beiden Musterbeispiele, die „typischen“
Exempel von kategorischen Urteilen auf S. 127, den Unterschied, Gegen-
satz hervorgehoben, welcher in den Beziehungen zwischen Subjekt und
Prädikat bei ihnen zutage tritt, und uns diese Beziehungen in ihrer

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[131/0151] § 1. Subsumtion. Im Hinblick auf diesen Inhalt der Begriffe, d. i. ihr eigentliches Wesen, müsste man also die Beziehung zwischen Gold und Metall gerade umgekehrt, wie oben, schreiben, in Gestalt von: Inhalt des Begriffes Gold ⊃ Inhalt des Begriffes Metall — so wenigstens, wenn man die geschilderte mnemonische Interpretation des Beziehungszeichens beibehalten will. Statt ⊃ das frühere Zeichen ⊂ hier beizubehalten wäre nur angängig, wenn man diesem eine andere (ebenfalls mnemonische) Deutung geben, dasselbe nämlich dahin auslegen wollte, als ob mittelst desselben das an seinem Scheitel stehende Objekt sozusagen den Versuch machte, den An- spruch erhöbe, (mit den ausgebreiteten Armen des Zeichens) das andere Objekt zu umfassen, dasselbe in sich einzuschliessen. Diese Einschliessung als eine vollendete auch äusserlich zur Darstellung zu bringen, indem man etwa den Namen des eingeschlossenen Objektes in den des einschliessenden hineinsetzte, ist aus typographischen Gründen nicht angängig. Die in unserm Beispiel bestehende Beziehung zwischen Gold und Metall, die wir also im Hinblick auf die zugehörigen „Klassen“ oder „Umfänge“ der gleichnamigen Begriffe vermittelst der Formel Gold ⊂ Metall darzustellen fortfahren, ist wesentlich dieselbe Beziehung, welche über- haupt zwischen einer „Art“ und der ihr übergeordneten „Gattung“ be- steht, desgleichen zwischen einem „Individuum“ und einer „Art“, zu der dies Individuum nebst noch andern Individuen gehörte. Es ist im allgemeinen: die Art ⊂ ihrer Gattung, das Individuum ⊂ seiner Art, die Gattung ⊃ einer ihrer Arten, die Art ⊃ einem ihrer Individuen. Bei Art und Gattung ist der engere oder Artbegriff zugleich der inhaltsreichere, der weitere oder Gattungsbegriff aber der inhaltsärmere. Und dasselbe lässt sich auch aufrecht erhalten in Bezug auf ein „In- dividuum“ und die demselben übergeordnete „Art“, indem man ja unter dem „Begriffe“ des gedachten Individuums nichts anderes als dessen (Einzel-) Vorstellung selbst versteht, nämlich die Gesamtheit aller seiner Merkmale. Als Beispiel sei angeführt: „Die Erde ist ein Planet“, was mit Erde ⊂ Planet darzustellen ist. Wieder enthält der „Begriff“ der „Erde“ neben vielen eigentümlichen Merkmalen auch alle Merkmale des Begriffes „Planet“. Nachdem wir nun für unsre beiden Musterbeispiele, die „typischen“ Exempel von kategorischen Urteilen auf S. 127, den Unterschied, Gegen- satz hervorgehoben, welcher in den Beziehungen zwischen Subjekt und Prädikat bei ihnen zutage tritt, und uns diese Beziehungen in ihrer 9*

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/151>, abgerufen am 27.04.2024.