Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Als ich in den Hof hinab stieg, kam mir Max entgegen, der schon vom Felde zurückkehrte. Er grüßte mich recht munter, und da ich fragte, wo er hingehe, antwortete er offen, er wolle sehen, wie Gretchen geschlafen habe. -- O, sehr gut, erwiderte ich, grüße sie von mir; und nachdem ich mich auf meinen Gaul geschwungen, ritt ich zum Thore hinaus.

Der schöne Morgen und die Heuernte, obschon sich das Volk rüstig genug dazu anstellte, wollten keine rechte Wirkung auf mich thun. Ich ließ mein Roß ziemlich zerstreut und nachlässig gegen den Wald hinschlendern, als mir der Oberförster aufstieß und mich durch einen wackeren Waidmannsgruß aus meiner Träumerei weckte. Er fragte mich nach Gretchens Befinden; denn er hatte das Mädchen während meiner Abwesenheit kennen gelernt, und ihren gestrigen Unfall erfahren. Der gute Max, sagte er, muß außer sich gewesen sein; denn ich habe wohl gemerkt, daß die jungen Leute einander lieb haben.
-- Das ist natürlich! erwiderte ich schnell. -- Ja wohl! war seine Antwort. Da sollten Sie ein Einsehen haben, Herr Brink, und ein Paar aus den hübschen Kindern machen. Mamsell Berger ist ganz dazu geschaffen, die Frau eines braven Forstmannes zu werden.
-- So? sagt' ich. -- Ja, ja! erwiderte er lachend; ich habe sie vorgestern Abends eine ganze Stunde examinirt und mich an ihren kunstfertigen Antworten recht ergötzt. Sie könnte zur Noth selbst einem kleinen Forste vorstehen. Und das Mädchen ist guter Leute Kind,

Als ich in den Hof hinab stieg, kam mir Max entgegen, der schon vom Felde zurückkehrte. Er grüßte mich recht munter, und da ich fragte, wo er hingehe, antwortete er offen, er wolle sehen, wie Gretchen geschlafen habe. — O, sehr gut, erwiderte ich, grüße sie von mir; und nachdem ich mich auf meinen Gaul geschwungen, ritt ich zum Thore hinaus.

Der schöne Morgen und die Heuernte, obschon sich das Volk rüstig genug dazu anstellte, wollten keine rechte Wirkung auf mich thun. Ich ließ mein Roß ziemlich zerstreut und nachlässig gegen den Wald hinschlendern, als mir der Oberförster aufstieß und mich durch einen wackeren Waidmannsgruß aus meiner Träumerei weckte. Er fragte mich nach Gretchens Befinden; denn er hatte das Mädchen während meiner Abwesenheit kennen gelernt, und ihren gestrigen Unfall erfahren. Der gute Max, sagte er, muß außer sich gewesen sein; denn ich habe wohl gemerkt, daß die jungen Leute einander lieb haben.
— Das ist natürlich! erwiderte ich schnell. — Ja wohl! war seine Antwort. Da sollten Sie ein Einsehen haben, Herr Brink, und ein Paar aus den hübschen Kindern machen. Mamsell Berger ist ganz dazu geschaffen, die Frau eines braven Forstmannes zu werden.
— So? sagt' ich. — Ja, ja! erwiderte er lachend; ich habe sie vorgestern Abends eine ganze Stunde examinirt und mich an ihren kunstfertigen Antworten recht ergötzt. Sie könnte zur Noth selbst einem kleinen Forste vorstehen. Und das Mädchen ist guter Leute Kind,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="17">
        <p><pb facs="#f0086"/>
Als ich in den Hof hinab stieg, kam mir Max entgegen, der schon vom Felde                zurückkehrte. Er grüßte mich recht munter, und da ich fragte, wo er hingehe,                antwortete er offen, er wolle sehen, wie Gretchen geschlafen habe. &#x2014; O, sehr gut,                erwiderte ich, grüße sie von mir; und nachdem ich mich auf meinen Gaul geschwungen,                ritt ich zum Thore hinaus.</p><lb/>
        <p>Der schöne Morgen und die Heuernte, obschon sich das Volk rüstig genug dazu                anstellte, wollten keine rechte Wirkung auf mich thun. Ich ließ mein Roß ziemlich                zerstreut und nachlässig gegen den Wald hinschlendern, als mir der Oberförster                aufstieß und mich durch einen wackeren Waidmannsgruß aus meiner Träumerei weckte. Er                fragte mich nach Gretchens Befinden; denn er hatte das Mädchen während meiner                Abwesenheit kennen gelernt, und ihren gestrigen Unfall erfahren. Der gute Max, sagte                er, muß außer sich gewesen sein; denn ich habe wohl gemerkt, daß die jungen Leute                einander lieb haben.<lb/>
&#x2014; Das ist natürlich! erwiderte ich schnell. &#x2014; Ja wohl! war seine Antwort. Da sollten                Sie ein Einsehen haben, Herr Brink, und ein Paar aus den hübschen Kindern machen.                Mamsell Berger ist ganz dazu geschaffen, die Frau eines braven Forstmannes zu                werden.<lb/>
&#x2014; So? sagt' ich. &#x2014; Ja, ja! erwiderte er lachend; ich habe sie vorgestern Abends eine                ganze Stunde examinirt und mich an ihren kunstfertigen Antworten recht ergötzt. Sie                könnte zur Noth selbst einem kleinen Forste vorstehen. Und das Mädchen ist guter                Leute Kind,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0086] Als ich in den Hof hinab stieg, kam mir Max entgegen, der schon vom Felde zurückkehrte. Er grüßte mich recht munter, und da ich fragte, wo er hingehe, antwortete er offen, er wolle sehen, wie Gretchen geschlafen habe. — O, sehr gut, erwiderte ich, grüße sie von mir; und nachdem ich mich auf meinen Gaul geschwungen, ritt ich zum Thore hinaus. Der schöne Morgen und die Heuernte, obschon sich das Volk rüstig genug dazu anstellte, wollten keine rechte Wirkung auf mich thun. Ich ließ mein Roß ziemlich zerstreut und nachlässig gegen den Wald hinschlendern, als mir der Oberförster aufstieß und mich durch einen wackeren Waidmannsgruß aus meiner Träumerei weckte. Er fragte mich nach Gretchens Befinden; denn er hatte das Mädchen während meiner Abwesenheit kennen gelernt, und ihren gestrigen Unfall erfahren. Der gute Max, sagte er, muß außer sich gewesen sein; denn ich habe wohl gemerkt, daß die jungen Leute einander lieb haben. — Das ist natürlich! erwiderte ich schnell. — Ja wohl! war seine Antwort. Da sollten Sie ein Einsehen haben, Herr Brink, und ein Paar aus den hübschen Kindern machen. Mamsell Berger ist ganz dazu geschaffen, die Frau eines braven Forstmannes zu werden. — So? sagt' ich. — Ja, ja! erwiderte er lachend; ich habe sie vorgestern Abends eine ganze Stunde examinirt und mich an ihren kunstfertigen Antworten recht ergötzt. Sie könnte zur Noth selbst einem kleinen Forste vorstehen. Und das Mädchen ist guter Leute Kind,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:30:04Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:30:04Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/86
Zitationshilfe: Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/86>, abgerufen am 24.11.2024.