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Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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nach Hause, Max! -- Ohne Widerrede ging er, unsern Kutscher zu suchen, und lies sein Pferd vorführen. Ich stieg mit Gretchen in die Kalesche, und stiller, als nach so lebhaften Eindrücken zu vermuthen war, kamen wir vom Kirchweihfeste wieder auf meinem Landhause an.

15.

Es ist natürlich, sagte ich mir selbst, als ich Nachts allein auf meinem Zimmer war, daß die jungen Leute Gefallen an einander finden. Liebe kann noch nicht im Spiele sein, aber es würde geschehen, wenn es so fortginge; auch das ist natürlich. -- Du mußt ein Ende machen, Samuel, ohne weitern Verzug. Die Unbestimmtheit der Verhältnisse taugt überall nicht. ¬¬-- Sie ist dir gut; Dankbarkeit und Pflicht werden der Neigung zu Hülfe kommen und gegen diese dreifache Schutzwehr wird flüchtiger Geschmack, eine Regung der unverwahrten Sinne kaum anzukämpfen wagen. -- Mach ein Ende Samuel! du hast dich lange genug besonnen.

Am andern Morgen befahl ich Paul, Anstalt zu machen, daß wir gleich nach Tische in die Stadt fahren könnten. Ich sah Gretchen den ganzen Vormittag nicht; sie hatte in der dem Wirthschaft zu thun. Max war auf dem Felde, wo der Anfang mit der Heuernte gemacht wurde. Bei Tisch erschien Gretchen allein. Ich fand sie so unbefangen als jemals, und vergaß über ihren heiteren Gesprächen beinahe den ernsthaften Zweck, der

nach Hause, Max! — Ohne Widerrede ging er, unsern Kutscher zu suchen, und lies sein Pferd vorführen. Ich stieg mit Gretchen in die Kalesche, und stiller, als nach so lebhaften Eindrücken zu vermuthen war, kamen wir vom Kirchweihfeste wieder auf meinem Landhause an.

15.

Es ist natürlich, sagte ich mir selbst, als ich Nachts allein auf meinem Zimmer war, daß die jungen Leute Gefallen an einander finden. Liebe kann noch nicht im Spiele sein, aber es würde geschehen, wenn es so fortginge; auch das ist natürlich. — Du mußt ein Ende machen, Samuel, ohne weitern Verzug. Die Unbestimmtheit der Verhältnisse taugt überall nicht. ¬¬— Sie ist dir gut; Dankbarkeit und Pflicht werden der Neigung zu Hülfe kommen und gegen diese dreifache Schutzwehr wird flüchtiger Geschmack, eine Regung der unverwahrten Sinne kaum anzukämpfen wagen. — Mach ein Ende Samuel! du hast dich lange genug besonnen.

Am andern Morgen befahl ich Paul, Anstalt zu machen, daß wir gleich nach Tische in die Stadt fahren könnten. Ich sah Gretchen den ganzen Vormittag nicht; sie hatte in der dem Wirthschaft zu thun. Max war auf dem Felde, wo der Anfang mit der Heuernte gemacht wurde. Bei Tisch erschien Gretchen allein. Ich fand sie so unbefangen als jemals, und vergaß über ihren heiteren Gesprächen beinahe den ernsthaften Zweck, der

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:30:04Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:30:04Z)

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Zitationshilfe: Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/72>, abgerufen am 04.05.2024.