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Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Kommen Sie, Mamsellchen! rief der Alte; wir wollen uns gleich nach Ihrem Koffer umsehen. -- Sie werden doch nicht böse, Herr, setzte er leise mit einer Schalksmiene hinzu, wenn auch ich ein wenig mit dem hübschen Mädchen charmire? -- Geh, Narr! sagte ich, ziemlich verdrießlich, daß der Alte meinen Empfindungen so nahe auf der Spur war.

Ich spazierte über den Hof zum Thor hinaus, um mich noch ein wenig im Freien zu ergehen. Es war inzwischen Nacht geworden. Der Arktur stand am nordwestlichen Himmel, im Zenith funkelte die Lyra, und ostwärts strahlte, wie zu ihr ausschwebend, der Adler. Aber vor mein Gemüth traten zwei milde Augensterne, und meine Blicke wandten sich von dem Glanz der Himmelslichter dem sanften Scheine des irdischen Gestirnes zu, das mir so unvermuthet aufgegangen war. Wie steht es mit dir, Samuel? sagte ich zu mir selbst. Bist du nicht zu Jahren gekommen und halb und halb ein Philosoph? Doch hier unten, wie dort oben, wirkt die Natur nach ihren ewigen, einfachen Gesetzen. Die Bahn der Gestirne altert nicht, eben so wenig der mächtige Trieb der Herzen. Was haben wir voraus mit unserer Erfahrung und Weisheit, als die Fähigkeit, unsere Wünsche und Neigungen früher zu verstehen und -- darüber zu lächeln? -- Bedenke deine Jahre, Samuel! bedenke deine Jahre!

Als ich langsam gegen das Posthaus zurückging, kam mir Paul daraus entgegen, um mir zu sagen, daß

Kommen Sie, Mamsellchen! rief der Alte; wir wollen uns gleich nach Ihrem Koffer umsehen. — Sie werden doch nicht böse, Herr, setzte er leise mit einer Schalksmiene hinzu, wenn auch ich ein wenig mit dem hübschen Mädchen charmire? — Geh, Narr! sagte ich, ziemlich verdrießlich, daß der Alte meinen Empfindungen so nahe auf der Spur war.

Ich spazierte über den Hof zum Thor hinaus, um mich noch ein wenig im Freien zu ergehen. Es war inzwischen Nacht geworden. Der Arktur stand am nordwestlichen Himmel, im Zenith funkelte die Lyra, und ostwärts strahlte, wie zu ihr ausschwebend, der Adler. Aber vor mein Gemüth traten zwei milde Augensterne, und meine Blicke wandten sich von dem Glanz der Himmelslichter dem sanften Scheine des irdischen Gestirnes zu, das mir so unvermuthet aufgegangen war. Wie steht es mit dir, Samuel? sagte ich zu mir selbst. Bist du nicht zu Jahren gekommen und halb und halb ein Philosoph? Doch hier unten, wie dort oben, wirkt die Natur nach ihren ewigen, einfachen Gesetzen. Die Bahn der Gestirne altert nicht, eben so wenig der mächtige Trieb der Herzen. Was haben wir voraus mit unserer Erfahrung und Weisheit, als die Fähigkeit, unsere Wünsche und Neigungen früher zu verstehen und — darüber zu lächeln? — Bedenke deine Jahre, Samuel! bedenke deine Jahre!

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:30:04Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:30:04Z)

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Zitationshilfe: Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/16>, abgerufen am 22.11.2024.