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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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17. -- 20. JAHR. ÜBERGANG ZUR SELBSTÄNDIGKEIT. KÖRPERLICHE SEITE.
ein sehr strapaziöses Leben in den Jahren der Kraft ge-
führt. --

Was sollen wir aber thun da, wo die Anforderungen
und Verhältnisse des Lebens, wie in der Gegenwart so häufig,
die Einseitigkeit des geistigen Kraftgebrauches und sonach das
Herabsinken der körperlichen Hälfte mit allen seinen weit-
greifenden Folgen begünstigen? -- Es ist unter allen Verhält-
nissen möglich, selbst den höchsten Anforderungen nach bei-
den Seiten hin, nach der geistigen und körperlichen, in gleich-
mässiger Weise zu genügen.

Lebe mässig, rüstig und zufrieden -- ist die allge-
meine Grundregel, welche uns die Gesundheits-Philosophie vor-
schreibt.

Nach den Lebensverhältnissen der gegenwärtigen und zu-
künftigen Zeit wird also, vom Gesichtspunkte der Förderung
physischer Gesundheit aus, die Aufgabe am häufigsten die sein,
dass, ohne die Anforderungen der geistigen Entwickelung her-
abzustimmen, ja sogar zu immer noch weiterer Förderung
derselben, nur der körperlichen Seite tüchtig auf- und nach-
geholfen werden muss, um in den heraufwachsenden Genera-
tionen die Entwickelung der menschlichen Doppelnatur in's
Gleichgewicht zu bringen.

Die Hauptwege nun, welche zu diesem Ziele führen, nor-
miren sich nach den durch die Verhältnisse der halberwach-
senen Altersperiode bedingten Modificationen im Allgemeinen
folgendermaassen.

1) Einfachheit, Mässigkeit und Ordnung ist und
bleibt die allgemeine Lebensregel. Wollte man sie jedoch
ganz in derselben Consequenz und Ununterbrochenheit fort-
führen, wie es in den Kinderjahren für die normale Entwicke-
lung nothwendig war, so würde auch die physische Natur des
Menschen steif, pedantisch und unbeholfen werden. Auch die
physische Natur soll praktische Gewandtheit erhalten. Der
junge Mensch soll in dieser und jener Hinsicht zuweilen ein
gewisses Zuviel und Zuwenig, einen Schritt rechts, einen
Schritt links ab, kurz -- in unschuldigen Dingen kleine
Ausnahmen von der Regel vertragen lernen
, ohne


17. — 20. JAHR. ÜBERGANG ZUR SELBSTÄNDIGKEIT. KÖRPERLICHE SEITE.
ein sehr strapaziöses Leben in den Jahren der Kraft ge-
führt. —

Was sollen wir aber thun da, wo die Anforderungen
und Verhältnisse des Lebens, wie in der Gegenwart so häufig,
die Einseitigkeit des geistigen Kraftgebrauches und sonach das
Herabsinken der körperlichen Hälfte mit allen seinen weit-
greifenden Folgen begünstigen? — Es ist unter allen Verhält-
nissen möglich, selbst den höchsten Anforderungen nach bei-
den Seiten hin, nach der geistigen und körperlichen, in gleich-
mässiger Weise zu genügen.

Lebe mässig, rüstig und zufrieden — ist die allge-
meine Grundregel, welche uns die Gesundheits-Philosophie vor-
schreibt.

Nach den Lebensverhältnissen der gegenwärtigen und zu-
künftigen Zeit wird also, vom Gesichtspunkte der Förderung
physischer Gesundheit aus, die Aufgabe am häufigsten die sein,
dass, ohne die Anforderungen der geistigen Entwickelung her-
abzustimmen, ja sogar zu immer noch weiterer Förderung
derselben, nur der körperlichen Seite tüchtig auf- und nach-
geholfen werden muss, um in den heraufwachsenden Genera-
tionen die Entwickelung der menschlichen Doppelnatur in's
Gleichgewicht zu bringen.

Die Hauptwege nun, welche zu diesem Ziele führen, nor-
miren sich nach den durch die Verhältnisse der halberwach-
senen Altersperiode bedingten Modificationen im Allgemeinen
folgendermaassen.

1) Einfachheit, Mässigkeit und Ordnung ist und
bleibt die allgemeine Lebensregel. Wollte man sie jedoch
ganz in derselben Consequenz und Ununterbrochenheit fort-
führen, wie es in den Kinderjahren für die normale Entwicke-
lung nothwendig war, so würde auch die physische Natur des
Menschen steif, pedantisch und unbeholfen werden. Auch die
physische Natur soll praktische Gewandtheit erhalten. Der
junge Mensch soll in dieser und jener Hinsicht zuweilen ein
gewisses Zuviel und Zuwenig, einen Schritt rechts, einen
Schritt links ab, kurz — in unschuldigen Dingen kleine
Ausnahmen von der Regel vertragen lernen
, ohne

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[277/0281] 17. — 20. JAHR. ÜBERGANG ZUR SELBSTÄNDIGKEIT. KÖRPERLICHE SEITE. ein sehr strapaziöses Leben in den Jahren der Kraft ge- führt. — Was sollen wir aber thun da, wo die Anforderungen und Verhältnisse des Lebens, wie in der Gegenwart so häufig, die Einseitigkeit des geistigen Kraftgebrauches und sonach das Herabsinken der körperlichen Hälfte mit allen seinen weit- greifenden Folgen begünstigen? — Es ist unter allen Verhält- nissen möglich, selbst den höchsten Anforderungen nach bei- den Seiten hin, nach der geistigen und körperlichen, in gleich- mässiger Weise zu genügen. Lebe mässig, rüstig und zufrieden — ist die allge- meine Grundregel, welche uns die Gesundheits-Philosophie vor- schreibt. Nach den Lebensverhältnissen der gegenwärtigen und zu- künftigen Zeit wird also, vom Gesichtspunkte der Förderung physischer Gesundheit aus, die Aufgabe am häufigsten die sein, dass, ohne die Anforderungen der geistigen Entwickelung her- abzustimmen, ja sogar zu immer noch weiterer Förderung derselben, nur der körperlichen Seite tüchtig auf- und nach- geholfen werden muss, um in den heraufwachsenden Genera- tionen die Entwickelung der menschlichen Doppelnatur in's Gleichgewicht zu bringen. Die Hauptwege nun, welche zu diesem Ziele führen, nor- miren sich nach den durch die Verhältnisse der halberwach- senen Altersperiode bedingten Modificationen im Allgemeinen folgendermaassen. 1) Einfachheit, Mässigkeit und Ordnung ist und bleibt die allgemeine Lebensregel. Wollte man sie jedoch ganz in derselben Consequenz und Ununterbrochenheit fort- führen, wie es in den Kinderjahren für die normale Entwicke- lung nothwendig war, so würde auch die physische Natur des Menschen steif, pedantisch und unbeholfen werden. Auch die physische Natur soll praktische Gewandtheit erhalten. Der junge Mensch soll in dieser und jener Hinsicht zuweilen ein gewisses Zuviel und Zuwenig, einen Schritt rechts, einen Schritt links ab, kurz — in unschuldigen Dingen kleine Ausnahmen von der Regel vertragen lernen, ohne

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/281>, abgerufen am 22.11.2024.