Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

8. -- 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
hierbei vorkommenden verschiedenen Abweichungen von der
normalen Haltung lassen sich unter folgenden drei Haupt-
arten zusammenfassen:

Das schiefe Sitzen. Hierbei ruht blos ein Ell-
bogen auf der Tafel, der andere hängt herab. Immer
ist damit eine grössere oder geringere Drehung des
Rumpfes verbunden. Bei genauerer Beobachtung eines
in dieser Weise sitzenden Kindes wird man stets fin-
den, dass in einem der ungleichen Stellung entsprechen-
den Grade die eine Schulter tiefer steht als die andere,
das Rückgrat nach der aufliegenden Seite hin verbo-
gen, und der hintere Theil der Brustwandung ungleich
gewölbt ist. Diese fehlerhafte Gewohnheit ist eine
der häufigsten, wenigstens mitwirkenden, Ursachen
zur Bildung seitlicher Rückgratsverkrümmungen.

Das Sitzen mit angedrückter Brust. Es ist
einleuchtend, dass bei einer solchen Situation die für
jeden Athemzug nothwendige freie Ausdehnung der
vorderen Brustwand gehemmt ist, das Athmen also
nur ein unvollkommenes sein kann. Mangelhafte Ent-
wickelung der Brust, wohl auch Verbildung des Brust-
beines und der Rippen, sowie Anlage zu wichtigen
Krankheiten der inneren Brustorgane, welche früher
oder später schleichend hervortreten, sind die ganz
natürliche Folge davon.

Das Sitzen mit stark nach vorn gebogenem
Oberkörper und vorhängendem Kopfe
. Die
hiermit verbundene anhaltende Zusammendrückung
der Brust- und Unterleibsorgane disponirt zu mancher-
lei auf Stockungen und anderen Functionsstörungen
beruhenden Krankheiten derselben. Durch die Kürze
der Sehweite wird Augenschwäche und Kurzsichtigkeit
erzeugt. Die Sehkraft, welche selbst bei angestreng-
tem, wenn nur der Einrichtung des Auges entsprechen-
dem Gebrauche bis in das späteste Alter ungetrübt erhal-
ten werden kann, wird durch diese üble Gewohnheit vor-
zeitig, oft schon im ersten Jünglingsalter, matt und stumpf.

8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
hierbei vorkommenden verschiedenen Abweichungen von der
normalen Haltung lassen sich unter folgenden drei Haupt-
arten zusammenfassen:

Das schiefe Sitzen. Hierbei ruht blos ein Ell-
bogen auf der Tafel, der andere hängt herab. Immer
ist damit eine grössere oder geringere Drehung des
Rumpfes verbunden. Bei genauerer Beobachtung eines
in dieser Weise sitzenden Kindes wird man stets fin-
den, dass in einem der ungleichen Stellung entsprechen-
den Grade die eine Schulter tiefer steht als die andere,
das Rückgrat nach der aufliegenden Seite hin verbo-
gen, und der hintere Theil der Brustwandung ungleich
gewölbt ist. Diese fehlerhafte Gewohnheit ist eine
der häufigsten, wenigstens mitwirkenden, Ursachen
zur Bildung seitlicher Rückgratsverkrümmungen.

Das Sitzen mit angedrückter Brust. Es ist
einleuchtend, dass bei einer solchen Situation die für
jeden Athemzug nothwendige freie Ausdehnung der
vorderen Brustwand gehemmt ist, das Athmen also
nur ein unvollkommenes sein kann. Mangelhafte Ent-
wickelung der Brust, wohl auch Verbildung des Brust-
beines und der Rippen, sowie Anlage zu wichtigen
Krankheiten der inneren Brustorgane, welche früher
oder später schleichend hervortreten, sind die ganz
natürliche Folge davon.

Das Sitzen mit stark nach vorn gebogenem
Oberkörper und vorhängendem Kopfe
. Die
hiermit verbundene anhaltende Zusammendrückung
der Brust- und Unterleibsorgane disponirt zu mancher-
lei auf Stockungen und anderen Functionsstörungen
beruhenden Krankheiten derselben. Durch die Kürze
der Sehweite wird Augenschwäche und Kurzsichtigkeit
erzeugt. Die Sehkraft, welche selbst bei angestreng-
tem, wenn nur der Einrichtung des Auges entsprechen-
dem Gebrauche bis in das späteste Alter ungetrübt erhal-
ten werden kann, wird durch diese üble Gewohnheit vor-
zeitig, oft schon im ersten Jünglingsalter, matt und stumpf.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0204" n="200"/><fw place="top" type="header">8. &#x2014; 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.</fw><lb/>
hierbei vorkommenden verschiedenen Abweichungen von der<lb/>
normalen Haltung lassen sich unter folgenden drei Haupt-<lb/>
arten zusammenfassen:</p><lb/>
            <list rendition="#et">
              <item>
                <p><hi rendition="#g">Das schiefe Sitzen</hi>. Hierbei ruht blos ein Ell-<lb/>
bogen auf der Tafel, der andere hängt herab. Immer<lb/>
ist damit eine grössere oder geringere Drehung des<lb/>
Rumpfes verbunden. Bei genauerer Beobachtung eines<lb/>
in dieser Weise sitzenden Kindes wird man stets fin-<lb/>
den, dass in einem der ungleichen Stellung entsprechen-<lb/>
den Grade die eine Schulter tiefer steht als die andere,<lb/>
das Rückgrat nach der aufliegenden Seite hin verbo-<lb/>
gen, und der hintere Theil der Brustwandung ungleich<lb/>
gewölbt ist. Diese fehlerhafte Gewohnheit ist eine<lb/>
der häufigsten, wenigstens mitwirkenden, Ursachen<lb/>
zur Bildung seitlicher Rückgratsverkrümmungen.</p>
              </item><lb/>
              <item>
                <p><hi rendition="#g">Das Sitzen mit angedrückter Brust</hi>. Es ist<lb/>
einleuchtend, dass bei einer solchen Situation die für<lb/>
jeden Athemzug nothwendige freie Ausdehnung der<lb/>
vorderen Brustwand gehemmt ist, das Athmen also<lb/>
nur ein unvollkommenes sein kann. Mangelhafte Ent-<lb/>
wickelung der Brust, wohl auch Verbildung des Brust-<lb/>
beines und der Rippen, sowie Anlage zu wichtigen<lb/>
Krankheiten der inneren Brustorgane, welche früher<lb/>
oder später schleichend hervortreten, sind die ganz<lb/>
natürliche Folge davon.</p>
              </item><lb/>
              <item>
                <p><hi rendition="#g">Das Sitzen mit stark nach vorn gebogenem<lb/>
Oberkörper und vorhängendem Kopfe</hi>. Die<lb/>
hiermit verbundene anhaltende Zusammendrückung<lb/>
der Brust- und Unterleibsorgane disponirt zu mancher-<lb/>
lei auf Stockungen und anderen Functionsstörungen<lb/>
beruhenden Krankheiten derselben. Durch die Kürze<lb/>
der Sehweite wird Augenschwäche und Kurzsichtigkeit<lb/>
erzeugt. Die Sehkraft, welche selbst bei angestreng-<lb/>
tem, wenn nur der Einrichtung des Auges entsprechen-<lb/>
dem Gebrauche bis in das späteste Alter ungetrübt erhal-<lb/>
ten werden kann, wird durch diese üble Gewohnheit vor-<lb/>
zeitig, oft schon im ersten Jünglingsalter, matt und stumpf.</p>
              </item>
            </list><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0204] 8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN. hierbei vorkommenden verschiedenen Abweichungen von der normalen Haltung lassen sich unter folgenden drei Haupt- arten zusammenfassen: Das schiefe Sitzen. Hierbei ruht blos ein Ell- bogen auf der Tafel, der andere hängt herab. Immer ist damit eine grössere oder geringere Drehung des Rumpfes verbunden. Bei genauerer Beobachtung eines in dieser Weise sitzenden Kindes wird man stets fin- den, dass in einem der ungleichen Stellung entsprechen- den Grade die eine Schulter tiefer steht als die andere, das Rückgrat nach der aufliegenden Seite hin verbo- gen, und der hintere Theil der Brustwandung ungleich gewölbt ist. Diese fehlerhafte Gewohnheit ist eine der häufigsten, wenigstens mitwirkenden, Ursachen zur Bildung seitlicher Rückgratsverkrümmungen. Das Sitzen mit angedrückter Brust. Es ist einleuchtend, dass bei einer solchen Situation die für jeden Athemzug nothwendige freie Ausdehnung der vorderen Brustwand gehemmt ist, das Athmen also nur ein unvollkommenes sein kann. Mangelhafte Ent- wickelung der Brust, wohl auch Verbildung des Brust- beines und der Rippen, sowie Anlage zu wichtigen Krankheiten der inneren Brustorgane, welche früher oder später schleichend hervortreten, sind die ganz natürliche Folge davon. Das Sitzen mit stark nach vorn gebogenem Oberkörper und vorhängendem Kopfe. Die hiermit verbundene anhaltende Zusammendrückung der Brust- und Unterleibsorgane disponirt zu mancher- lei auf Stockungen und anderen Functionsstörungen beruhenden Krankheiten derselben. Durch die Kürze der Sehweite wird Augenschwäche und Kurzsichtigkeit erzeugt. Die Sehkraft, welche selbst bei angestreng- tem, wenn nur der Einrichtung des Auges entsprechen- dem Gebrauche bis in das späteste Alter ungetrübt erhal- ten werden kann, wird durch diese üble Gewohnheit vor- zeitig, oft schon im ersten Jünglingsalter, matt und stumpf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/204
Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/204>, abgerufen am 25.11.2024.