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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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2.--7. JAHR. GEISTIGE SEITE. DAS KIND IN SEINEN SPIELEN.
Aeltern ihren Kindern Maikäfer gaben, um sie an lange Fäden
zu knüpfen und durch boshaftes Zurückreissen des auffliegen-
den Thieres sich zu ergötzen. War ein Käfer unbrauchbar
geworden, so wurde ein frischer geholt. Was soll man dazu
sagen?! Die Häufigkeit solcher und ähnlicher Missbräuche
beweisen, wie viel noch fehlt, bis die Grundregeln der Er-
ziehung zu allgemeiner Erkenntniss durchdringen. Aus glei-
chem Grunde suche man auch das erlaubte Tödten von Thieren
jeder Art der Wahrnehmung kleiner Kinder möglichst zu ent-
ziehen und älteren Kindern durch Vernunftgründe auseinander-
zusetzen und zu rechtfertigen.

Eine andere Art geistbildenden Einflusses haben die ge-
meinschaftlichen Kinderspiele
. Hier ist weniger die
Behandlungsweise des Spielstoffes, sondern vielmehr der
Wechselverkehr der Kinder unter einander Gegenstand der
erzieherischen Beachtung. Das hierauf Bezügliche fällt daher
zusammen mit dem nächstfolgenden Artikel.

Hier nur noch in Betreff der Spiele dieses Alters eine
Schlussbemerkung.

Die Kinderspiele vereinigen in sich, wie wir sahen, die
unterhaltende mit der bildenden Eigenschaft. Es ist daher
der fortschreitenden Entwickelung des Kindes recht angemes-
sen, wenn bei der Wahl der Spiele für die letzten Jahre die-
ses Zeitabschnittes, für das 5.--7. Jahr, auch auf solche
Spiele mit Rücksicht genommen wird, welche eine passende
Vorbereitung für den künftigen Unterricht bilden. Denn
der eigentliche methodische Schulunterricht darf in dieser
Altersperiode durchaus noch nicht begonnen werden. Die
hohe Wichtigkeit dieses Grundsatzes wird bei Betrachtung der
dritten Erziehungsperiode näher erörtert werden. Lässt man
also das Kind zwischen dem 5. und 7. Lebensjahre unter
einiger leichter Anleitung mit Buchstabenspielen, mit Nach-
ahmen von Buchstaben, Worten und Sätzen auf Schiefertafeln,
mit Zähltafeln u. dgl. hin und wieder je nach Neigung des
Kindes
sich beschäftigen, so lernt es die Anfangsgründe des
Lesens, Schreibens und Rechnens spielend und hat somit
einen recht willkommenen Vorsprung für die Schulzeit gewon-


2.—7. JAHR. GEISTIGE SEITE. DAS KIND IN SEINEN SPIELEN.
Aeltern ihren Kindern Maikäfer gaben, um sie an lange Fäden
zu knüpfen und durch boshaftes Zurückreissen des auffliegen-
den Thieres sich zu ergötzen. War ein Käfer unbrauchbar
geworden, so wurde ein frischer geholt. Was soll man dazu
sagen?! Die Häufigkeit solcher und ähnlicher Missbräuche
beweisen, wie viel noch fehlt, bis die Grundregeln der Er-
ziehung zu allgemeiner Erkenntniss durchdringen. Aus glei-
chem Grunde suche man auch das erlaubte Tödten von Thieren
jeder Art der Wahrnehmung kleiner Kinder möglichst zu ent-
ziehen und älteren Kindern durch Vernunftgründe auseinander-
zusetzen und zu rechtfertigen.

Eine andere Art geistbildenden Einflusses haben die ge-
meinschaftlichen Kinderspiele
. Hier ist weniger die
Behandlungsweise des Spielstoffes, sondern vielmehr der
Wechselverkehr der Kinder unter einander Gegenstand der
erzieherischen Beachtung. Das hierauf Bezügliche fällt daher
zusammen mit dem nächstfolgenden Artikel.

Hier nur noch in Betreff der Spiele dieses Alters eine
Schlussbemerkung.

Die Kinderspiele vereinigen in sich, wie wir sahen, die
unterhaltende mit der bildenden Eigenschaft. Es ist daher
der fortschreitenden Entwickelung des Kindes recht angemes-
sen, wenn bei der Wahl der Spiele für die letzten Jahre die-
ses Zeitabschnittes, für das 5.—7. Jahr, auch auf solche
Spiele mit Rücksicht genommen wird, welche eine passende
Vorbereitung für den künftigen Unterricht bilden. Denn
der eigentliche methodische Schulunterricht darf in dieser
Altersperiode durchaus noch nicht begonnen werden. Die
hohe Wichtigkeit dieses Grundsatzes wird bei Betrachtung der
dritten Erziehungsperiode näher erörtert werden. Lässt man
also das Kind zwischen dem 5. und 7. Lebensjahre unter
einiger leichter Anleitung mit Buchstabenspielen, mit Nach-
ahmen von Buchstaben, Worten und Sätzen auf Schiefertafeln,
mit Zähltafeln u. dgl. hin und wieder je nach Neigung des
Kindes
sich beschäftigen, so lernt es die Anfangsgründe des
Lesens, Schreibens und Rechnens spielend und hat somit
einen recht willkommenen Vorsprung für die Schulzeit gewon-

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[117/0121] 2.—7. JAHR. GEISTIGE SEITE. DAS KIND IN SEINEN SPIELEN. Aeltern ihren Kindern Maikäfer gaben, um sie an lange Fäden zu knüpfen und durch boshaftes Zurückreissen des auffliegen- den Thieres sich zu ergötzen. War ein Käfer unbrauchbar geworden, so wurde ein frischer geholt. Was soll man dazu sagen?! Die Häufigkeit solcher und ähnlicher Missbräuche beweisen, wie viel noch fehlt, bis die Grundregeln der Er- ziehung zu allgemeiner Erkenntniss durchdringen. Aus glei- chem Grunde suche man auch das erlaubte Tödten von Thieren jeder Art der Wahrnehmung kleiner Kinder möglichst zu ent- ziehen und älteren Kindern durch Vernunftgründe auseinander- zusetzen und zu rechtfertigen. Eine andere Art geistbildenden Einflusses haben die ge- meinschaftlichen Kinderspiele. Hier ist weniger die Behandlungsweise des Spielstoffes, sondern vielmehr der Wechselverkehr der Kinder unter einander Gegenstand der erzieherischen Beachtung. Das hierauf Bezügliche fällt daher zusammen mit dem nächstfolgenden Artikel. Hier nur noch in Betreff der Spiele dieses Alters eine Schlussbemerkung. Die Kinderspiele vereinigen in sich, wie wir sahen, die unterhaltende mit der bildenden Eigenschaft. Es ist daher der fortschreitenden Entwickelung des Kindes recht angemes- sen, wenn bei der Wahl der Spiele für die letzten Jahre die- ses Zeitabschnittes, für das 5.—7. Jahr, auch auf solche Spiele mit Rücksicht genommen wird, welche eine passende Vorbereitung für den künftigen Unterricht bilden. Denn der eigentliche methodische Schulunterricht darf in dieser Altersperiode durchaus noch nicht begonnen werden. Die hohe Wichtigkeit dieses Grundsatzes wird bei Betrachtung der dritten Erziehungsperiode näher erörtert werden. Lässt man also das Kind zwischen dem 5. und 7. Lebensjahre unter einiger leichter Anleitung mit Buchstabenspielen, mit Nach- ahmen von Buchstaben, Worten und Sätzen auf Schiefertafeln, mit Zähltafeln u. dgl. hin und wieder je nach Neigung des Kindes sich beschäftigen, so lernt es die Anfangsgründe des Lesens, Schreibens und Rechnens spielend und hat somit einen recht willkommenen Vorsprung für die Schulzeit gewon-

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/121>, abgerufen am 28.11.2024.