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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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Nachdenkliche Beschreibung
noch begreiffe/ biß Gedanke und Begrif zu spät sein werde.

Jener Jüngling bey dem Matth. 19. v. 15. fassete
eins diese höchstnöhtige Gedanken/ und brachte dem
Herrn Jesu selbsten diese Frage vor: Guter Meister/
was sol ich gutes thun/ daß ich das ewige Leben möge
haben? Jener Kerkermeister auch fiel zitterend Paulo
und Sila zun Füssen/ und fragte auch/ lieben Herrn/ was
sol ich thun/ daß ich selig werde? Act. 16. v. 30. Diese
Frage nun/ ist wol die höchstnötigste unter uns inge-
samt/ was doch zu thun/ was zu bedenken und zu ver-
richten/ daß wir auch erlangeten die seelige Ewigkeit?
Nun die Ewigkeit ist uns allen dennoch bereit/ du machst
es endlich denken und bedenken/ oder nicht; achten und
betrachten oder nicht; lassen oder fassen/ oder nicht; die-
ses aber ist und bleibet/ wird auch wol sein und bleiben
der Unterscheid/ wer allhier nicht denket/ noch achtet die
Ewigkeit/ entfähet gewiß die ewige Unseeligkeit: Wer
aber hertzlich denket und betrachtet die Ewigkeit/ der er-
erbet die ewige Seeligkeit. O denk und bedenk doch/
weil du noch bedenken kanst/ was für ewiges Heil oder
Unheil an deinem allhiesigen bedenken und nicht-beden-
ken sei gelegen!

Ewigkeit hier recht bedenken/
Kan dir ewigs Heil zulenken:
Ewigkeit gar nicht bedenken/
Wird dich ewig schmertzlichst krenken:
Denke doch/ was dein bedenken/
Künne dir so ewig schenken/
Drum bemüh dich einzusenken
Jn dis rechte durchbedenken!

Oaeternitas, quam pauci sunt, qui sic serio de
te cogitent, quam multo pauciores qui perpendant
& inhaereant: Omnia alia quaeruntur, sola vilis est
aeternitas. Divitiae cogitantur, sed fluxae & relin-

quen-

Nachdenkliche Beſchreibung
noch begreiffe/ biß Gedanke uñ Begrif zu ſpaͤt ſein werde.

Jener Juͤngling bey dem Matth. 19. v. 15. faſſete
eins dieſe hoͤchſtnoͤhtige Gedanken/ und brachte dem
Herrn Jeſu ſelbſten dieſe Frage vor: Guter Meiſter/
was ſol ich gutes thun/ daß ich das ewige Leben moͤge
haben? Jener Kerkermeiſter auch fiel zitterend Paulo
und Sila zun Fuͤſſen/ und fragte auch/ lieben Herꝛn/ was
ſol ich thun/ daß ich ſelig werde? Act. 16. v. 30. Dieſe
Frage nun/ iſt wol die hoͤchſtnoͤtigſte unter uns inge-
ſamt/ was doch zu thun/ was zu bedenken und zu ver-
richten/ daß wir auch erlangeten die ſeelige Ewigkeit?
Nun die Ewigkeit iſt uns allen dennoch bereit/ du machſt
es endlich denken und bedenken/ oder nicht; achten und
betrachten oder nicht; laſſen oder faſſen/ oder nicht; die-
ſes aber iſt und bleibet/ wird auch wol ſein und bleiben
der Unterſcheid/ wer allhier nicht denket/ noch achtet die
Ewigkeit/ entfaͤhet gewiß die ewige Unſeeligkeit: Wer
aber hertzlich denket und betrachtet die Ewigkeit/ der er-
erbet die ewige Seeligkeit. O denk und bedenk doch/
weil du noch bedenken kanſt/ was fuͤr ewiges Heil oder
Unheil an deinem allhieſigen bedenken und nicht-beden-
ken ſei gelegen!

Ewigkeit hier recht bedenken/
Kan dir ewigs Heil zulenken:
Ewigkeit gar nicht bedenken/
Wird dich ewig ſchmertzlichſt krenken:
Denke doch/ was dein bedenken/
Kuͤnne dir ſo ewig ſchenken/
Drum bemuͤh dich einzuſenken
Jn dis rechte durchbedenken!

Oæternitas, quàm pauci ſunt, qui ſic ſerio de
te cogitent, quàm multò pauciores qui perpendant
& inhæreant: Omnia alia quæruntur, ſola vilis eſt
æternitas. Divitiæ cogitantur, ſed fluxæ & relin-

quen-
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[268/0336] Nachdenkliche Beſchreibung noch begreiffe/ biß Gedanke uñ Begrif zu ſpaͤt ſein werde. Jener Juͤngling bey dem Matth. 19. v. 15. faſſete eins dieſe hoͤchſtnoͤhtige Gedanken/ und brachte dem Herrn Jeſu ſelbſten dieſe Frage vor: Guter Meiſter/ was ſol ich gutes thun/ daß ich das ewige Leben moͤge haben? Jener Kerkermeiſter auch fiel zitterend Paulo und Sila zun Fuͤſſen/ und fragte auch/ lieben Herꝛn/ was ſol ich thun/ daß ich ſelig werde? Act. 16. v. 30. Dieſe Frage nun/ iſt wol die hoͤchſtnoͤtigſte unter uns inge- ſamt/ was doch zu thun/ was zu bedenken und zu ver- richten/ daß wir auch erlangeten die ſeelige Ewigkeit? Nun die Ewigkeit iſt uns allen dennoch bereit/ du machſt es endlich denken und bedenken/ oder nicht; achten und betrachten oder nicht; laſſen oder faſſen/ oder nicht; die- ſes aber iſt und bleibet/ wird auch wol ſein und bleiben der Unterſcheid/ wer allhier nicht denket/ noch achtet die Ewigkeit/ entfaͤhet gewiß die ewige Unſeeligkeit: Wer aber hertzlich denket und betrachtet die Ewigkeit/ der er- erbet die ewige Seeligkeit. O denk und bedenk doch/ weil du noch bedenken kanſt/ was fuͤr ewiges Heil oder Unheil an deinem allhieſigen bedenken und nicht-beden- ken ſei gelegen! Ewigkeit hier recht bedenken/ Kan dir ewigs Heil zulenken: Ewigkeit gar nicht bedenken/ Wird dich ewig ſchmertzlichſt krenken: Denke doch/ was dein bedenken/ Kuͤnne dir ſo ewig ſchenken/ Drum bemuͤh dich einzuſenken Jn dis rechte durchbedenken! Oæternitas, quàm pauci ſunt, qui ſic ſerio de te cogitent, quàm multò pauciores qui perpendant & inhæreant: Omnia alia quæruntur, ſola vilis eſt æternitas. Divitiæ cogitantur, ſed fluxæ & relin- quen-

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/336>, abgerufen am 01.05.2024.