mit eigener Hand eine Blume auf seinen Grabeshü- gel pflanzte.
Arnold theilte Mr. Boggs die gemachte Ent- deckung mit und auch dieser wurde tief dadurch er- schüttert.
-- "Jetzt ist es mir erklärlich," sagte Arnold bei dieser Gelegenheit, "weshalb ein gewisses Etwas im Ausdrucke der Gesichtszüge des Sterbenden mich so außerordentlich rührte und an andere erinnerte, die mir theuer gewesen waren, ohne daß ich wußte, wo- hin ich sie bringen sollte. So lange dieser arme George mir lebend gegenüber stand, trat diese rührende Aehnlichkeit nicht hervor, denn er war seiner Schwe- ster auch nicht in einem einzigen Gesichtszuge ähnlich; als aber der Tod sein Siegel auch auf sein Antlitz drückte, trat die mich so tief ergreifende Aehnlichkeit mit Dina hervor."
-- "Wie seltsam, wie furchtbar," nahm Sir John nach einer Pause das Wort, "daß dieser Tiger von Nauvoo beide Geschwister gleichsam mit einem Griffe mordete, daß beide ihm zum Opfer fallen mußten und das, ohne daß er ihre Verwandtschaft ahnen konnte, ja, ohne daß er einmal den Tod die- ses armen George intendirte; denn nicht auf ihn, son- dern auf uns war es ja abgesehen."
-- "Das Geschick schlingt seine Fäden oft wun-
mit eigener Hand eine Blume auf ſeinen Grabeshü- gel pflanzte.
Arnold theilte Mr. Boggs die gemachte Ent- deckung mit und auch dieſer wurde tief dadurch er- ſchüttert.
— „Jetzt iſt es mir erklärlich,“ ſagte Arnold bei dieſer Gelegenheit, „weshalb ein gewiſſes Etwas im Ausdrucke der Geſichtszüge des Sterbenden mich ſo außerordentlich rührte und an andere erinnerte, die mir theuer geweſen waren, ohne daß ich wußte, wo- hin ich ſie bringen ſollte. So lange dieſer arme George mir lebend gegenüber ſtand, trat dieſe rührende Aehnlichkeit nicht hervor, denn er war ſeiner Schwe- ſter auch nicht in einem einzigen Geſichtszuge ähnlich; als aber der Tod ſein Siegel auch auf ſein Antlitz drückte, trat die mich ſo tief ergreifende Aehnlichkeit mit Dina hervor.“
— „Wie ſeltſam, wie furchtbar,“ nahm Sir John nach einer Pauſe das Wort, „daß dieſer Tiger von Nauvoo beide Geſchwiſter gleichſam mit einem Griffe mordete, daß beide ihm zum Opfer fallen mußten und das, ohne daß er ihre Verwandtſchaft ahnen konnte, ja, ohne daß er einmal den Tod die- ſes armen George intendirte; denn nicht auf ihn, ſon- dern auf uns war es ja abgeſehen.“
— „Das Geſchick ſchlingt ſeine Fäden oft wun-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0065"n="59"/>
mit eigener Hand eine Blume auf ſeinen Grabeshü-<lb/>
gel pflanzte.</p><lb/><p>Arnold theilte Mr. Boggs die gemachte Ent-<lb/>
deckung mit und auch dieſer wurde tief dadurch er-<lb/>ſchüttert.</p><lb/><p>—„Jetzt iſt es mir erklärlich,“ſagte Arnold<lb/>
bei dieſer Gelegenheit, „weshalb ein gewiſſes Etwas<lb/>
im Ausdrucke der Geſichtszüge des Sterbenden mich<lb/>ſo außerordentlich rührte und an andere erinnerte, die<lb/>
mir theuer geweſen waren, ohne daß ich wußte, wo-<lb/>
hin ich ſie bringen ſollte. So lange dieſer arme<lb/>
George mir lebend gegenüber ſtand, trat dieſe rührende<lb/>
Aehnlichkeit nicht hervor, denn er war ſeiner Schwe-<lb/>ſter auch nicht in einem einzigen Geſichtszuge ähnlich;<lb/>
als aber der Tod ſein Siegel auch auf ſein Antlitz<lb/>
drückte, trat die mich ſo tief ergreifende Aehnlichkeit<lb/>
mit Dina hervor.“</p><lb/><p>—„Wie ſeltſam, wie furchtbar,“ nahm Sir<lb/>
John nach einer Pauſe das Wort, „daß dieſer Tiger<lb/>
von Nauvoo beide Geſchwiſter gleichſam mit <hirendition="#g">einem</hi><lb/>
Griffe mordete, daß beide ihm zum Opfer fallen<lb/>
mußten und das, ohne daß er ihre Verwandtſchaft<lb/>
ahnen konnte, ja, ohne daß er einmal den Tod die-<lb/>ſes armen George intendirte; denn nicht auf ihn, ſon-<lb/>
dern auf uns war es ja abgeſehen.“</p><lb/><p>—„Das Geſchick ſchlingt ſeine Fäden oft wun-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[59/0065]
mit eigener Hand eine Blume auf ſeinen Grabeshü-
gel pflanzte.
Arnold theilte Mr. Boggs die gemachte Ent-
deckung mit und auch dieſer wurde tief dadurch er-
ſchüttert.
— „Jetzt iſt es mir erklärlich,“ ſagte Arnold
bei dieſer Gelegenheit, „weshalb ein gewiſſes Etwas
im Ausdrucke der Geſichtszüge des Sterbenden mich
ſo außerordentlich rührte und an andere erinnerte, die
mir theuer geweſen waren, ohne daß ich wußte, wo-
hin ich ſie bringen ſollte. So lange dieſer arme
George mir lebend gegenüber ſtand, trat dieſe rührende
Aehnlichkeit nicht hervor, denn er war ſeiner Schwe-
ſter auch nicht in einem einzigen Geſichtszuge ähnlich;
als aber der Tod ſein Siegel auch auf ſein Antlitz
drückte, trat die mich ſo tief ergreifende Aehnlichkeit
mit Dina hervor.“
— „Wie ſeltſam, wie furchtbar,“ nahm Sir
John nach einer Pauſe das Wort, „daß dieſer Tiger
von Nauvoo beide Geſchwiſter gleichſam mit einem
Griffe mordete, daß beide ihm zum Opfer fallen
mußten und das, ohne daß er ihre Verwandtſchaft
ahnen konnte, ja, ohne daß er einmal den Tod die-
ſes armen George intendirte; denn nicht auf ihn, ſon-
dern auf uns war es ja abgeſehen.“
— „Das Geſchick ſchlingt ſeine Fäden oft wun-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/65>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.