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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

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und mit Füßen getreten hatte, eben darin bestraft
worden, worin er am meisten gesündigt: ein um Liebe
Bettelnder stand er vor seinem Sohne und mit Ver-
achtung hatte dieser ihn, ohne zu wissen was er that,
zurückgewiesen!

Der Wiedereintritt des Wundarztes unterbrach
diese Gedanken und Betrachtungen. Der junge Mann
trat dicht an die Leiche hinan, legte die Hand auf
das Herz derselben, untersuchte nochmals den Puls
und sagte dann mit gleichgültigem Tone:

-- "Die Mormons werden sich einen neuen
Propheten erwählen müssen und der Nordosten kann
jetzt ruhig seyn."

Arnold wandte sich von ihm ab, ohne ihm zu
antworten. Er wollte die Thränen nicht zeigen, die
zwischen seinen Wimpern zitterten, und die kalten
Worte des jungen Mannes hatten sein Gefühl ver-
letzt.

Noch einen letzten Blick warf er auf die Leiche
seines Vaters, dann ging er, um in der Einsamkeit
seinem Herzen genug thun zu können.

und mit Füßen getreten hatte, eben darin beſtraft
worden, worin er am meiſten geſündigt: ein um Liebe
Bettelnder ſtand er vor ſeinem Sohne und mit Ver-
achtung hatte dieſer ihn, ohne zu wiſſen was er that,
zurückgewieſen!

Der Wiedereintritt des Wundarztes unterbrach
dieſe Gedanken und Betrachtungen. Der junge Mann
trat dicht an die Leiche hinan, legte die Hand auf
das Herz derſelben, unterſuchte nochmals den Puls
und ſagte dann mit gleichgültigem Tone:

— „Die Mormons werden ſich einen neuen
Propheten erwählen müſſen und der Nordoſten kann
jetzt ruhig ſeyn.“

Arnold wandte ſich von ihm ab, ohne ihm zu
antworten. Er wollte die Thränen nicht zeigen, die
zwiſchen ſeinen Wimpern zitterten, und die kalten
Worte des jungen Mannes hatten ſein Gefühl ver-
letzt.

Noch einen letzten Blick warf er auf die Leiche
ſeines Vaters, dann ging er, um in der Einſamkeit
ſeinem Herzen genug thun zu können.

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[184/0190] und mit Füßen getreten hatte, eben darin beſtraft worden, worin er am meiſten geſündigt: ein um Liebe Bettelnder ſtand er vor ſeinem Sohne und mit Ver- achtung hatte dieſer ihn, ohne zu wiſſen was er that, zurückgewieſen! Der Wiedereintritt des Wundarztes unterbrach dieſe Gedanken und Betrachtungen. Der junge Mann trat dicht an die Leiche hinan, legte die Hand auf das Herz derſelben, unterſuchte nochmals den Puls und ſagte dann mit gleichgültigem Tone: — „Die Mormons werden ſich einen neuen Propheten erwählen müſſen und der Nordoſten kann jetzt ruhig ſeyn.“ Arnold wandte ſich von ihm ab, ohne ihm zu antworten. Er wollte die Thränen nicht zeigen, die zwiſchen ſeinen Wimpern zitterten, und die kalten Worte des jungen Mannes hatten ſein Gefühl ver- letzt. Noch einen letzten Blick warf er auf die Leiche ſeines Vaters, dann ging er, um in der Einſamkeit ſeinem Herzen genug thun zu können.

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/190>, abgerufen am 22.12.2024.