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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

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Hülfe, von klugen und zu jeder Schlechtigkeit willi-
gen Feinden umringt war, mußte er sie verloren ge-
ben; denn woher sollte sie die Kraft und die Erfah-
rung nehmen, einem Manne wie Joe Smith Wider-
stand leisten, seine List und Bosheit durchschauen und
dadurch vereiteln zu können?

Mit diesen Gedanken und Vorstellungen quälte
sich der unglückliche Vater, während der Prophet sich
in der That anschickte, einen Angriff auf Flora zu
machen, und allein aus diesem Grunde hatte er Va-
ter und Tochter von einander getrennt.

Flora lag, während der Abwesenheit ihres Va-
ters auf ihrem Divan und weinte still vor sich hin.
Zwar hatte sie keine Ahnung von der Gefahr, die
sie selbst bedrohte, denn sie wußte von der früheren
Werbung des Propheten nichts; allein hatte sie nicht
vor dem Schicksal des Geliebten und des Vaters zu-
gleich zu zittern? war der letztere nicht der Gefan-
gene seines erbittertsten Feindes und Arnold spurlos
verschwunden? Würde er sie und ihren Vater, sagte
sie sich, ohne Nachricht von sich gelassen haben, wenn
er noch lebte? und mußte sie ihn, den sie über Alles
liebte, nicht als todt beweinen?

Daß Arnold von Vandalia abgereist und auf
der Rückkehr nach St. Louis begriffen gewesen war,
wußte man aus einem später eingelaufenen Briefe

Hülfe, von klugen und zu jeder Schlechtigkeit willi-
gen Feinden umringt war, mußte er ſie verloren ge-
ben; denn woher ſollte ſie die Kraft und die Erfah-
rung nehmen, einem Manne wie Joe Smith Wider-
ſtand leiſten, ſeine Liſt und Bosheit durchſchauen und
dadurch vereiteln zu können?

Mit dieſen Gedanken und Vorſtellungen quälte
ſich der unglückliche Vater, während der Prophet ſich
in der That anſchickte, einen Angriff auf Flora zu
machen, und allein aus dieſem Grunde hatte er Va-
ter und Tochter von einander getrennt.

Flora lag, während der Abweſenheit ihres Va-
ters auf ihrem Divan und weinte ſtill vor ſich hin.
Zwar hatte ſie keine Ahnung von der Gefahr, die
ſie ſelbſt bedrohte, denn ſie wußte von der früheren
Werbung des Propheten nichts; allein hatte ſie nicht
vor dem Schickſal des Geliebten und des Vaters zu-
gleich zu zittern? war der letztere nicht der Gefan-
gene ſeines erbittertſten Feindes und Arnold ſpurlos
verſchwunden? Würde er ſie und ihren Vater, ſagte
ſie ſich, ohne Nachricht von ſich gelaſſen haben, wenn
er noch lebte? und mußte ſie ihn, den ſie über Alles
liebte, nicht als todt beweinen?

Daß Arnold von Vandalia abgereiſt und auf
der Rückkehr nach St. Louis begriffen geweſen war,
wußte man aus einem ſpäter eingelaufenen Briefe

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[137/0143] Hülfe, von klugen und zu jeder Schlechtigkeit willi- gen Feinden umringt war, mußte er ſie verloren ge- ben; denn woher ſollte ſie die Kraft und die Erfah- rung nehmen, einem Manne wie Joe Smith Wider- ſtand leiſten, ſeine Liſt und Bosheit durchſchauen und dadurch vereiteln zu können? Mit dieſen Gedanken und Vorſtellungen quälte ſich der unglückliche Vater, während der Prophet ſich in der That anſchickte, einen Angriff auf Flora zu machen, und allein aus dieſem Grunde hatte er Va- ter und Tochter von einander getrennt. Flora lag, während der Abweſenheit ihres Va- ters auf ihrem Divan und weinte ſtill vor ſich hin. Zwar hatte ſie keine Ahnung von der Gefahr, die ſie ſelbſt bedrohte, denn ſie wußte von der früheren Werbung des Propheten nichts; allein hatte ſie nicht vor dem Schickſal des Geliebten und des Vaters zu- gleich zu zittern? war der letztere nicht der Gefan- gene ſeines erbittertſten Feindes und Arnold ſpurlos verſchwunden? Würde er ſie und ihren Vater, ſagte ſie ſich, ohne Nachricht von ſich gelaſſen haben, wenn er noch lebte? und mußte ſie ihn, den ſie über Alles liebte, nicht als todt beweinen? Daß Arnold von Vandalia abgereiſt und auf der Rückkehr nach St. Louis begriffen geweſen war, wußte man aus einem ſpäter eingelaufenen Briefe

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/143>, abgerufen am 28.11.2024.