Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846."O, ich bin schändlich behandelt, schändlich verrathen -- "Reden wir jetzt nicht weiter darüber," sagte Marie wollte ihm antworten, ihm danken, viel- Schon nach einigen Tagen konnte sie das Lager Wir wollen ihre Geschichte, unseren sonstigen Mit- 13 *
„O, ich bin ſchändlich behandelt, ſchändlich verrathen — „Reden wir jetzt nicht weiter darüber,“ ſagte Marie wollte ihm antworten, ihm danken, viel- Schon nach einigen Tagen konnte ſie das Lager Wir wollen ihre Geſchichte, unſeren ſonſtigen Mit- 13 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0201" n="195"/> „O, ich bin ſchändlich behandelt, ſchändlich verrathen<lb/> worden!“ fügte ſie ſchluchzend hinzu.</p><lb/> <p>— „Reden wir jetzt nicht weiter darüber,“ ſagte<lb/> ihr gutmüthiger Wirth, der ihre große Aufgeregtheit<lb/> wahrnahm; „Sie erzählen uns ſpäter davon, wenn<lb/> es Jhnen Bedürfniß iſt; jetzt aber ſchlagen Sie ſich<lb/> Alles aus dem Sinn, was Sie betrüben und beun-<lb/> ruhigen könnte. Wir werden Sie hegen und pflegen,<lb/> als ob Sie unſre Schweſter wären, denn Gott hat<lb/> Sie ja ſichtbar in unſern Schutz gegeben, und wir<lb/> kennen unſre Pflicht. Werden Sie nur erſt gänzlich<lb/> wieder geſund, dann wird ſich alles Andere ſchon finden.“</p><lb/> <p>Marie wollte ihm antworten, ihm danken, viel-<lb/> leicht auch erzählen, allein ihre Thränen floſſen ſo<lb/> heftig, daß ſie nicht dazu im Stande war. Jhre<lb/> guten Wirthsleute ſuchten ſie auf alle Weiſe zu trö-<lb/> ſten und zu beunruhigen, und wirklich gelang ihnen<lb/> dieſes. Die Kranke faßte ſich nach und nach und<lb/> nahm die ihr von der Frau dargebotene Erquickung<lb/> dankbar an.</p><lb/> <p>Schon nach einigen Tagen konnte ſie das Lager<lb/> verlaſſen und nach Verlauf eines Monats war ſie<lb/> gänzlich wieder die Frühere, d. h. völlig geſund, kräf-<lb/> tig und ſchön.</p><lb/> <p>Wir wollen ihre Geſchichte, unſeren ſonſtigen Mit-<lb/> theilungen vorgreifend, hier beendigen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">13 *</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [195/0201]
„O, ich bin ſchändlich behandelt, ſchändlich verrathen
worden!“ fügte ſie ſchluchzend hinzu.
— „Reden wir jetzt nicht weiter darüber,“ ſagte
ihr gutmüthiger Wirth, der ihre große Aufgeregtheit
wahrnahm; „Sie erzählen uns ſpäter davon, wenn
es Jhnen Bedürfniß iſt; jetzt aber ſchlagen Sie ſich
Alles aus dem Sinn, was Sie betrüben und beun-
ruhigen könnte. Wir werden Sie hegen und pflegen,
als ob Sie unſre Schweſter wären, denn Gott hat
Sie ja ſichtbar in unſern Schutz gegeben, und wir
kennen unſre Pflicht. Werden Sie nur erſt gänzlich
wieder geſund, dann wird ſich alles Andere ſchon finden.“
Marie wollte ihm antworten, ihm danken, viel-
leicht auch erzählen, allein ihre Thränen floſſen ſo
heftig, daß ſie nicht dazu im Stande war. Jhre
guten Wirthsleute ſuchten ſie auf alle Weiſe zu trö-
ſten und zu beunruhigen, und wirklich gelang ihnen
dieſes. Die Kranke faßte ſich nach und nach und
nahm die ihr von der Frau dargebotene Erquickung
dankbar an.
Schon nach einigen Tagen konnte ſie das Lager
verlaſſen und nach Verlauf eines Monats war ſie
gänzlich wieder die Frühere, d. h. völlig geſund, kräf-
tig und ſchön.
Wir wollen ihre Geſchichte, unſeren ſonſtigen Mit-
theilungen vorgreifend, hier beendigen.
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