Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.lauter Glück versprach, daß ich dich darauf vorzu- Jch konnte ihm vor Thränen nicht antworten. -- "Jndeß kann ich dir den Trost geben," fügte -- "Und woher weißt du das Alles?" fragte -- "Weil ich bei der Section gegenwärtig war," Ein Gefühl ergriff bei diesen Worten meine Seele, Es mochte sich das, was in diesem Augenblick in lauter Glück verſprach, daß ich dich darauf vorzu- Jch konnte ihm vor Thränen nicht antworten. — „Jndeß kann ich dir den Troſt geben,“ fügte — „Und woher weißt du das Alles?“ fragte — „Weil ich bei der Section gegenwärtig war,“ Ein Gefühl ergriff bei dieſen Worten meine Seele, Es mochte ſich das, was in dieſem Augenblick in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0143" n="137"/> lauter Glück verſprach, daß ich dich darauf vorzu-<lb/> bereiten ſuchte, daß es den Schmerz in ſeinem Ge-<lb/> folge haben würde: nun iſt dieſer da, aber du kannſt<lb/> mich nicht der Täuſchung anklagen.“</p><lb/> <p>Jch konnte ihm vor Thränen nicht antworten.</p><lb/> <p>— „Jndeß kann ich dir den Troſt geben,“ fügte<lb/> er nach einer ziemlich langen Pauſe hinzu, „daß dein<lb/> Vater auf keinen Fall lange mehr hätte leben kön-<lb/> nen. Die zum Fortleben nothwendigſten Organe wa-<lb/> ren krankhaft verändert, und ſo hat die uns bewußte<lb/> traurige Scene nur ſeinen Tod um eine kurze Zeit be-<lb/> ſchleunigt, nicht aber unmittelbar herbeigeführt.“</p><lb/> <p>— „Und woher weißt du das Alles?“ fragte<lb/> ich ihn unter immer heißer ſtrömenden Thränen.</p><lb/> <p>— „Weil ich bei der Section gegenwärtig war,“<lb/> verſetzte er. „Man rief mich dazu und ich konnte<lb/> meine Beihülfe nicht verweigern.“</p><lb/> <p>Ein Gefühl ergriff bei dieſen Worten meine Seele,<lb/> das ich nicht zu ſchildern wage, weil die Sprache kei-<lb/> nen genügenden Ausdruck dafür hat: es war ein Ge-<lb/> miſch von Abſcheu und Entſetzen; es war nicht mehr<lb/> der Mann meiner Liebe, den ich vor mir ſah, es war<lb/> ein Mörder, den mein geiſtiges Auge mit dem Secir-<lb/> meſſer in der Hand vor der Leiche des Gemordeten<lb/> ſtehen und in deſſen Eingeweiden wühlen ſah.</p><lb/> <p>Es mochte ſich das, was in dieſem Augenblick in<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [137/0143]
lauter Glück verſprach, daß ich dich darauf vorzu-
bereiten ſuchte, daß es den Schmerz in ſeinem Ge-
folge haben würde: nun iſt dieſer da, aber du kannſt
mich nicht der Täuſchung anklagen.“
Jch konnte ihm vor Thränen nicht antworten.
— „Jndeß kann ich dir den Troſt geben,“ fügte
er nach einer ziemlich langen Pauſe hinzu, „daß dein
Vater auf keinen Fall lange mehr hätte leben kön-
nen. Die zum Fortleben nothwendigſten Organe wa-
ren krankhaft verändert, und ſo hat die uns bewußte
traurige Scene nur ſeinen Tod um eine kurze Zeit be-
ſchleunigt, nicht aber unmittelbar herbeigeführt.“
— „Und woher weißt du das Alles?“ fragte
ich ihn unter immer heißer ſtrömenden Thränen.
— „Weil ich bei der Section gegenwärtig war,“
verſetzte er. „Man rief mich dazu und ich konnte
meine Beihülfe nicht verweigern.“
Ein Gefühl ergriff bei dieſen Worten meine Seele,
das ich nicht zu ſchildern wage, weil die Sprache kei-
nen genügenden Ausdruck dafür hat: es war ein Ge-
miſch von Abſcheu und Entſetzen; es war nicht mehr
der Mann meiner Liebe, den ich vor mir ſah, es war
ein Mörder, den mein geiſtiges Auge mit dem Secir-
meſſer in der Hand vor der Leiche des Gemordeten
ſtehen und in deſſen Eingeweiden wühlen ſah.
Es mochte ſich das, was in dieſem Augenblick in
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