Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.ansehend. "Sie hoffen wirklich, die Frucht des Le- -- "Sie nennen mein Prophetenthum eine Lüge, anſehend. „Sie hoffen wirklich, die Frucht des Le- — „Sie nennen mein Prophetenthum eine Lüge, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0099" n="91"/> anſehend. „Sie hoffen wirklich, die Frucht des Le-<lb/> bens vom Baume der Lüge, des Betrugs zu ärnten,<lb/> Sir?“</p><lb/> <p>— „Sie nennen mein Prophetenthum eine Lüge,<lb/> den Mormonismus einen Betrug, junger Mann,“<lb/> verſetzte Smith, ohne zornig zu werden; „wohlan,<lb/> ich gebe zu, daß Sie darin Recht haben; aber wenn<lb/> ich die meinem Worte Vertrauenden belüge, wenn ich<lb/> ſie hintergehe, ſo geſchieht es in einer Abſicht, die ich<lb/> vor Gott, vor mir ſelbſt und vor jedem guten und<lb/> gerechten Menſchen verantworten kann: es geſchieht,<lb/> um die Menſchen beſſer und dadurch glücklicher zu<lb/> machen. Daß etwas für ſie geſchehen müſſe, daß<lb/> Alles zu Grunde gehen würde, wenn man ſie nicht<lb/> durch irgend Etwas aus dem Zuſtande aufrüttelte, in<lb/> den ſie verfallen waren, das wurde mir erſt recht klar,<lb/> als mein Schickſal mich hieher, in die vereinigten<lb/> Staaten von Amerika, führte, denn hier liegen die<lb/> Zuſtände nackter am Tage, als in dem überfeinerten<lb/> Europa. Hier ſchämt man ſich kaum ſeiner Sünden<lb/> und geiſtigen Gebrechen mehr; hier ſind die Gefühle<lb/> von jeglicher Poeſie entkleidet; hier heißt Leben, nach<lb/> Gold und materiellen Genüſſen jagen; hier fehlt der<lb/> Sinn für das Große, das Schöne, das Erhabene<lb/> gänzlich; hier darf ſich, ohne Furcht vor Verachtung,<lb/> der Egoismus in ſeiner ſcheußlichen Blöße zeigen; hier<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [91/0099]
anſehend. „Sie hoffen wirklich, die Frucht des Le-
bens vom Baume der Lüge, des Betrugs zu ärnten,
Sir?“
— „Sie nennen mein Prophetenthum eine Lüge,
den Mormonismus einen Betrug, junger Mann,“
verſetzte Smith, ohne zornig zu werden; „wohlan,
ich gebe zu, daß Sie darin Recht haben; aber wenn
ich die meinem Worte Vertrauenden belüge, wenn ich
ſie hintergehe, ſo geſchieht es in einer Abſicht, die ich
vor Gott, vor mir ſelbſt und vor jedem guten und
gerechten Menſchen verantworten kann: es geſchieht,
um die Menſchen beſſer und dadurch glücklicher zu
machen. Daß etwas für ſie geſchehen müſſe, daß
Alles zu Grunde gehen würde, wenn man ſie nicht
durch irgend Etwas aus dem Zuſtande aufrüttelte, in
den ſie verfallen waren, das wurde mir erſt recht klar,
als mein Schickſal mich hieher, in die vereinigten
Staaten von Amerika, führte, denn hier liegen die
Zuſtände nackter am Tage, als in dem überfeinerten
Europa. Hier ſchämt man ſich kaum ſeiner Sünden
und geiſtigen Gebrechen mehr; hier ſind die Gefühle
von jeglicher Poeſie entkleidet; hier heißt Leben, nach
Gold und materiellen Genüſſen jagen; hier fehlt der
Sinn für das Große, das Schöne, das Erhabene
gänzlich; hier darf ſich, ohne Furcht vor Verachtung,
der Egoismus in ſeiner ſcheußlichen Blöße zeigen; hier
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