Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.wird verhöhnt, wer nur ahnen läßt, daß es noch -- "O nein, nein!" rief Arnold schmerzlich be- -- "Und in diesen Zustand," fuhr der Prophet wird verhöhnt, wer nur ahnen läßt, daß es noch — „O nein, nein!“ rief Arnold ſchmerzlich be- — „Und in dieſen Zuſtand,“ fuhr der Prophet <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0100" n="92"/> wird verhöhnt, wer nur ahnen läßt, daß es noch<lb/> höhere Bedürfniſſe, als die gröbſten materiellen, für<lb/> ihn gebe. Sie kennen dieſes Land und kennen auch<lb/> die Menſchen darin und ſo darf ich nicht fürchten,<lb/> Sir, daß Sie mir den Vorwurf machen werden, den<lb/> Pinſel in den Farbentopf eines Höllenbreughels ge-<lb/> taucht zu haben, indem ich ſie Jhnen ſchilderte.“</p><lb/> <p>— „O nein, nein!“ rief Arnold ſchmerzlich be-<lb/> wegt aus, „Sie haben nicht übertrieben, es iſt hier<lb/> ſo, wie Sie ſagten.“</p><lb/> <p>— „Und in dieſen Zuſtand,“ fuhr der Prophet<lb/> nach einer ziemlich langen Pauſe fort, „waren die<lb/> Menſchen, welche ſich Chriſten nennen, unter der<lb/> Aegide der ſogenannten geoffenbarten Religion gera-<lb/> then, umgeben von Prieſtern und Kirchen, im Ange-<lb/> ſichte der Altäre. Jch ſah ſie am Morgen mit der<lb/> andächtigſten Miene in die Kirchen wallen; ich ſah<lb/> Thränen in ihren Augen bei den Drohungen und Er-<lb/> mahnungen der Prieſter; ich ſah ſie das geſtohlene<lb/> oder ſonſt auf ſchändliche Weiſe erworbene Geld in<lb/> die Opferblöcke legen; ſah ſie den Feiertag, nach dem<lb/> Gebot der Kirche, durch Nichtsthun heiligen, aber<lb/> trotz dem Allen doch den niedrigſten Laſtern fröhnen,<lb/> ſie die größeſten Verbrechen begehen; ich ſah ſelbſt<lb/> den Prieſter, der Demuth, Barmherzigkeit, Keuſch-<lb/> heit und einen Gott gefälligen Wandel predigte, Sün-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [92/0100]
wird verhöhnt, wer nur ahnen läßt, daß es noch
höhere Bedürfniſſe, als die gröbſten materiellen, für
ihn gebe. Sie kennen dieſes Land und kennen auch
die Menſchen darin und ſo darf ich nicht fürchten,
Sir, daß Sie mir den Vorwurf machen werden, den
Pinſel in den Farbentopf eines Höllenbreughels ge-
taucht zu haben, indem ich ſie Jhnen ſchilderte.“
— „O nein, nein!“ rief Arnold ſchmerzlich be-
wegt aus, „Sie haben nicht übertrieben, es iſt hier
ſo, wie Sie ſagten.“
— „Und in dieſen Zuſtand,“ fuhr der Prophet
nach einer ziemlich langen Pauſe fort, „waren die
Menſchen, welche ſich Chriſten nennen, unter der
Aegide der ſogenannten geoffenbarten Religion gera-
then, umgeben von Prieſtern und Kirchen, im Ange-
ſichte der Altäre. Jch ſah ſie am Morgen mit der
andächtigſten Miene in die Kirchen wallen; ich ſah
Thränen in ihren Augen bei den Drohungen und Er-
mahnungen der Prieſter; ich ſah ſie das geſtohlene
oder ſonſt auf ſchändliche Weiſe erworbene Geld in
die Opferblöcke legen; ſah ſie den Feiertag, nach dem
Gebot der Kirche, durch Nichtsthun heiligen, aber
trotz dem Allen doch den niedrigſten Laſtern fröhnen,
ſie die größeſten Verbrechen begehen; ich ſah ſelbſt
den Prieſter, der Demuth, Barmherzigkeit, Keuſch-
heit und einen Gott gefälligen Wandel predigte, Sün-
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