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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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-- "Und was hast du, sein Vater, mir zur
Sühne des durch ihn vergossenen Bruderbluts, was
hast du mir für das Leben eines Jünglings zu bieten,
der der Stolz und die Freude deines Herzens, die
Hoffnung deines Stammes ist?" fragte der Häupt-
ling.

-- "Jch," versetzte Waupee mit traurigem Tone,
"besitze Nichts, was ich wagen dürfte, dir für ein
solches Leben zu bieten, denn ich bin arm und habe
Nichts, was du nicht besser hättest; aber ich habe
unter den Bleichgesichtern einen Freund und White-
hawk hat in ihm einen Bruder gefunden; er ist hier
und wenn es dir recht ist, führe ich ihn in den Kreis,
damit er dir zeige, womit er seines Bruders Leben
zu erkaufen gewillt ist."

-- "Führe ihn her," sagte Opiska Toaki, "da-
mit ich seine Gaben sehe und schätze."

Waupee verließ jetzt den Kreis und näherte sich
Arnolden, der, in der Erwartung, gerufen zu wer-
den, bereits aufgestanden war und sich dem Kreise ge-
nähert hatte, in den er, wie er wußte, als Fremd-
ling nicht ohne eine besondere Aufforderung von Sei-
ten der Wilden treten durfte.

-- "Komm," sagte Waupee mit sanfter Stimme
zu ihm, "komm, mein bleicher Bruder, und bringe
deine Gaben dem Bluträcher dar!"

— „Und was haſt du, ſein Vater, mir zur
Sühne des durch ihn vergoſſenen Bruderbluts, was
haſt du mir für das Leben eines Jünglings zu bieten,
der der Stolz und die Freude deines Herzens, die
Hoffnung deines Stammes iſt?“ fragte der Häupt-
ling.

— „Jch,“ verſetzte Waupee mit traurigem Tone,
„beſitze Nichts, was ich wagen dürfte, dir für ein
ſolches Leben zu bieten, denn ich bin arm und habe
Nichts, was du nicht beſſer hätteſt; aber ich habe
unter den Bleichgeſichtern einen Freund und White-
hawk hat in ihm einen Bruder gefunden; er iſt hier
und wenn es dir recht iſt, führe ich ihn in den Kreis,
damit er dir zeige, womit er ſeines Bruders Leben
zu erkaufen gewillt iſt.“

— „Führe ihn her,“ ſagte Opiska Toaki, „da-
mit ich ſeine Gaben ſehe und ſchätze.“

Waupee verließ jetzt den Kreis und näherte ſich
Arnolden, der, in der Erwartung, gerufen zu wer-
den, bereits aufgeſtanden war und ſich dem Kreiſe ge-
nähert hatte, in den er, wie er wußte, als Fremd-
ling nicht ohne eine beſondere Aufforderung von Sei-
ten der Wilden treten durfte.

— „Komm,“ ſagte Waupee mit ſanfter Stimme
zu ihm, „komm, mein bleicher Bruder, und bringe
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[40/0048] — „Und was haſt du, ſein Vater, mir zur Sühne des durch ihn vergoſſenen Bruderbluts, was haſt du mir für das Leben eines Jünglings zu bieten, der der Stolz und die Freude deines Herzens, die Hoffnung deines Stammes iſt?“ fragte der Häupt- ling. — „Jch,“ verſetzte Waupee mit traurigem Tone, „beſitze Nichts, was ich wagen dürfte, dir für ein ſolches Leben zu bieten, denn ich bin arm und habe Nichts, was du nicht beſſer hätteſt; aber ich habe unter den Bleichgeſichtern einen Freund und White- hawk hat in ihm einen Bruder gefunden; er iſt hier und wenn es dir recht iſt, führe ich ihn in den Kreis, damit er dir zeige, womit er ſeines Bruders Leben zu erkaufen gewillt iſt.“ — „Führe ihn her,“ ſagte Opiska Toaki, „da- mit ich ſeine Gaben ſehe und ſchätze.“ Waupee verließ jetzt den Kreis und näherte ſich Arnolden, der, in der Erwartung, gerufen zu wer- den, bereits aufgeſtanden war und ſich dem Kreiſe ge- nähert hatte, in den er, wie er wußte, als Fremd- ling nicht ohne eine beſondere Aufforderung von Sei- ten der Wilden treten durfte. — „Komm,“ ſagte Waupee mit ſanfter Stimme zu ihm, „komm, mein bleicher Bruder, und bringe deine Gaben dem Bluträcher dar!“

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/48>, abgerufen am 29.03.2024.