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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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-- "Was würde ich darum gegeben haben, daß
du mich in Nauvoo getroffen!" rief der junge Mann
aus; "wie aber soll ich dir jetzt helfen, wo ich fast
nicht mehr besitze, als du dem Bluträcher bieten könn-
test, die Büchse und die Jagdtasche nebst einigen un-
bedeutenden Kleinigkeiten, worauf man geringen Werth
setzen wird?"

-- "So muß White-hawk sterben und es ist so
der Wille Takwantonas, der lange schon den Roth-
häuten zürnt und ihnen die böse Seuche geschickt hat,
um sie von der Erde zu vertilgen. Manitou hat seine
Macht verloren und es ist vergebens, daß wir ihm
Gaben und Gebete darbringen; besser thäten wir, uns
an Takwantona, an Anim Teki, den Donner, und
Kinnebek, die große Schlange, damit zu wenden, um
sie uns wo möglich geneigt zu machen; denn sie sind
jetzt mächtiger auf Erden, als der gute Geist."

Unter diesen und ähnlichen Gesprächen setzten die
nächtlichen Wanderer ihren Weg durch die Prairie
fort und langten mit Anbruch des Tages in dem
großen Urwalde an, hinter dem die Niederlassungen,
jenseits des Flusses, der Sioux lagen. Menschen und
Thiere waren so ermüdet, daß man einige Stunden
Ruhe suchen mußte, was man während der Nacht,
der Raubthiere wegen, nicht zu thun gewagt hatte,
da die baumlose Prairie nicht einmal die Mittel dar-

— „Was würde ich darum gegeben haben, daß
du mich in Nauvoo getroffen!“ rief der junge Mann
aus; „wie aber ſoll ich dir jetzt helfen, wo ich faſt
nicht mehr beſitze, als du dem Bluträcher bieten könn-
teſt, die Büchſe und die Jagdtaſche nebſt einigen un-
bedeutenden Kleinigkeiten, worauf man geringen Werth
ſetzen wird?“

— „So muß White-hawk ſterben und es iſt ſo
der Wille Takwantonas, der lange ſchon den Roth-
häuten zürnt und ihnen die böſe Seuche geſchickt hat,
um ſie von der Erde zu vertilgen. Manitou hat ſeine
Macht verloren und es iſt vergebens, daß wir ihm
Gaben und Gebete darbringen; beſſer thäten wir, uns
an Takwantona, an Anim Teki, den Donner, und
Kinnebek, die große Schlange, damit zu wenden, um
ſie uns wo möglich geneigt zu machen; denn ſie ſind
jetzt mächtiger auf Erden, als der gute Geiſt.“

Unter dieſen und ähnlichen Geſprächen ſetzten die
nächtlichen Wanderer ihren Weg durch die Prairie
fort und langten mit Anbruch des Tages in dem
großen Urwalde an, hinter dem die Niederlaſſungen,
jenſeits des Fluſſes, der Sioux lagen. Menſchen und
Thiere waren ſo ermüdet, daß man einige Stunden
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[20/0028] — „Was würde ich darum gegeben haben, daß du mich in Nauvoo getroffen!“ rief der junge Mann aus; „wie aber ſoll ich dir jetzt helfen, wo ich faſt nicht mehr beſitze, als du dem Bluträcher bieten könn- teſt, die Büchſe und die Jagdtaſche nebſt einigen un- bedeutenden Kleinigkeiten, worauf man geringen Werth ſetzen wird?“ — „So muß White-hawk ſterben und es iſt ſo der Wille Takwantonas, der lange ſchon den Roth- häuten zürnt und ihnen die böſe Seuche geſchickt hat, um ſie von der Erde zu vertilgen. Manitou hat ſeine Macht verloren und es iſt vergebens, daß wir ihm Gaben und Gebete darbringen; beſſer thäten wir, uns an Takwantona, an Anim Teki, den Donner, und Kinnebek, die große Schlange, damit zu wenden, um ſie uns wo möglich geneigt zu machen; denn ſie ſind jetzt mächtiger auf Erden, als der gute Geiſt.“ Unter dieſen und ähnlichen Geſprächen ſetzten die nächtlichen Wanderer ihren Weg durch die Prairie fort und langten mit Anbruch des Tages in dem großen Urwalde an, hinter dem die Niederlaſſungen, jenſeits des Fluſſes, der Sioux lagen. Menſchen und Thiere waren ſo ermüdet, daß man einige Stunden Ruhe ſuchen mußte, was man während der Nacht, der Raubthiere wegen, nicht zu thun gewagt hatte, da die baumloſe Prairie nicht einmal die Mittel dar-

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/28>, abgerufen am 18.04.2024.