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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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gewöhnen können, zu singen, wenn Sie im Zimmer
gegenwärtig sind."

Arnold wußte nicht, was er von dieser Selt-
samkeit denken sollte, doch fügte er sich jetzt derselben
ohne weitere Widerrede. Marie wies ihm seinen Platz
auf dem Sopha an und begab sich in das andere
Zimmer, wo das Jnstrument stand. Es dauerte eine
Weile, bis es geöffnet wurde; dann schlugen volle,
kräftige Akkorde an sein Ohr, die das Vorspiel ein-
leiteten und bald erhob sich wieder die Stimme, die
schon einmal einen fast zauberhaften Eindruck auf ihn
gemacht hatte. Es war ein altes, einfaches Kirchen-
lied, das gesungen wurde, und mit solcher Meister-
haft, mit solchem Ausdruck und Gefühl, daß sich den
Augen des Hörers seiner unbewußt süße Thränen ent-
stahlen und sich eine wahrhaft himmlische Ruhe um
sein eben noch so bewegtes Herz legte. Er schloß
die Augen, um besser hören, diese Wundertöne besser
in seine Seele aufnehmen zu können; noch eine Weile,
nachdem der Gesang schon schwieg, saß er so da, wie
in Entzücken verloren.

Endlich erhob er sich und trat in das andere
Zimmer, um Marien zu danken, er war aber nicht
wenig überrascht, Dina daselbst anzutreffen, die, wie
er bemerkte, eben im Begriff stand, in dem noch vor
ihr stehenden Notenbuche eine andere Arie aufzusuchen

gewöhnen können, zu ſingen, wenn Sie im Zimmer
gegenwärtig ſind.“

Arnold wußte nicht, was er von dieſer Selt-
ſamkeit denken ſollte, doch fügte er ſich jetzt derſelben
ohne weitere Widerrede. Marie wies ihm ſeinen Platz
auf dem Sopha an und begab ſich in das andere
Zimmer, wo das Jnſtrument ſtand. Es dauerte eine
Weile, bis es geöffnet wurde; dann ſchlugen volle,
kräftige Akkorde an ſein Ohr, die das Vorſpiel ein-
leiteten und bald erhob ſich wieder die Stimme, die
ſchon einmal einen faſt zauberhaften Eindruck auf ihn
gemacht hatte. Es war ein altes, einfaches Kirchen-
lied, das geſungen wurde, und mit ſolcher Meiſter-
haft, mit ſolchem Ausdruck und Gefühl, daß ſich den
Augen des Hörers ſeiner unbewußt ſüße Thränen ent-
ſtahlen und ſich eine wahrhaft himmliſche Ruhe um
ſein eben noch ſo bewegtes Herz legte. Er ſchloß
die Augen, um beſſer hören, dieſe Wundertöne beſſer
in ſeine Seele aufnehmen zu können; noch eine Weile,
nachdem der Geſang ſchon ſchwieg, ſaß er ſo da, wie
in Entzücken verloren.

Endlich erhob er ſich und trat in das andere
Zimmer, um Marien zu danken, er war aber nicht
wenig überraſcht, Dina daſelbſt anzutreffen, die, wie
er bemerkte, eben im Begriff ſtand, in dem noch vor
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[155/0163] gewöhnen können, zu ſingen, wenn Sie im Zimmer gegenwärtig ſind.“ Arnold wußte nicht, was er von dieſer Selt- ſamkeit denken ſollte, doch fügte er ſich jetzt derſelben ohne weitere Widerrede. Marie wies ihm ſeinen Platz auf dem Sopha an und begab ſich in das andere Zimmer, wo das Jnſtrument ſtand. Es dauerte eine Weile, bis es geöffnet wurde; dann ſchlugen volle, kräftige Akkorde an ſein Ohr, die das Vorſpiel ein- leiteten und bald erhob ſich wieder die Stimme, die ſchon einmal einen faſt zauberhaften Eindruck auf ihn gemacht hatte. Es war ein altes, einfaches Kirchen- lied, das geſungen wurde, und mit ſolcher Meiſter- haft, mit ſolchem Ausdruck und Gefühl, daß ſich den Augen des Hörers ſeiner unbewußt ſüße Thränen ent- ſtahlen und ſich eine wahrhaft himmliſche Ruhe um ſein eben noch ſo bewegtes Herz legte. Er ſchloß die Augen, um beſſer hören, dieſe Wundertöne beſſer in ſeine Seele aufnehmen zu können; noch eine Weile, nachdem der Geſang ſchon ſchwieg, ſaß er ſo da, wie in Entzücken verloren. Endlich erhob er ſich und trat in das andere Zimmer, um Marien zu danken, er war aber nicht wenig überraſcht, Dina daſelbſt anzutreffen, die, wie er bemerkte, eben im Begriff ſtand, in dem noch vor ihr ſtehenden Notenbuche eine andere Arie aufzuſuchen

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/163>, abgerufen am 28.11.2024.