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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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verkehrt, ohne daß auch nur die mindeste Annäherung
zwischen ihnen stattgefunden hatte; wie kam es denn
jetzt, daß der Prophet ihm gleichsam seine Freund-
schaft, ja, sein Vertrauen, aufdrang? Darunter mußte
eine geheime Absicht verborgen liegen; Arnold hoffte
sie zu erforschen und beschloß zugleich, jetzt doppelt
auf seiner Huth gegen diesen gefährlichen Mann zu
seyn, weil er nur dadurch die ihm gelegten Schlingen
vermeiden konnte.

Er nahm sich vor, in seinem Benehmen gegen
den Propheten nicht das Geringste zu verändern, was
dieser auch thun möge, ihn für sich und seine Pläne
zu gewinnen, und dabei alle seine Schritte, jede sei-
ner Bewegungen zu beobachten, was ihm, außer daß
es ihn vor Gefahr bewahrte, noch eine anregende Un-
terhaltung und Bereicherung seiner Menschenkenntniß
zu gewähren versprach.

Drei Tage nach dem Besuche, den Arnold Joe
Smith in seiner Behausung abgestattet hatte, führten
Berufsgeschäfte erstern auf einige Zeit von Nauvoo
weg. Eine neue Colonie, meist aus Jrländern be-
stehend, sollte im Norden der Grafschaft angelegt wer-
den und man hatte ihn gebeten, die Vermessungen zu
übernehmen, und da er völlig frei und unabhängig
war, stand er nicht an, auf die Wünsche der neuen
Ansiedler einzugehen. Sich von Joe Smith zu beur-

verkehrt, ohne daß auch nur die mindeſte Annäherung
zwiſchen ihnen ſtattgefunden hatte; wie kam es denn
jetzt, daß der Prophet ihm gleichſam ſeine Freund-
ſchaft, ja, ſein Vertrauen, aufdrang? Darunter mußte
eine geheime Abſicht verborgen liegen; Arnold hoffte
ſie zu erforſchen und beſchloß zugleich, jetzt doppelt
auf ſeiner Huth gegen dieſen gefährlichen Mann zu
ſeyn, weil er nur dadurch die ihm gelegten Schlingen
vermeiden konnte.

Er nahm ſich vor, in ſeinem Benehmen gegen
den Propheten nicht das Geringſte zu verändern, was
dieſer auch thun möge, ihn für ſich und ſeine Pläne
zu gewinnen, und dabei alle ſeine Schritte, jede ſei-
ner Bewegungen zu beobachten, was ihm, außer daß
es ihn vor Gefahr bewahrte, noch eine anregende Un-
terhaltung und Bereicherung ſeiner Menſchenkenntniß
zu gewähren verſprach.

Drei Tage nach dem Beſuche, den Arnold Joe
Smith in ſeiner Behauſung abgeſtattet hatte, führten
Berufsgeſchäfte erſtern auf einige Zeit von Nauvoo
weg. Eine neue Colonie, meiſt aus Jrländern be-
ſtehend, ſollte im Norden der Grafſchaft angelegt wer-
den und man hatte ihn gebeten, die Vermeſſungen zu
übernehmen, und da er völlig frei und unabhängig
war, ſtand er nicht an, auf die Wünſche der neuen
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[125/0133] verkehrt, ohne daß auch nur die mindeſte Annäherung zwiſchen ihnen ſtattgefunden hatte; wie kam es denn jetzt, daß der Prophet ihm gleichſam ſeine Freund- ſchaft, ja, ſein Vertrauen, aufdrang? Darunter mußte eine geheime Abſicht verborgen liegen; Arnold hoffte ſie zu erforſchen und beſchloß zugleich, jetzt doppelt auf ſeiner Huth gegen dieſen gefährlichen Mann zu ſeyn, weil er nur dadurch die ihm gelegten Schlingen vermeiden konnte. Er nahm ſich vor, in ſeinem Benehmen gegen den Propheten nicht das Geringſte zu verändern, was dieſer auch thun möge, ihn für ſich und ſeine Pläne zu gewinnen, und dabei alle ſeine Schritte, jede ſei- ner Bewegungen zu beobachten, was ihm, außer daß es ihn vor Gefahr bewahrte, noch eine anregende Un- terhaltung und Bereicherung ſeiner Menſchenkenntniß zu gewähren verſprach. Drei Tage nach dem Beſuche, den Arnold Joe Smith in ſeiner Behauſung abgeſtattet hatte, führten Berufsgeſchäfte erſtern auf einige Zeit von Nauvoo weg. Eine neue Colonie, meiſt aus Jrländern be- ſtehend, ſollte im Norden der Grafſchaft angelegt wer- den und man hatte ihn gebeten, die Vermeſſungen zu übernehmen, und da er völlig frei und unabhängig war, ſtand er nicht an, auf die Wünſche der neuen Anſiedler einzugehen. Sich von Joe Smith zu beur-

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/133>, abgerufen am 24.11.2024.