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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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Nach einigen so verlebten Jahren nahm Karl
von Manders Vater diesen von Gent fort, und
brachte ihn nach der ebenfalls nah belegnen Stadt
Courtray zu einem andern Meister Namens Peter
Ulrick, unter dessen Leitung er noch etwas über
ein Jahr die Kunst übte, und dann als ein und
zwanzigjähriger Jüngling im Jahr 1569 wieder im
väterlichen Hause einzog.

Es schien beinah, als ob er jetzt die bil-
dende Kunst aufgeben wollte, um sich ganz den
schönen Wissenschaften, vor Allem der Poesie zu
weihen. Er malte Anfangs nur wenig, las,
schrieb und dichtete aber um so mehr, und fand
besonders große Freude an theatralischen Darstel-
lungen, die er durch seine Geschwister und seine
nächsten Umgebungen im väterlichen Hause auf-
führen ließ. Bei diesen war er Dichter, Deko-
rateur und Direktor in Einer Person, und zeigte
dabei Talent und bedeutendes Erfindungsvermögen.
Jene Kunst war damals noch ganz in der Kindheit,
von Theatern, wie wir sie jetzt besitzen, noch keine
Spur vorhanden. Nur Fürsten und große Herren

Nach einigen ſo verlebten Jahren nahm Karl
von Manders Vater dieſen von Gent fort, und
brachte ihn nach der ebenfalls nah belegnen Stadt
Courtray zu einem andern Meiſter Namens Peter
Ulrick, unter deſſen Leitung er noch etwas über
ein Jahr die Kunſt übte, und dann als ein und
zwanzigjähriger Jüngling im Jahr 1569 wieder im
väterlichen Hauſe einzog.

Es ſchien beinah, als ob er jetzt die bil-
dende Kunſt aufgeben wollte, um ſich ganz den
ſchönen Wiſſenſchaften, vor Allem der Poeſie zu
weihen. Er malte Anfangs nur wenig, las,
ſchrieb und dichtete aber um ſo mehr, und fand
beſonders große Freude an theatraliſchen Darſtel-
lungen, die er durch ſeine Geſchwiſter und ſeine
nächſten Umgebungen im väterlichen Hauſe auf-
führen ließ. Bei dieſen war er Dichter, Deko-
rateur und Direktor in Einer Perſon, und zeigte
dabei Talent und bedeutendes Erfindungsvermögen.
Jene Kunſt war damals noch ganz in der Kindheit,
von Theatern, wie wir ſie jetzt beſitzen, noch keine
Spur vorhanden. Nur Fürſten und große Herren

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[184/0192] Nach einigen ſo verlebten Jahren nahm Karl von Manders Vater dieſen von Gent fort, und brachte ihn nach der ebenfalls nah belegnen Stadt Courtray zu einem andern Meiſter Namens Peter Ulrick, unter deſſen Leitung er noch etwas über ein Jahr die Kunſt übte, und dann als ein und zwanzigjähriger Jüngling im Jahr 1569 wieder im väterlichen Hauſe einzog. Es ſchien beinah, als ob er jetzt die bil- dende Kunſt aufgeben wollte, um ſich ganz den ſchönen Wiſſenſchaften, vor Allem der Poeſie zu weihen. Er malte Anfangs nur wenig, las, ſchrieb und dichtete aber um ſo mehr, und fand beſonders große Freude an theatraliſchen Darſtel- lungen, die er durch ſeine Geſchwiſter und ſeine nächſten Umgebungen im väterlichen Hauſe auf- führen ließ. Bei dieſen war er Dichter, Deko- rateur und Direktor in Einer Perſon, und zeigte dabei Talent und bedeutendes Erfindungsvermögen. Jene Kunſt war damals noch ganz in der Kindheit, von Theatern, wie wir ſie jetzt beſitzen, noch keine Spur vorhanden. Nur Fürſten und große Herren

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/192>, abgerufen am 25.11.2024.