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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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und die Tochter jenes Hauses rettete sich und ihn,
indem sie mit ihm nach Venedig entfloh. Denn als
im Jahr 1536 die dort verübten Gräuel endlich
von der Obrigkeit entdeckt wurden, lebte dieses
unglückliche Mädchen bei Johann von Calkar, in
seinem Hause zu Venedig, wo dieser damals schon
ansässig war. Sie ward auf Verlangen der Obrig-
keit von Dordrecht, in Venedig vor Gericht gezo-
gen, doch da sie ihre Unschuld an den Verbrechen
ihrer Eltern beweisen, und man sie doch nicht dafür
bestrafen konnte, daß sie dieselben verschwiegen
hatte, so ließ man sie bald wieder frei zu ihrem Be-
schützer zurückkehren.

Johann von Calkar hatte sich Tizians Art
zu malen so ganz angeeignet, daß es oft schwer
war, die Arbeiten des Schülers von denen des
Meisters zu unterscheiden. Man sagt, daß die
größten Kenner und bedeutende Künstler seiner
Zeit sich durch die große Ähnlichkeit zwischen beiden
zuweilen für den Moment irre führen ließen,
und eine Mater Dolorosa von ihm in der Bois-
sereeschen Sammlung ist in der That von so hoher

und die Tochter jenes Hauſes rettete ſich und ihn,
indem ſie mit ihm nach Venedig entfloh. Denn als
im Jahr 1536 die dort verübten Gräuel endlich
von der Obrigkeit entdeckt wurden, lebte dieſes
unglückliche Mädchen bei Johann von Calkar, in
ſeinem Hauſe zu Venedig, wo dieſer damals ſchon
anſäſſig war. Sie ward auf Verlangen der Obrig-
keit von Dordrecht, in Venedig vor Gericht gezo-
gen, doch da ſie ihre Unſchuld an den Verbrechen
ihrer Eltern beweiſen, und man ſie doch nicht dafür
beſtrafen konnte, daß ſie dieſelben verſchwiegen
hatte, ſo ließ man ſie bald wieder frei zu ihrem Be-
ſchützer zurückkehren.

Johann von Calkar hatte ſich Tizians Art
zu malen ſo ganz angeeignet, daß es oft ſchwer
war, die Arbeiten des Schülers von denen des
Meiſters zu unterſcheiden. Man ſagt, daß die
größten Kenner und bedeutende Künſtler ſeiner
Zeit ſich durch die große Ähnlichkeit zwiſchen beiden
zuweilen für den Moment irre führen ließen,
und eine Mater Doloroſa von ihm in der Boiſ-
ſeréeſchen Sammlung iſt in der That von ſo hoher

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[176/0184] und die Tochter jenes Hauſes rettete ſich und ihn, indem ſie mit ihm nach Venedig entfloh. Denn als im Jahr 1536 die dort verübten Gräuel endlich von der Obrigkeit entdeckt wurden, lebte dieſes unglückliche Mädchen bei Johann von Calkar, in ſeinem Hauſe zu Venedig, wo dieſer damals ſchon anſäſſig war. Sie ward auf Verlangen der Obrig- keit von Dordrecht, in Venedig vor Gericht gezo- gen, doch da ſie ihre Unſchuld an den Verbrechen ihrer Eltern beweiſen, und man ſie doch nicht dafür beſtrafen konnte, daß ſie dieſelben verſchwiegen hatte, ſo ließ man ſie bald wieder frei zu ihrem Be- ſchützer zurückkehren. Johann von Calkar hatte ſich Tizians Art zu malen ſo ganz angeeignet, daß es oft ſchwer war, die Arbeiten des Schülers von denen des Meiſters zu unterſcheiden. Man ſagt, daß die größten Kenner und bedeutende Künſtler ſeiner Zeit ſich durch die große Ähnlichkeit zwiſchen beiden zuweilen für den Moment irre führen ließen, und eine Mater Doloroſa von ihm in der Boiſ- ſeréeſchen Sammlung iſt in der That von ſo hoher

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/184>, abgerufen am 25.11.2024.