Johann von Calkar ward um das Jahr 1500 in der im Herzogthum Cleve liegenden Stadt, deren Namen er führt, geboren, und auch von dieses Meisters Jugendgeschichte und seinem Beginnen auf der Bahn der Kunst ist nur wenig bis auf unsere Zeiten gekommen. Er vollendete seine Bildung in Jtalien, und könnte, als einer der vorzüglichsten Schüler Tizians, eher zu den italiänischen Meistern als zu den Nachfolgern van Eycks gezählt werden. Doch seine Geburt eignet ihn uns an, er nimmt in der Reihe der großen Meister jedes Landes einen so ehrenvollen Plaz ein und hielt bei allen Vor- zügen der italiänischen Schule, welche er sich an- zueignen wußte, dennoch so fest an der Natur, blieb so ferne von allen erzwungnen Künsteleien, daß wir billig uns freuen, ihn den Unsern zu nennen, und uns keinesweges dieses Rechtes begeben dürfen.
Wahrscheinlich kam er auf seiner Wanderung nach Jtalien in jene Mörderherberge zu Dordrecht, deren in Hemskerks Leben Erwähnung geschieht,
Johann von Calkar.
Johann von Calkar ward um das Jahr 1500 in der im Herzogthum Cleve liegenden Stadt, deren Namen er führt, geboren, und auch von dieſes Meiſters Jugendgeſchichte und ſeinem Beginnen auf der Bahn der Kunſt iſt nur wenig bis auf unſere Zeiten gekommen. Er vollendete ſeine Bildung in Jtalien, und könnte, als einer der vorzüglichſten Schüler Tizians, eher zu den italiäniſchen Meiſtern als zu den Nachfolgern van Eycks gezählt werden. Doch ſeine Geburt eignet ihn uns an, er nimmt in der Reihe der großen Meiſter jedes Landes einen ſo ehrenvollen Plaz ein und hielt bei allen Vor- zügen der italiäniſchen Schule, welche er ſich an- zueignen wußte, dennoch ſo feſt an der Natur, blieb ſo ferne von allen erzwungnen Künſteleien, daß wir billig uns freuen, ihn den Unſern zu nennen, und uns keinesweges dieſes Rechtes begeben dürfen.
Wahrſcheinlich kam er auf ſeiner Wanderung nach Jtalien in jene Mörderherberge zu Dordrecht, deren in Hemskerks Leben Erwähnung geſchieht,
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Johann von Calkar.
Johann von Calkar ward um das Jahr 1500
in der im Herzogthum Cleve liegenden Stadt, deren
Namen er führt, geboren, und auch von dieſes
Meiſters Jugendgeſchichte und ſeinem Beginnen
auf der Bahn der Kunſt iſt nur wenig bis auf unſere
Zeiten gekommen. Er vollendete ſeine Bildung in
Jtalien, und könnte, als einer der vorzüglichſten
Schüler Tizians, eher zu den italiäniſchen Meiſtern
als zu den Nachfolgern van Eycks gezählt werden.
Doch ſeine Geburt eignet ihn uns an, er nimmt in
der Reihe der großen Meiſter jedes Landes einen
ſo ehrenvollen Plaz ein und hielt bei allen Vor-
zügen der italiäniſchen Schule, welche er ſich an-
zueignen wußte, dennoch ſo feſt an der Natur,
blieb ſo ferne von allen erzwungnen Künſteleien,
daß wir billig uns freuen, ihn den Unſern zu nennen,
und uns keinesweges dieſes Rechtes begeben dürfen.
Wahrſcheinlich kam er auf ſeiner Wanderung
nach Jtalien in jene Mörderherberge zu Dordrecht,
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/183>, abgerufen am 16.02.2025.
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