Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

Zureden bewogen, die Einladung Peter Jakobs,
eines warmen Kunstfreundes auszuschlagen, und im
Gasthofe über Nacht zu bleiben, als eine noch am
Abend sich unvermuthet bietende Schiffsgelegen-
heit ihn bewog, gleich nach Harlem aufzubrechen,
ohne, wie er erst Willens gewesen, bei dem freund-
lichen Wirth bis zum folgenden Tage zu verweilen.
Dieser Zufall rettete ihm, ohne daß er es wußte,
das Leben, denn das Haus, in welchem er bleiben
wollte, ward wenige Monate später von der Obrig-
keit für eine Mordherberge erkannt, deren Besitzer
schon Jahre lang einkehrende Reisende, welche Geld
bei sich führten, umgebracht und im Keller ver-
graben hatten. Man fand dort eine große Grube
voll Überreste dieser Unglücklichen, deren Zahl
Hemskerk gewiß zu vermehren bestimmt war, denn
dem Sohne dieser Verbrecher konnte das fürchter-
liche Gewerbe seiner Eltern nicht unbekannt seyn,
da eine seiner Schwestern schon früher mit einem
jungen Maler nach Venedig geflüchtet war, weil
sie weder die Gräuel im väterlichen Hause länger
anzusehen, noch ihre Eltern anzuklagen vermochte.

II. Bd. 10

Zureden bewogen, die Einladung Peter Jakobs,
eines warmen Kunſtfreundes auszuſchlagen, und im
Gaſthofe über Nacht zu bleiben, als eine noch am
Abend ſich unvermuthet bietende Schiffsgelegen-
heit ihn bewog, gleich nach Harlem aufzubrechen,
ohne, wie er erſt Willens geweſen, bei dem freund-
lichen Wirth bis zum folgenden Tage zu verweilen.
Dieſer Zufall rettete ihm, ohne daß er es wußte,
das Leben, denn das Haus, in welchem er bleiben
wollte, ward wenige Monate ſpäter von der Obrig-
keit für eine Mordherberge erkannt, deren Beſitzer
ſchon Jahre lang einkehrende Reiſende, welche Geld
bei ſich führten, umgebracht und im Keller ver-
graben hatten. Man fand dort eine große Grube
voll Überreſte dieſer Unglücklichen, deren Zahl
Hemskerk gewiß zu vermehren beſtimmt war, denn
dem Sohne dieſer Verbrecher konnte das fürchter-
liche Gewerbe ſeiner Eltern nicht unbekannt ſeyn,
da eine ſeiner Schweſtern ſchon früher mit einem
jungen Maler nach Venedig geflüchtet war, weil
ſie weder die Gräuel im väterlichen Hauſe länger
anzuſehen, noch ihre Eltern anzuklagen vermochte.

II. Bd. 10
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0153" n="145"/>
Zureden bewogen, die Einladung Peter Jakobs,<lb/>
eines warmen Kun&#x017F;tfreundes auszu&#x017F;chlagen, und im<lb/>
Ga&#x017F;thofe über Nacht zu bleiben, als eine noch am<lb/>
Abend &#x017F;ich unvermuthet bietende Schiffsgelegen-<lb/>
heit ihn bewog, gleich nach Harlem aufzubrechen,<lb/>
ohne, wie er er&#x017F;t Willens gewe&#x017F;en, bei dem freund-<lb/>
lichen Wirth bis zum folgenden Tage zu verweilen.<lb/>
Die&#x017F;er Zufall rettete ihm, ohne daß er es wußte,<lb/>
das Leben, denn das Haus, in welchem er bleiben<lb/>
wollte, ward wenige Monate &#x017F;päter von der Obrig-<lb/>
keit für eine Mordherberge erkannt, deren Be&#x017F;itzer<lb/>
&#x017F;chon Jahre lang einkehrende Rei&#x017F;ende, welche Geld<lb/>
bei &#x017F;ich führten, umgebracht und im Keller ver-<lb/>
graben hatten. Man fand dort eine große Grube<lb/>
voll Überre&#x017F;te die&#x017F;er Unglücklichen, deren Zahl<lb/>
Hemskerk gewiß zu vermehren be&#x017F;timmt war, denn<lb/>
dem Sohne die&#x017F;er Verbrecher konnte das fürchter-<lb/>
liche Gewerbe &#x017F;einer Eltern nicht unbekannt &#x017F;eyn,<lb/>
da eine &#x017F;einer Schwe&#x017F;tern &#x017F;chon früher mit einem<lb/>
jungen Maler nach Venedig geflüchtet war, weil<lb/>
&#x017F;ie weder die Gräuel im väterlichen Hau&#x017F;e länger<lb/>
anzu&#x017F;ehen, noch ihre Eltern anzuklagen vermochte.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> Bd. 10</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0153] Zureden bewogen, die Einladung Peter Jakobs, eines warmen Kunſtfreundes auszuſchlagen, und im Gaſthofe über Nacht zu bleiben, als eine noch am Abend ſich unvermuthet bietende Schiffsgelegen- heit ihn bewog, gleich nach Harlem aufzubrechen, ohne, wie er erſt Willens geweſen, bei dem freund- lichen Wirth bis zum folgenden Tage zu verweilen. Dieſer Zufall rettete ihm, ohne daß er es wußte, das Leben, denn das Haus, in welchem er bleiben wollte, ward wenige Monate ſpäter von der Obrig- keit für eine Mordherberge erkannt, deren Beſitzer ſchon Jahre lang einkehrende Reiſende, welche Geld bei ſich führten, umgebracht und im Keller ver- graben hatten. Man fand dort eine große Grube voll Überreſte dieſer Unglücklichen, deren Zahl Hemskerk gewiß zu vermehren beſtimmt war, denn dem Sohne dieſer Verbrecher konnte das fürchter- liche Gewerbe ſeiner Eltern nicht unbekannt ſeyn, da eine ſeiner Schweſtern ſchon früher mit einem jungen Maler nach Venedig geflüchtet war, weil ſie weder die Gräuel im väterlichen Hauſe länger anzuſehen, noch ihre Eltern anzuklagen vermochte. II. Bd. 10

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/153
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/153>, abgerufen am 22.11.2024.