Hemskerk, ein unbedeutendes holländisches Dorf unfern Harlem, ist der Ort, wo dieser Meister im Jahr 1498 geboren ward und dessen Namen er späterhin annahm. Sein Vater hieß Jakob Willems van Veen und war ein ganz ge- wöhnlicher Bauer, der sich durch seines Sohnes früh aufkeimendes Talent zwar bewegen ließ, ihn nach Harlem zu einem Maler Namens Cornelis Villems in die Lehre zu geben, doch aber auch diesen Schritt bald wieder bereute, indem er den Vortheil berech- nete, den der heranwachsende Sohn ihm in der Wirthschaft bringen könnte. Er nahm deshalb den armen Martin lange vor Vollendung der Lehr- jahre wieder zurück auf das Dorf, und hier mußte er nun graben, hinterm Pfluge gehen, die Kühe melken und tausend Dinge treiben, die ihm lästig waren. Doch Martin ergab sich darein, wenn gleich mit Widerwillen, denn Willems van Veen war ein harter roher Mann, der seinen Sohn bei jedem Versehen seine schwere Hand fühlen lies. Das
Martin Hemskerk.
Hemskerk, ein unbedeutendes holländiſches Dorf unfern Harlem, iſt der Ort, wo dieſer Meiſter im Jahr 1498 geboren ward und deſſen Namen er ſpäterhin annahm. Sein Vater hieß Jakob Willems van Veen und war ein ganz ge- wöhnlicher Bauer, der ſich durch ſeines Sohnes früh aufkeimendes Talent zwar bewegen ließ, ihn nach Harlem zu einem Maler Namens Cornelis Villems in die Lehre zu geben, doch aber auch dieſen Schritt bald wieder bereute, indem er den Vortheil berech- nete, den der heranwachſende Sohn ihm in der Wirthſchaft bringen könnte. Er nahm deshalb den armen Martin lange vor Vollendung der Lehr- jahre wieder zurück auf das Dorf, und hier mußte er nun graben, hinterm Pfluge gehen, die Kühe melken und tauſend Dinge treiben, die ihm läſtig waren. Doch Martin ergab ſich darein, wenn gleich mit Widerwillen, denn Willems van Veen war ein harter roher Mann, der ſeinen Sohn bei jedem Verſehen ſeine ſchwere Hand fühlen lies. Das
<TEI><text><body><pbfacs="#f0141"n="133"/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Martin Hemskerk.</hi></hi></head><lb/><p>Hemskerk, ein unbedeutendes holländiſches<lb/>
Dorf unfern Harlem, iſt der Ort, wo dieſer<lb/>
Meiſter im Jahr 1498 geboren ward und deſſen<lb/>
Namen er ſpäterhin annahm. Sein Vater hieß<lb/>
Jakob Willems van Veen und war ein ganz ge-<lb/>
wöhnlicher Bauer, der ſich durch ſeines Sohnes früh<lb/>
aufkeimendes Talent zwar bewegen ließ, ihn nach<lb/>
Harlem zu einem Maler Namens Cornelis Villems<lb/>
in die Lehre zu geben, doch aber auch dieſen Schritt<lb/>
bald wieder bereute, indem er den Vortheil berech-<lb/>
nete, den der heranwachſende Sohn ihm in der<lb/>
Wirthſchaft bringen könnte. Er nahm deshalb<lb/>
den armen Martin lange vor Vollendung der Lehr-<lb/>
jahre wieder zurück auf das Dorf, und hier mußte<lb/>
er nun graben, hinterm Pfluge gehen, die Kühe<lb/>
melken und tauſend Dinge treiben, die ihm läſtig<lb/>
waren. Doch Martin ergab ſich darein, wenn gleich<lb/>
mit Widerwillen, denn Willems van Veen war<lb/>
ein harter roher Mann, der ſeinen Sohn bei jedem<lb/>
Verſehen ſeine ſchwere Hand fühlen lies. Das<lb/></p></div></body></text></TEI>
[133/0141]
Martin Hemskerk.
Hemskerk, ein unbedeutendes holländiſches
Dorf unfern Harlem, iſt der Ort, wo dieſer
Meiſter im Jahr 1498 geboren ward und deſſen
Namen er ſpäterhin annahm. Sein Vater hieß
Jakob Willems van Veen und war ein ganz ge-
wöhnlicher Bauer, der ſich durch ſeines Sohnes früh
aufkeimendes Talent zwar bewegen ließ, ihn nach
Harlem zu einem Maler Namens Cornelis Villems
in die Lehre zu geben, doch aber auch dieſen Schritt
bald wieder bereute, indem er den Vortheil berech-
nete, den der heranwachſende Sohn ihm in der
Wirthſchaft bringen könnte. Er nahm deshalb
den armen Martin lange vor Vollendung der Lehr-
jahre wieder zurück auf das Dorf, und hier mußte
er nun graben, hinterm Pfluge gehen, die Kühe
melken und tauſend Dinge treiben, die ihm läſtig
waren. Doch Martin ergab ſich darein, wenn gleich
mit Widerwillen, denn Willems van Veen war
ein harter roher Mann, der ſeinen Sohn bei jedem
Verſehen ſeine ſchwere Hand fühlen lies. Das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/141>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.