Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

Wie kaiserlich Karl Wort hielt, weiß die
Welt. Der unglückliche Kurfürst wurde von einem
Gericht, bei welchem der furchtbare Herzog Alba
den Vorsitz hatte, zum Tode verurtheilt; er mußte
die Schmach erdulden, begnadigt zu werden, und
wurde dann fünf Jahre lang in schmählicher Gefan-
genschaft von Land zu Land geschlept, bis es
gelang, sein hartgebeugtes Gemüth zur Entsagung
des ihm und seinen Kindern angebornen Rechtes zu
bewegen. So mußte er denn Leben und Freiheit
endlich durch ein Opfer erkaufen, das ihm gewiß
härter schien als der ihm angedrohte Tod auf dem
Schaffot, den man ihm zu geben nicht wagen durfte,
und dessen Ankündigung er früher beim Schachspiel
mit großem Gleichmuth angehört hatte. Dem Maler
Lukas Kranach blieb der Kaiser nach wie vor in
Gnaden gewogen, doch dieser mochte von einer
solchen Huld keinen Gebrauch machen. Er schlug
die Stelle eines kaiserlichen Hofmalers aus, die
ihm geboten wurde, und als Karl der fünfte ihm
eine silberne Schüssel voll Dukaten zum Geschenk
übersandte, nahm er nur so viel davon als er mit

Wie kaiſerlich Karl Wort hielt, weiß die
Welt. Der unglückliche Kurfürſt wurde von einem
Gericht, bei welchem der furchtbare Herzog Alba
den Vorſitz hatte, zum Tode verurtheilt; er mußte
die Schmach erdulden, begnadigt zu werden, und
wurde dann fünf Jahre lang in ſchmählicher Gefan-
genſchaft von Land zu Land geſchlept, bis es
gelang, ſein hartgebeugtes Gemüth zur Entſagung
des ihm und ſeinen Kindern angebornen Rechtes zu
bewegen. So mußte er denn Leben und Freiheit
endlich durch ein Opfer erkaufen, das ihm gewiß
härter ſchien als der ihm angedrohte Tod auf dem
Schaffot, den man ihm zu geben nicht wagen durfte,
und deſſen Ankündigung er früher beim Schachſpiel
mit großem Gleichmuth angehört hatte. Dem Maler
Lukas Kranach blieb der Kaiſer nach wie vor in
Gnaden gewogen, doch dieſer mochte von einer
ſolchen Huld keinen Gebrauch machen. Er ſchlug
die Stelle eines kaiſerlichen Hofmalers aus, die
ihm geboten wurde, und als Karl der fünfte ihm
eine ſilberne Schüſſel voll Dukaten zum Geſchenk
überſandte, nahm er nur ſo viel davon als er mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0128" n="118"/>
        <p>Wie kai&#x017F;erlich Karl Wort hielt, weiß die<lb/>
Welt. Der unglückliche Kurfür&#x017F;t wurde von einem<lb/>
Gericht, bei welchem der furchtbare Herzog Alba<lb/>
den Vor&#x017F;itz hatte, zum Tode verurtheilt; er mußte<lb/>
die Schmach erdulden, begnadigt zu werden, und<lb/>
wurde dann fünf Jahre lang in &#x017F;chmählicher Gefan-<lb/>
gen&#x017F;chaft von Land zu Land ge&#x017F;chlept, bis es<lb/>
gelang, &#x017F;ein hartgebeugtes Gemüth zur Ent&#x017F;agung<lb/>
des ihm und &#x017F;einen Kindern angebornen Rechtes zu<lb/>
bewegen. So mußte er denn Leben und Freiheit<lb/>
endlich durch ein Opfer erkaufen, das ihm gewiß<lb/>
härter &#x017F;chien als der ihm angedrohte Tod auf dem<lb/>
Schaffot, den man ihm zu geben nicht wagen durfte,<lb/>
und de&#x017F;&#x017F;en Ankündigung er früher beim Schach&#x017F;piel<lb/>
mit großem Gleichmuth angehört hatte. Dem Maler<lb/>
Lukas Kranach blieb der Kai&#x017F;er nach wie vor in<lb/>
Gnaden gewogen, doch die&#x017F;er mochte von einer<lb/>
&#x017F;olchen Huld keinen Gebrauch machen. Er &#x017F;chlug<lb/>
die Stelle eines kai&#x017F;erlichen Hofmalers aus, die<lb/>
ihm geboten wurde, und als Karl der fünfte ihm<lb/>
eine &#x017F;ilberne Schü&#x017F;&#x017F;el voll Dukaten zum Ge&#x017F;chenk<lb/>
über&#x017F;andte, nahm er nur &#x017F;o viel davon als er mit<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0128] Wie kaiſerlich Karl Wort hielt, weiß die Welt. Der unglückliche Kurfürſt wurde von einem Gericht, bei welchem der furchtbare Herzog Alba den Vorſitz hatte, zum Tode verurtheilt; er mußte die Schmach erdulden, begnadigt zu werden, und wurde dann fünf Jahre lang in ſchmählicher Gefan- genſchaft von Land zu Land geſchlept, bis es gelang, ſein hartgebeugtes Gemüth zur Entſagung des ihm und ſeinen Kindern angebornen Rechtes zu bewegen. So mußte er denn Leben und Freiheit endlich durch ein Opfer erkaufen, das ihm gewiß härter ſchien als der ihm angedrohte Tod auf dem Schaffot, den man ihm zu geben nicht wagen durfte, und deſſen Ankündigung er früher beim Schachſpiel mit großem Gleichmuth angehört hatte. Dem Maler Lukas Kranach blieb der Kaiſer nach wie vor in Gnaden gewogen, doch dieſer mochte von einer ſolchen Huld keinen Gebrauch machen. Er ſchlug die Stelle eines kaiſerlichen Hofmalers aus, die ihm geboten wurde, und als Karl der fünfte ihm eine ſilberne Schüſſel voll Dukaten zum Geſchenk überſandte, nahm er nur ſo viel davon als er mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/128
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/128>, abgerufen am 22.11.2024.