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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

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bringt etwas dem Effekt Ähnliches hervor, den die
Silberfolie hat, welche einige Miniaturmaler ihren
auf Elfenbein sorgfältig ausgeführten Bildern un-
terzulegen pflegen.

Überhaupt ist es, wenn man Johann van Eycks
Gemälde lange betrachtet, als ob ein Strahl innern
Lebens hervorbräche, und der Purpur, das Blau
der Gewänder, die Helle des Himmels, das Grün
der Pflanzenwelt, das Gold der Stickereien und
Kleinode, die schimmernden Waffen strahlen in über-
irrdischem Glanz. Frisch, als kämen sie heute erst
von der Staffelei, stehen die vier Bilder des hohen
Meisters, welche die Boissereesche Sammlung auf-
bewahrt, in neu verjüngter blendender Pracht.
Jhr Glanz übertrifft allen Glauben, seit sie mit
schonender Hand von allem Fremden und Ent-
stellenden befreit wurden; von dem trüben Firniß
den die Unwissenheit darüber zog und von mehr als
hundertjährigem Staube und Kerzendampf.

Das erste dieser vier Gemälde, eine einzelne
Tafel, ist wahrscheinlich aus einer frühern Zeit als
die übrigen drei, welche, zusammengehörend, einen


bringt etwas dem Effekt Ähnliches hervor, den die
Silberfolie hat, welche einige Miniaturmaler ihren
auf Elfenbein ſorgfältig ausgeführten Bildern un-
terzulegen pflegen.

Überhaupt iſt es, wenn man Johann van Eycks
Gemälde lange betrachtet, als ob ein Strahl innern
Lebens hervorbräche, und der Purpur, das Blau
der Gewänder, die Helle des Himmels, das Grün
der Pflanzenwelt, das Gold der Stickereien und
Kleinode, die ſchimmernden Waffen ſtrahlen in über-
irrdiſchem Glanz. Friſch, als kämen ſie heute erſt
von der Staffelei, ſtehen die vier Bilder des hohen
Meiſters, welche die Boiſſeréeſche Sammlung auf-
bewahrt, in neu verjüngter blendender Pracht.
Jhr Glanz übertrifft allen Glauben, ſeit ſie mit
ſchonender Hand von allem Fremden und Ent-
ſtellenden befreit wurden; von dem trüben Firniß
den die Unwiſſenheit darüber zog und von mehr als
hundertjährigem Staube und Kerzendampf.

Das erſte dieſer vier Gemälde, eine einzelne
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[31/0043] bringt etwas dem Effekt Ähnliches hervor, den die Silberfolie hat, welche einige Miniaturmaler ihren auf Elfenbein ſorgfältig ausgeführten Bildern un- terzulegen pflegen. Überhaupt iſt es, wenn man Johann van Eycks Gemälde lange betrachtet, als ob ein Strahl innern Lebens hervorbräche, und der Purpur, das Blau der Gewänder, die Helle des Himmels, das Grün der Pflanzenwelt, das Gold der Stickereien und Kleinode, die ſchimmernden Waffen ſtrahlen in über- irrdiſchem Glanz. Friſch, als kämen ſie heute erſt von der Staffelei, ſtehen die vier Bilder des hohen Meiſters, welche die Boiſſeréeſche Sammlung auf- bewahrt, in neu verjüngter blendender Pracht. Jhr Glanz übertrifft allen Glauben, ſeit ſie mit ſchonender Hand von allem Fremden und Ent- ſtellenden befreit wurden; von dem trüben Firniß den die Unwiſſenheit darüber zog und von mehr als hundertjährigem Staube und Kerzendampf. Das erſte dieſer vier Gemälde, eine einzelne Tafel, iſt wahrſcheinlich aus einer frühern Zeit als die übrigen drei, welche, zuſammengehörend, einen

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/43>, abgerufen am 28.03.2024.