"Jch machte viel Sachen, den Leuten zu gefallen, aber das wenigst ward mir bezahlt." Da seine grämliche Frau sich gleich häuslich in Antwerpen nie- derlies, Waschzuber, Blasbalg und Schüsselnapf sich kaufte, für sich und ihre Magd selbst kochte und wusch, und ihn nach der damaligen Sitte wenig ausserhalb dem Hause zu Gastmälern und Festen begleitete, so behielt er Freiheit und fröhlichen Muth; machte auch all die kleinen Reisen von Ant- werpen aus, ohne ihre lästige Begleitung. Ge- schenke an Wein, Konfituren, und kostbarem Sei- denzeuge, die sie seinetwegen erhielt, und die er alle sorgfältig in seinem Tagebuch aufzeichnete, mochten sie auch wohl bei guter Laune erhalten; doch mochten auch kleine häusliche Unglücksfälle zuweilen sie wieder verstimmen, als zum Beispiel, daß ihr einmal auf dem Markt zu Antwerpen ihre Geldtasche abgeschnitten ward.
Zu Hause, nach vollbrachter Reise ging freilich das ängstliche Treiben des häuslichen Unfriedens wieder an, ja es nahm dermaßen zu, daß es an dem Leben Dürers nagte, und nach und nach seine
„Jch machte viel Sachen, den Leuten zu gefallen, aber das wenigſt ward mir bezahlt.“ Da ſeine grämliche Frau ſich gleich häuslich in Antwerpen nie- derlies, Waſchzuber, Blasbalg und Schüſſelnapf ſich kaufte, für ſich und ihre Magd ſelbſt kochte und wuſch, und ihn nach der damaligen Sitte wenig auſſerhalb dem Hauſe zu Gaſtmälern und Feſten begleitete, ſo behielt er Freiheit und fröhlichen Muth; machte auch all die kleinen Reiſen von Ant- werpen aus, ohne ihre läſtige Begleitung. Ge- ſchenke an Wein, Konfituren, und koſtbarem Sei- denzeuge, die ſie ſeinetwegen erhielt, und die er alle ſorgfältig in ſeinem Tagebuch aufzeichnete, mochten ſie auch wohl bei guter Laune erhalten; doch mochten auch kleine häusliche Unglücksfälle zuweilen ſie wieder verſtimmen, als zum Beiſpiel, daß ihr einmal auf dem Markt zu Antwerpen ihre Geldtaſche abgeſchnitten ward.
Zu Hauſe, nach vollbrachter Reiſe ging freilich das ängſtliche Treiben des häuslichen Unfriedens wieder an, ja es nahm dermaßen zu, daß es an dem Leben Dürers nagte, und nach und nach ſeine
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„Jch machte viel Sachen, den Leuten zu gefallen,
aber das wenigſt ward mir bezahlt.“ Da ſeine
grämliche Frau ſich gleich häuslich in Antwerpen nie-
derlies, Waſchzuber, Blasbalg und Schüſſelnapf
ſich kaufte, für ſich und ihre Magd ſelbſt kochte und
wuſch, und ihn nach der damaligen Sitte wenig
auſſerhalb dem Hauſe zu Gaſtmälern und Feſten
begleitete, ſo behielt er Freiheit und fröhlichen
Muth; machte auch all die kleinen Reiſen von Ant-
werpen aus, ohne ihre läſtige Begleitung. Ge-
ſchenke an Wein, Konfituren, und koſtbarem Sei-
denzeuge, die ſie ſeinetwegen erhielt, und die er
alle ſorgfältig in ſeinem Tagebuch aufzeichnete,
mochten ſie auch wohl bei guter Laune erhalten; doch
mochten auch kleine häusliche Unglücksfälle zuweilen
ſie wieder verſtimmen, als zum Beiſpiel, daß ihr
einmal auf dem Markt zu Antwerpen ihre Geldtaſche
abgeſchnitten ward.
Zu Hauſe, nach vollbrachter Reiſe ging freilich
das ängſtliche Treiben des häuslichen Unfriedens
wieder an, ja es nahm dermaßen zu, daß es an
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/272>, abgerufen am 22.11.2024.
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