Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite


an den beiden schmalen Ecken des Tisches. Jn der
obern Abtheilung über dieser ist der Märtyrer-Tod
des heiligen Erasmus dargestellt, ein Gegenstand,
den der Meister wahrscheinlich eben so wenig als
den des Todes des heiligen Hippolit freiwillig
wählte; doch wußte er diese Aufgabe ebenfalls mit
nicht minderem Gelingen zu lösen. Die untere Ab-
theilung ist wieder dreifach zertheilt. Jn der Mitte
sind die Jünger von Emaus abgebildet, zu beiden
Seiten, betend auf den Knieen, die Familie des
Donators.

Diese Gemälde hängen so hoch, daß es schwer
wird, sie von unten deutlich genug zu erkennen, um
in alle ihre Einzelheiten einzugehen; doch der Di-
rektor der Zeichen-Akademie in Löwen, Herr Gnets,
hat es sich möglich gemacht, sie in der Nähe
zu sehen. Nach seinem Urtheile ist die Zeichnung
sehr lobenswerth und in Allem der Natur
getreu; die Köpfe ausdrucksvoll, der des Judas
besonders charakteristisch, der edle Kopf des Heilands
höchst vollendet, und wahrhaft göttlich zu nennen.
Das Kolorit ist frisch, angenehm, und der Natur


an den beiden ſchmalen Ecken des Tiſches. Jn der
obern Abtheilung über dieſer iſt der Märtyrer-Tod
des heiligen Erasmus dargeſtellt, ein Gegenſtand,
den der Meiſter wahrſcheinlich eben ſo wenig als
den des Todes des heiligen Hippolit freiwillig
wählte; doch wußte er dieſe Aufgabe ebenfalls mit
nicht minderem Gelingen zu löſen. Die untere Ab-
theilung iſt wieder dreifach zertheilt. Jn der Mitte
ſind die Jünger von Emaus abgebildet, zu beiden
Seiten, betend auf den Knieen, die Familie des
Donators.

Dieſe Gemälde hängen ſo hoch, daß es ſchwer
wird, ſie von unten deutlich genug zu erkennen, um
in alle ihre Einzelheiten einzugehen; doch der Di-
rektor der Zeichen-Akademie in Löwen, Herr Gnets,
hat es ſich möglich gemacht, ſie in der Nähe
zu ſehen. Nach ſeinem Urtheile iſt die Zeichnung
ſehr lobenswerth und in Allem der Natur
getreu; die Köpfe ausdrucksvoll, der des Judas
beſonders charakteriſtiſch, der edle Kopf des Heilands
höchſt vollendet, und wahrhaft göttlich zu nennen.
Das Kolorit iſt friſch, angenehm, und der Natur

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0182" n="170"/><lb/>
an den beiden &#x017F;chmalen Ecken des Ti&#x017F;ches. Jn der<lb/>
obern Abtheilung über die&#x017F;er i&#x017F;t der Märtyrer-Tod<lb/>
des heiligen Erasmus darge&#x017F;tellt, ein Gegen&#x017F;tand,<lb/>
den der Mei&#x017F;ter wahr&#x017F;cheinlich eben &#x017F;o wenig als<lb/>
den des Todes des heiligen Hippolit freiwillig<lb/>
wählte; doch wußte er die&#x017F;e Aufgabe ebenfalls mit<lb/>
nicht minderem Gelingen zu lö&#x017F;en. Die untere Ab-<lb/>
theilung i&#x017F;t wieder dreifach zertheilt. Jn der Mitte<lb/>
&#x017F;ind die Jünger von Emaus abgebildet, zu beiden<lb/>
Seiten, betend auf den Knieen, die Familie des<lb/>
Donators.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Gemälde hängen &#x017F;o hoch, daß es &#x017F;chwer<lb/>
wird, &#x017F;ie von unten deutlich genug zu erkennen, um<lb/>
in alle ihre Einzelheiten einzugehen; doch der Di-<lb/>
rektor der Zeichen-Akademie in Löwen, Herr Gnets,<lb/>
hat es &#x017F;ich möglich gemacht, &#x017F;ie in der Nähe<lb/>
zu &#x017F;ehen. Nach &#x017F;einem Urtheile i&#x017F;t die Zeichnung<lb/>
&#x017F;ehr lobenswerth und in Allem der Natur<lb/>
getreu; die Köpfe ausdrucksvoll, der des Judas<lb/>
be&#x017F;onders charakteri&#x017F;ti&#x017F;ch, der edle Kopf des Heilands<lb/>
höch&#x017F;t vollendet, und wahrhaft göttlich zu nennen.<lb/>
Das Kolorit i&#x017F;t fri&#x017F;ch, angenehm, und der Natur<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0182] an den beiden ſchmalen Ecken des Tiſches. Jn der obern Abtheilung über dieſer iſt der Märtyrer-Tod des heiligen Erasmus dargeſtellt, ein Gegenſtand, den der Meiſter wahrſcheinlich eben ſo wenig als den des Todes des heiligen Hippolit freiwillig wählte; doch wußte er dieſe Aufgabe ebenfalls mit nicht minderem Gelingen zu löſen. Die untere Ab- theilung iſt wieder dreifach zertheilt. Jn der Mitte ſind die Jünger von Emaus abgebildet, zu beiden Seiten, betend auf den Knieen, die Familie des Donators. Dieſe Gemälde hängen ſo hoch, daß es ſchwer wird, ſie von unten deutlich genug zu erkennen, um in alle ihre Einzelheiten einzugehen; doch der Di- rektor der Zeichen-Akademie in Löwen, Herr Gnets, hat es ſich möglich gemacht, ſie in der Nähe zu ſehen. Nach ſeinem Urtheile iſt die Zeichnung ſehr lobenswerth und in Allem der Natur getreu; die Köpfe ausdrucksvoll, der des Judas beſonders charakteriſtiſch, der edle Kopf des Heilands höchſt vollendet, und wahrhaft göttlich zu nennen. Das Kolorit iſt friſch, angenehm, und der Natur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/182
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/182>, abgerufen am 24.11.2024.